Motu Proprio: Summorum Pontificum


Zusatzinfo

Was der Papst will:

es folgt ein Zitat:Lassen sie mich das ganz klar sagen: Der Heilige Vater will, daß die überlieferte Form der Messe regulärer Bestandteil des liturgischen Lebens der Kirche wird, damit alle Gläubigen – die jungen wie die alten – sich mit den alten Riten vertraut machen und von ihrer spürbaren Schönheit und Transzendenz profitieren können. Der Heilige Vater will das sowohl aus pastoralen als auch aus theologischen Gründen."

Dario Kardinal Castrillón,
14. 6. 2008, in London
Quelle

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Archiv März 2011

Aktuell:

Die Lehre des Konzils von Trient zur Priesterweihe - II

30. 3. 2011

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Die Stufen der Priesterweihe

Das Konzil von Trient betrachtet die traditionelle Einteilung des Weihesakraments mit großer Hochahctung und erklärt die Absicht, die Stellung der niederen Weihen und ihre Aufgaben in Gottesdienst und Gemeinde auch für die Praxis wieder herzustellen (17. Kapitel des Reformdekrets) Dabei unterscheidet es deutlich zwischen den niederen und den höheren Weihen – wobei allerdings etwas unklar bleibt, wo genau diese Trennlinie verläuft. Im 2. Kapitel der Lehr-Darstellung der 23. Session heißt es unter der Überschrift:

Zitat: Von den sieben Weihen

Da aber der Dienst eines so heiligen Priestertums eine göttliche Sache ist, so war es, damit es desto würdiger und größerer Verehrung möchte ausgeübt werden, angemessen, daß in der vollkommen geordneten Einrichtung der Kirche mehrere und verschiedene Ordnungen der Diener da seien, die pflichtgemäß dem Priestertum Dienste leisteten, so abgeteilt, daß die bereits mit der geistlichen Tonsur bezeichneten (clericali tonsura insigniti) von den niederen zu den höheren aufstiegen: Denn die heiligen Schriften tun nicht allein deutlich von den Priestern Meldung, sondern auch von den Diakonen, und lehren mit den gewichtigsten Worten, worauf bei der Weihung derselben ganz besonders zu achten ist.

Auch ist es anerkannt, daß vom Anfang der Kirche an die Namen der folgenden Weihen und die eigenen Verrichtungen einer jeden derselben, nämlich: des Subdiakons, des Akolythen, des Exorzisten, des Lektors und des Ostiarius in Übung waren, obwohl sie nicht von gleichem Grade sind, denn das Subdiakonat wird von den Vätern und heiligen Konzilien zu den höheren Weihen gerechnet, in welchen wir auch von den andern niederen sehr häufig lesen.“

Die Väter von Trient erkannten also in der Tradition die theologischen Belege für ein dreistufiges Weihesakrament von Subdiakon, Diakon und Priester – von den Bischöfen als eigener oder gar einzig vollkommener Weihestufe wie heute ist da zunächst nicht die Rede.

Andererseits waren die Tridentiner natürlich nicht blind gegenüber der Realität der Kirche ebenfalls seit ihren frühesten Anfängen, in der die Bischöfe stets eine herausragende Rolle spielten. Im vierten Kapitel „Von der kirchlichen Hierarchie und der Weihung“ wird daher der sakramententheologische Gedankengang durch einen ekklesiologischen ergänzt:

Zitat: Wenn jemand behauptet, alle Christen seien ohne Unterschied Priester des neuen Bundes, oder alle seien untereinander mit gleicher geistlicher Gewalt begabt, so scheint er nichts anderes zu tun, als die kirchliche Hierarchie, welche wie die Schlachtordnung der Heerlager eingerichtet ist, durcheinander zu werfen. (…)

Daher erklärt der hochheilige Kirchenrat, daß außer den übrigen kirchlichen Graden vorzüglich die Bischöfe, die an die Stelle der Apostel gesetzt sind, zu dieser hierarchischen Ordnung gehören, und, wie der Apostel sagt, vom heiligen Geist gesetzt sind, die Kirche Gottes zu regieren, und daß sie höher seien als die Priester, und das Sakrament der Firmung erteilen, die Diener der Kirche weihen und noch sehr viel anderes vollbringen können, zu welchen Verrichtungen die übrigen der niederen Weihen keine Gewalt haben (quarum functionem potestatem reliqui inferioris ordinis nullam habent).

