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Zerrbild des Glaubens: Die neue Messe und ihre „Gabenbereitung“.

05. Dezember 2025

Von P. Joachim Heimerl v. Heimthal

1 - Liturgie

Einlegebildchen vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Priester steht am Altar und erhebt den Kelch zum Bild des Gekreuzigten, der von den Symbolen seines Opfers umgeben ist.

Das heilige Messopfer

Angeblich waren die Gebete des überlieferten Offertoriums mißverständlich und konnten wie eine vorwegnehmende Verdoppelung der eigentlichen „actio“ in der Wandlung er­schei­nen – nichts, was nicht durch eine ordentliche Katechese richtig zu stellen gewesen wäre. Doch der Neuerungswahn fordert sein eigenes Opfer, er strich den ganzen Abschnitt komp­lett und ersetzte ihn durch jüdische Tischge­bete aus nachchristlicher Zeit - und gibt damit neuen und schwerwiegenderen Irrtümern Vorschub.

P. Heimerl stellt das Mißverständnis richtig und bietet Prie­stern einen eigenen Lösungsvorschlag.

Wenn es stimmt, dass die „katholische Kirche“ einen „neue“ Kirche geworden ist und einen „neuen“ Glauben lehrt, der mit dem über­lie­fer­ten Glauben ganz oder teilweise gebrochen hat, dann wird das nirgendwo deutlicher als in der Heiligen Messe, aus der 1969 ebenfalls eine „neue Messe“ geworden ist.

Dass diese „neue Messe“ von der überlieferten Messe ab­weicht, ist nicht nur an äußeren Riten zu sehen, sondern vor allem an den Texten des Missales. Ein Beispiel dafür ist das „Offertorium“, in dem das Opfer auf dem Altar vorbereitet und Gott dargebracht wird. In der „neuen Messe“ ist daraus schlicht eine „Gabenbereitung“ geworden, die den Haupt­akzent der ganzen Messe aber entscheidend verschiebt: Aus der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers ist eine protestantische Mahlfeier geworden, die als „Lob- und Sühnopfer“ an die Heiligste Dreifaltigkeit nicht mehr erkennbar ist. Der dogmatisch definierte Charakter der Messe ist unsichtbar geworden.

Die Gebete, mit denen der Priester die Aufopferung der eucharistischen Gaben vollzieht, sind nichtssagenden Tischgebeten gewichen, die Brot und Wein lediglich als „Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“ verstehen, um sie „vor Gottes Angesicht“ zu bringen. Mit dem Kreuzesopfer werden sie nicht mehr assoziiert, lediglich mit einem nicht näher bezeichneten „Heil“ - das kann alles und nichts sein, und klingt sicher „christlicher“, als es in Wahrheit ist.

Von der Anrufung der Dreifaltigkeit fehlt bezeichnenderweise jede Spur, und selbst der Name Christi fällt beiläufig nur ein einziges Mal, nämlich bei der Mischung von Wasser und Wein. Aber auch bei diesem kleinen Gebet hat man die trinitarische Formel gestri­chen und den zentralen Gedanken der Erlösung durch das Opfer Christi beiseite gelas­sen. - Wenn der Glaube der Kirche mit ihrem Beten identisch ist, ist vom katholischen Glauben hier nichts mehr zu erkennen; ohne den dreieinigen Gott und das Opfer Christi schwebt die „Gabenbereitung“ wie im luftleeren Raum.

In der überlieferten Messe dagegen erschließt bereits das erste Gebet des Offertoriums den Sinn der heiligen Handlung, und dies schon dadurch, dass es mit einer entschei­den­den Bitte beginnt: „Suscipe, sancte Pater, omnipotens aeterne deus.“ - Ja, darum geht es: Das demütige „Nimm an“ richtet sich unmittelbar an den „allmächtigen, ewigen“ Vater, um ihm, „dem wahren und lebendigen Gott“ („deo meo vivo et vero“) die makellose Op­fer­gabe („immaculatam hostiam“) darzubringen, und eben nicht eine dubiose „Frucht der Erde“, die fatal an heidnische Kulte erinnert.