Offenbar werden hier also die Inhaber der vorgenannten sieben Weihen als „niedere Weihen“ zusammengefasst und einer nicht explizit benannten 8. Weihestufe untergeordnet. Diese nicht ganz sauber ausformulierte Auffassung wird in den Canones reproduziert:

Und was ist mit den Bischöfen?

In Canon 2 erscheint das Priestertum als die höchste Weihestufe, zu deren Vorbereitung eine Mehrzahl weiterer Stufen unabdingbar hinzugehört:

Zitat: Wenn jemand sagt, außer dem Priestertum gebe es in der katholischen Kirche keine anderen Weihen, sowohl höhere als geringere, durch welche man, wie durch gewisse Stufen, zum Priestertum gelange; der sei im Banne.

Gleichzeitig trifft Canon 6 eine Aussage zur Strukturierung der kirchlichen Hierarchie, die zumindest als Vorbereitung der modernen Lehre vom dreistufigen Sakrament der Weihe verstanden werden kann:

Zitat: Wenn jemand sagt, es gebe in der katholischen Kirche keine durch göttliche Anordnung eingesetzte Hierarchie, welche aus den Bischöfen, Priestern und Dienern besteht: Der sei im Banne.

In Canon 7 wird diese herausgehobene Stellung der Bischöfe auch gegenüber den Priestern noch unterstrichen:

Zitat: Wenn jemand sagt, die Bischöfe seien nicht höher als die Priester, oder daß sie die Gewalt nicht haben zu firmen und zu weihen, oder diejenige, welche sie haben, sei ihnen mit den Priestern gemein (…), der sei im Banne.

Hier erscheinen die Bischöfe ganz eindeutig als Inhaber nicht nur stärkerer Rechtstitel, sondern auch einer qualitativ höheren Weihestufe. Von daher kann sich die auf dem und im Anschluß an das 2. Vatikanum ausgebildete Lehre von den Bischöfen als Inhabern der höchsten Stufe des Weihesakraments (KKK 155 folgende, dort ausschließlich aus Lumen Gentium abgeleitet) durchaus auf die Tradition berufen.

Im übrigen enthalten der Canon 7 und 8 eine starke Absage an jede Einmischung des Staates in die Bischofsernennungen und gegen Versuche von Klerikern, sich das Bischofsamt ohne Auftrag der rechtmäßigen kirchlichen und kanonischen Gewalt anzumaßen.

Die Stellung der neideren Weihegrade

Während die vom 2. Vatikanum vertretene moderne Auffassung von der Dreistufigkeit des Priestertums zumindest teilweise schon in Trient aufscheint, muß die von Papst Paul VI. aus eigener Machtvollkommenheit vorgenommene und vielfach als deren „Abschaffung“ verstandene Neuordnung der Dienste unterhalb der Ebene des Diakons höchst problematisch erschenen – darauf wird in einem weiteren Beitrag einzugehen sein. Für heute bleiben wir noch beim Konzil von Trient, aus dessen „Decretum de Reformatione“ noch weitere Aufschlüsse über die Stellung der und Bedeutung insbesondere der niederen Weihen zu gewinnen sind.

Das erste Kapitel des Dekretes befasst sich allerdings noch einmal ausführlich vor allem mit den Bischöfen. Für sie, „auch wenn sie Kardinäle der heiligen römischen Kirche sind“, wird eine strenge Residenzpflicht angeordnet und durch eine Fülle sehr detaillierter Vorschriften und Strafbestimmungen bewehrt. Die Kompetenz, die Erfüllung dieser Pflicht zu überwachen, wird dabei nicht nur den Metropoliten bzw. der Gesamtheit der Bischöfe einer Kirchenprovinz übertragen, sondern auch den „Provinzialkonzilien“ - also den „Priesterräten“ ihrer Diözesen.

Mit vergleichbarer Strenge werden dann auch die Pfarrer und die niederen Geistlichen dazu angehalten, ihre Dienstorte nicht ohne Erlaubnis und dann nur für bemessene Zeit zu verlassen. Diese Reformmaßnahmen dienen ganz klar dem Ziel, das im Lauf des Mittelalters immer mehr eingerissene Sinekurenwesen und die Verweltlichung der höheren Prälaten (bei gleichzeitiger Verelendung des niederen Klerus) zurückzudrängen.

Bestimmungen für die niederen Weihegrade finden sich vor allen in den Kapiteln 4 - 6 sowie 11-17. Als Eingangserfordernis für den Empfang der Tonsur, d.h. die Aufnahme in den Klerikerstand, wird die vollzogene Firmung und die Kenntnis des Lesens und Schreibens verlangt, ein Mindestalter wird ausdrücklich nicht vorgeschrieben. Weitere Bedingung ist

Zitat: die Wahrscheinlichkeit, daß sie diese Lebensweise nicht betrügerisch, um dem weltlichen Gericht zu entfliehen, sondern um Gott treue Dienste zu leisten, ausgewählt haben“. (4)

Ehelosigkeit ist keine Bedingung für die Aufnahme in den Klerikerstand, jedoch soll darauf geachtet werden, daß Verheiratete, die die Tonsur empfangen, die damit verbundenen Verpflichtungen und Ämter auch tatsächlich ausüben und nicht nur aufgrund alter Privilegien als Ehrentitel beanspruchen. (7) Ob und bis zu welcher Stufe diese verheirateten Kleriker auch geweiht werden konnten, ist in den Dekreten nicht ausdrücklich festgelegt – aus Kapitel 13 und 17 geht jedoch hervor, daß die Verpflichtung zum Zölibat mit der Subdiakonsweihe übernommen wird.

Insgesamt geht Trient davon aus, die Reihe der niederen und höheren Weihen als Folge von Stufen zu betrachten, die im Idealfall eine nach der anderen zu durchlaufen sind. Kapitel 12, in dem die Mindestalter für die höheren Weihen festgelegt werden, zeigt sich jedoch dessen bewußt, daß dieser Idealfall nicht in jedem Fall zu realisieren ist:

Zitat: Doch sollen die Bischöfe wissen, daß nicht alle, die dieses Alter erreicht haben, zu diesen Weihen angenommen werden dürfen, sondern nur die Würdigen, und deren bewährter Wandel das Alter vertritt.“

Auch die Ausführungen des 17. Kapitels lassen erkennen, daß die Väter von Trient bei aller Hochschätzung der Sieben Stufen der Weihe den niederen Weihen durchaus eine Sonderstellung einräumten, die sie auch für die Reform der Kirche nutzbringend anzuwenden hofften:

Zitat: In welcher Weise die Ausübung der niederen Weihen wieder hergestellt werden soll.

Damit die Verrichtung der heiligen Weihen vom Diakonate an bis zum Ostiariate, die seit den Tagen der Apostel in der Kirche löblich angenommen und an mehreren Orten eine Zeit lang unterlassen wurden, nach den hl. Canones wieder in Ausübung zurückgerufen und von den Ketzern nicht als unnütz verleumdet werden, beschließt der heilige Kirchenrat, von dem Verlangen entflammt, jenen ehemaligen Gebrauch wieder herzustellen, daß künftighin die Dienstverrichtungen dieser Art nur von Solchen ausgeübt werden sollen, die in die besagten Weihen eingesetzt sind, und ermahnt alle und jede Kirchenprälaten im Herrn und befiehlt ihnen, dafür zu sorgen, daß, so es füglich geschehen kann, an den Kathedral-, Kollegial- und Pfarrkirchen ihrer Diözese, wenn die Bevölkerung zahlreich und das Vermögen der Kirche es zu tragen vermag, die Verrichtungen dieser Art wieder hergestellt werden und aus einem Teil der Einkünfte (…) Besoldungen für diejenigen auszuweisen, welche diese Verrichtungen ausüben. (…)

Sollten zur Ausübung der Dienstverrichtungen der vier kleineren Weihen nicht unverehelichte Geistliche (clerici caelibes) genug vorhanden sein, so können auch Verehelichte von bewährtem Wandel an deren Stelle genommen werden, wenn sie nicht zum zweiten Male verheiratet sind und zur Übernahme jener Ämter geeignet sind und die Tonsur und geistliche Kleidung in der Kirche tragen.