Dass diese Darbringung durch den Priester als einen „unwürdigen Diener“ („ego, indig­nus famulus tuus“) erfolgt, ist eine zutiefst wahre Reflexion des Priesters über sich selbst, die hier den rechten Platz hat: Das Heiligste vollzieht sich durch die Hände eines Sün­ders, und es ist unabdingbar, dass der Priester vor der Erhabenheit Gottes in sein eigenes Nichts zurücktritt. Nur so kann er es wagen, die Opfergaben zum Herrn zu erheben, und zwar für ihn selbst, „für alle seine Sünden, Fehler und Nachlässigkeiten (pro innume­ra­bilibus peccatis et offensionibus et neglegentiis meis“) sowie für alle Teilnehmer, alle Lebenden und Verstorbenen“ („pro omnibus circumstantibus, sed et pro omnibus fide­libus christianis vivis atque defunctis“). - Die erlösende Universalität des Messopfers wird hier mit wenigen Worten so deutlich wie sein übernatürliches Ziel: „damit es mir und ihnen zum Heil im ewigen Leben gereiche“ („ut mihi et illis proficiat ad salutem in vitam aeternam“).

Nach dem Vorbild dieses ersten Gebets sind auch die weiteren Teile des Offertoriums mit einem Bekenntnis zu zentralen Glaubenswahrheiten verknüpft: zur Allmacht des einzi­gen und wahren Gottes, zur Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, zur alleinigen Heilsmittlerschaft Christ sowie zur Bedeutung des eucharistischen Opfers für das ewige Heil.

Im letzten Gebet wird all dies schließlich in der Aufopferung an die Allerheiligste Drei­fal­tigkeit zusammengefasst. Noch einmal bittet der Priester hier um die Annahme der Opfergabe („Suscipe, sancta trinitas“), erinnert an das Leiden, die Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn und daran, dass das Opfer der Seligen Jungfrau und allen Hei­ligen zur Ehre, uns aber zum ewigen Heil gereichen möge. - Präziser könnte man nicht zusammenfassen, was in der heiligen Messe geschieht.

In der „neuen Messe“ dagegen bleibt all dies beiseite, und sogar der Begriff „Opfer“ fällt in der „Gabenbereitung“ nur ein einziges Mal. Um welches „Opfer“ es sich dabei handelt, bleibt wieder im Dunklen; im Grunde geht die „Gabenbereitung“ der „neuen Messe“ am Sinn des Offertoriums und am Glauben der Kirche komplett vorbei. Es verdunkelt das Wesen der Heiligen Messe und führt letztlich zur (protestantischen) Häresie. Kardinal Ottaviani hat dies in seiner „kritischen Untersuchung“ (1969) der neuen Messe festge­stellt, und betont, dass nur die überlieferte Messe das „vollständige Denkmal“ des katho­lischen Glaubens sei; die neue Messe darf man dagegen als sein Zerrbild verstehen.

Die schwerwiegenden Defekte der neuen Messe verdichten sich in der Defizienz ihrer „Gabenbereitung“, und nicht wenige Priester, die sie zelebrieren (müssen), stehen vor einem Dilemma: Wer die Heilige Messe ernst nimmt, kann die neuen Gebete unmöglich sprechen, ohne einen Verrat am katholischen Glauben zu begehen. Deshalb bleibt hier nur die Möglichkeit bzw. die Notwendigkeit, die schädlichen Gebete der „Gabenberei­tung“ durch das überlieferte Offertorium zu ersetzen, das sich glücklicherweise in die „neue Messe“ einfügt, im Stillen gebetet wird und damit für keine Konfrontationen sorgt. Ich selbst habe das, ohne dass es jemand beachtet hätte, stets so gehalten, aber mehr als eine Notlösung ist dies freilich nicht. Ich rate deshalb allen Priestern dringend, zur über­lieferten Form der Messe zurückzukehren und damit zu jenem authentischen Ausdruck des katholischen Glaubens, wie ihn das Offertorium beschreibt.

Ohne Blessuren wird das nicht möglich sein, aber gerade wir Priester haben die Ver­pflich­tung die Heilige Messe wie die übrigen Sakramente zu verteidigen und zu bewahren.

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