Ein ständiges Ostiariat, Lektorat, Exorzisten- und Akolythenamt von Verheirateten wahrnehmen zu lassen, war also nach der Ordnung von Trient durchaus vorstellbar – auch wenn diese Regelungen anscheinend ohne praktische Bedeutung blieben. Die Unterscheidung oder gar Kluft zwischen gläubigem Volk und Priesterschaft war jedenfalls in der Theologie von Trient nicht notwendigerweise so absolut ausgebildet, wie das gerne dargestellt wird. Im Gegenteil, ein Instrumentarium lag bereit, das auf eine fein abgestufte Weise die Einbeziehung von geeigneten Gläubigen in soziale, organisatorische und liturgische Funktionen ermöglichte.

Von daher erscheinen die unter Bruch mit der Tradition vieler Jahrhunderte vollzogene Einführung eines ständigen Diakonats für Verheiratete und der 1971 erfolgte Verzicht auf die niederen Weihegrade in einem ganz neuen und ziemlich ungünstigen Licht. Während die niederen Weihegrade als solche verschwanden, wurde das in der gesamten Tradition stets als der höheren Stufe zugehörig verstandene Diakonat durch die Abschaffung der Zölibatsverpflichtung einerseits auf die Ebene der niederen Weihen heruntergestuft – andererseits aber unter der Formel von der Dreigliedrigkeit des Weihesakramentes für Diakone, Priester und Bischöfe erheblich aufgewertet. Wohldurchdachte Reform im Geiste der Tradition sähe anders aus.

(Fortsetzung folgt)

Neues zu den Ausführungsbestimmungen V –
die Attacke der Traditionsfeinde erscheint abgewehrt

28. 3. 2011

Nun hat auch das ultraliberale französische Kirchenmagazin Golias seinen Beitrag zu den Berichten und Gerüchten über die zur Veröffentlichung anstehenden Ausführungsbestimmungen geleistet. Die Darstellung entspricht weitgehend dem, was auch von anderer Seite (etwa auf Roratecaeli)zu lesen war und ist weitgehend glaubwürdig - Golias hat durchaus gute Beziehungen zur Kurie. Wir übersetzen den Text (hier das Original) mit geringfügigen Kürzungen:

Zitat:Endlich ein traditionsfreundliches Motu Proprio

Während einige Kardinäle wie William Levada, Präfekt der Glaubenskongregation, und Antonio Cañizares, Präfekt der Gottesdienstkongregation, versucht haben sollen, einer großzügigen Anwendung des Motu Proprio Summorum Pontificum Grenzen zu setzen, hat sich dem Vernehmen nach faktisch die Ratzingersche Position einer weitgehenden Freigabe durchgesetzt. Der Papst bleibt demnach dabei, die Feier nach den alten Büchern zu erleichtern, und geht nicht auf die restriktiven Bestrebungen ein, die von einer großen Mehrheit der Bischöfe in aller Welt befürwortet werden.

Der Papst zeige sich nach wie vor vom Erfolg seiner „liberalen“ Maßnahme überzeugt. Zwar bleiben noch einige Einschränkungen wie z.B. die Untersagung der Weihe im alten Ritus durch Diözesanbischöfe, aber die römische Zielsetzung ist unverkennbar, einer minimalistischen Auslegung des Motu Proprio, nach der die Entscheidung zur Feier der alten Messe die Zustimmung des Ortsbischofs voraussetzt, entgegenzuwirken und es jedem Priester freizustellen, in seiner Pfarrei solche Messen zu zelebrieren, wenn er einen entsprechenden Bedarf sieht.

Natürlich kennt Papst Benedikt den starken Widerstand vieler Bischöfe, die es Priestern untersagen wollen, Gruppen, die die überlieferte Liturgie feiern wollen, Gastrecht zu bieten und die alte Messe für sie zu feiern. Daher betreffen die neuen Ausführungsbestimmungen auch weniger die traditionalistischen Gruppierungen sondern die bisher wenig zur Befolgung des Motu Proprio geneigten Bischöfe. Unter diesen finden sich hohe Prälaten wie die jedes Progressismus unverdächtigen Erzbischöfe Rouco Varela von Madrid oder Donald Wuerl von Washington, zwei Kardinäle von Einfluss und Prestige.

Wir haben direkt aus einer römischen Quelle erfahren, daß die Ausführungsbestimmungen einer zweifachen Überarbeitung unterzogen worden sind. Die erste Fassung wurde von Msgr Guido Pozzo, dem Sekretär der zuständigen Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, ausgeabeitet. Anschließend haben Kardinal Levada und sein getreuer Berater Bischof Charles Scicluna aus Malta den Text in einem entschieden restriktiven Sinne überarbeitet - und zwar mit Zustimmung von Kardinal Cañizares Llovera als Präfekt der Gottesdienstkongregation.

In dieser Fassung gelangte das Dokument dann auf den Schreibtisch des Papstes, der allerdings mit der vorgenommenen Umarbeitung nicht einverstanden war. Diese Änderungen wurden daher mehr oder weniger vollständig rückgängig gemacht, so daß das Dokument jetzt wieder der ursprünglichen und traditionsfreundlichen Form von Guido Pozzo entspricht."

Alles in Allem klingt diese Darstellung recht wahrscheinlich. Ob das auch für die unterstellte Mitwirkung von Kardinal Cañizares an der gescheiterten Verschlimmbesserung zutrifft, bleibt allerdings zweifelhaft. Es würde durchaus den (schlechteren) kurialen Traditionen entsprechen, wenn die Hintermänner einer solchen Operation versuchen würden, ihre Niederlage dadurch zu verkleinern, daß sie die Zahl echter oder angeblicher Unterstützer vergrößern.

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Das Konzil von Trient in zeitgenössischer Darstellung

Die Lehre des Konzils von Trient zur Priesterweihe - I

27. 3. 2011

Das Konzil von Trient behandelte das Weihesakrament in seiner 23. Session, deren Dokumente unter dem Datum vom 15. Juli 1563 beschlossen wurden. Diese Sessionsdokumente bestehen, wie bei allen Ergebnissen des Tridentinums, aus drei Teilen: Der erste dient einer katechismus-artig knappen Darstellung der „wahren und katholischen Lehre“. Dieser erste Teil hat im Kapitel über die Weihe 4 Unterkapitel („Hauptstücke“):

  • Von der Einsetzung des Priestertums im neuen Bunde,
  • Von den sieben Weihen,
  • Daß die Weihe ein wahres Sakrament sei,
  • Von der kirchlichen Hierarchie und der Weihung.

In seiner Anlage entspricht dieser erste Teil mit der Lehr-Darstellung noch am ehesten den Dokumenten, wie sie das zweite Vatikanum verabschiedet hat, allerdings mit bemerkenswerten Unterschieden im Detail: Nirgendwo will dieser Teil die Lehre neu formulieren oder aktuellen Zeitumständen oder Verständnishorizonten anpassen – sein Bestreben geht dahin, die Lehre so niederzulegen, wie sie immer und von allen geglaubt worden ist. Die Ausdrucksweise ist sachlich und nüchtern, die Verfasser sind erkennbar bemüht, Unklarheiten und Zweideutigkeiten zu vermeiden. Wenn diese Dokumente Kompromisse enthalten – was bei der komplizierten Geschichte des Konzils keine Überraschung wäre – so sind das jedenfalls keine Formelkompromisse, die verschiedenen Seiten verschiedene Auslegungen ermöglichen.

Um jeder dahingehenden Tendenz vorzubeugen, folgt dem Teil mit der Lehr-Darstellung in jedem Fall ein zweiter Teil mit „Canones“: Hier werden populäre Mißverständnisse, Missdeutungen und Streitgegenstände präzise beschrieben, eindeutig beantwortet und mit der stets gleichen Formel abgeschlossen: Wer (diesen Irrtum vertritt oder jene Wahrheit leugnet) der sei im Banne.

Der bewußte Verzicht auf jede derartige Klärung in den Dokumenten des 2. Vatikanums ist zweifellos eine Hauptursache dafür, daß diesem Konzil nicht nur die üblichen Umsetzungsschwierigkeiten folgten, wie man sie aus der ganzen Kirchengeschichte kennt, sondern daß es in der folge praktisch unmöglich geworden ist, verbindlich festzustellen, was das Konzil und damit die Kirche in ihren Dokumenten wirklich sagen will. Man muß den Konzilsvätern nicht unterstellen, daß genau das ihre Absicht gewesen sei. Es ist schon beunruhigend genug, wahrzunehmen, daß die Konzilsväter der 60er Jahre des 20. Jh. in ihrem freilich zeittypischen Optimismus offenbar eine so wirklichkeitsfremde Vorstellung von der gefallenen Menschennatur und den Machenschaften des Verwirrers hatten, daß sie glaubten, auf ein derartiges Sicherheitsnetz wohlgemut verzichten zu können.

Dem zweiten Teil mit den „Canones“ folgt für jede Session ein dritter Teil mit einem „Decretum de Reformatione“ – dort werden Rechtsvorschriften formuliert und verbindlich gemacht, die – präzise auf die Zeitumstände abgestimmt – bestimmen, welche praktischen Maßnahmen zu ergreifen sind, um das, was in Teil Eins bezüglich der Lehre festgestellt worden ist, auch tatsächlich im praktischen Leben der Kirche zur Geltung zu bringen. Wie an diesen Decreta festzustellen ist, verfügten die Konzilsväter des 16. Jh. über sehr genaue Kenntnis der Mißstände der zeitgenössischen Kirche, sie hatten auch keinerlei Hemmung, sie beim Namen zu nennen, und sie gaben sich die größte Mühe, die zur Überwindung der Mißstände bestimmten Gesetze so zu formulieren, daß denen, deren Interesse auf ihre Beibehaltung gerichtet sein mußte, auch nicht das geringste Schlupfloch offen bleiben sollte.

Das 18. Kapitel des Decretums über die Weihe, in dem die Errichtung von Priesterseminaren für die Ausbildung qualifizierten Priesternachwuchses verfügt wird, verwendet Seite um Seite darauf, die Einzelheiten einer zur Finanzierung der Seminare vorgesehenen allgemeinen Umlage zu beschreiben, so daß sich kein Kleriker einer Diözese dem von ihm zu leistenden Anteil entziehen konnte – und würde er noch so althergebrachte Sonderrechte und Privilegien zur Verteidigung seiner Pfründe ins Feld führen. Da waren Gesetzgeber am Werk, die alle Tricks und Winkelzüge kannten.

Mit dieser konsequent durchgehaltenen Dreiteilung gelang den Vätern von Trient trotz der überaus problematischen Zeitumstände die Lösung der Aufgabe, die Lehre der Kirche in ihrer allgemeinen und überzeitlichen Form klar auszusagen, sie unmittelbar verständlich gegen zeittypische und zeitbedingte Entstellungen abzugrenzen und zu verteidigen und schließlich höchst konkrete Handlungsanweisungen dafür zu geben, die Konsequenzen der Lehre im Leben der Kirche und der Gemeinden zur Geltung zu bringen.

Praktisch hat dieser Umsetzungsprozess dann doch wieder mehrere Jahrhunderte in Anspruch genommen und konnte wohl auch zu keiner Zeit an jedem Ort vollständig durchgesetzt werden – aber alle Beteiligten wußten jederzeit, was Wille und Gesetz der Kirche war oder ob sie dem entgegen handelten.

Zum Abschluß dieser kurzen Einführung in die Arbeitsweise des Konzils von Trient hier aus der 23. Session über die Lehre vom Sakrament der Weihe (also aus dem 1., dem Lehr-Teil) zunächst das einleitende erste Kapitel „von der Einsetzung des Priestertums im neuen Bunde“:

Zitat: Opfer und Priestertum sind nach Gottes Anordnung so verbunden, daß unter jedem Gesetze beides vorhanden waren. Da also im neuen Bunde die katholische Kirche aus der Einsetzung des Herrn das heilige, sichtbare Opfer der Eucharistie empfangen hat, so muß man auch bekennen, daß in ihr ein neues, sichtbares und äußeres Priestertum bestehe, in welches das alte übertragen ist. Daß dasselbe aber von dem nämlichen Herrn, unserem Heiland, eingesetzt, und den Aposteln und ihren Nachfolgern im Priestertum die Gewalt übergeben worden ist, seinen Leib und Blut zu konsekrieren, aufzuopfern und auszuspenden, so auch die Sünden zu vergeben und zu behalten, weisen die heiligen Schriften nach und lehrte immerfort die Überlieferung der katholischen Kirche.“

Befestigt wird die Aussage dieses Abschnittes durch den folgenden Canon 1 mit der klaren Aussage:

Zitat: Wenn jemand sagt, im neuen Bund sei kein sichtbares äußerliches Priestertum, oder es bestehe nicht eine Gewalt, zu konsekrieren und zu opfern den wahren Leib und das Blut des Herrn, und die Sünden zu vergeben und zu behalten, sondern nur ein Amt und bloßer Dienst zur Verkündigung des Evangeliums; oder (wenn jemand sagt), diejenigen, welche nicht predigen, seien ganz und gar keine Priester: Der sei im Banne.“

Bei dieser Klarheit kann es nicht verwundern, daß es ein dauerndes Bestreben zeitgeistiger Theologen ist, das zweite Vatikanum als „Überwindung“ von Trient darzustellen – wofür sich freilich aus den Texten des letzten Konzils keinerlei Beweis führen läßt.

Fortsetzung folgt.

Fest der Verkündigung Mariens

25. 3. 2011

Henry O. Tanner: The Annunciation, 1898

Bericht des hl. Evangelisten Lukas:

Im sechsten Monat aber ward der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa mit Namen Nazareth zu einer Jungfrau, die mit einem Manne vom Hause Davids verlobt war, welcher Joseph hieß; und der Name der Jungfrau war Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Gegrüßet seist du voll der Gnaden, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern! Da sie dies hörte, erschrak sie über seine Rede und dachte nach, was das für ein Gruß sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria!, denn du hast Gnade gefunden bei Gott. Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus heißen. (...)

Maria aber sprach zu dem Engel: Wie wird dies geschehene, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten, darum wird auch das Heilige, welches aus dir geboren werden soll, Sohn Gottes genannt werden.(...)

Maria aber sprach: Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte!

Erklärung des Festes auf der offiziellen Website der katholischen Kirche in Deutschland:

Am 25. März gedenken Christen der Verkündigung an die Gottesmutter Maria Das Fest Verkündigung des Herrn - früher Verkündigung der Gottesmutter, Fest Mariä Verkündigung - am 25. März ist ausgelöst vom Fest der Geburt Christi am 25. Dezember. Genau neun Monate zuvor memoriert die Kirche die Verkündigung des Engels an Maria und ihre Antwort: "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast." Im 6. Jahrhundert in der Ostkirche gefeiert, wird das Fest im 7. Jahrhundert von der Westkirche übernommen.

Heute wird auch dieses Fest nicht mehr als Marien-, sondern als Herrenfest gerechnet. Der Charakter des Tages als Christusfest hält auch die evangelische Bezeichnung Tag der Ankündigung der Geburt des Herrn fest. Andere Bezeichnungen für diesen Tag: Frauentag als sie verbodescheftet wart, Frauentag der Verkündigung, Frauentag in der Fasten, Marien empfanginge in der vasten, Marien engelgruss, Merzmesse, Plogmariendach. (...)

Neues zu den Ausführungsbestimmungen IV

24. 3. 2011

Die vorab bekanntgewordene Regelung der Ausführungsbestimmungen zu Summorum Pontificum, wonach Diözesanbischöfe ihre Seminaristen nicht oder nur mit besonderer Genehmigung nach dem alten Ritus weihen können, hat Beunruhigung ausgelöst und Fragen aufgeworfen. Der kenntnisreiche amerikanische Vaticanista John Allen gibt dafür in dem (im übrigen unsäglichen) National Catholic Reporter eine bemerkenswerte Erklärung:

Zitat: Die Ausführungsbestimmungen werden wahrscheinlich den diözesanen Seminaristen nicht erlauben, nach dem alten Ritus geweiht zu werden, und zwar zum Teil deshalb, weil dieser Ritus die Erteilung der „niederen Weihen“ und des Subdiakonats voraussetzt, die unter Papst Paul IV. abgeschafft worden waren."

In diesem Zusammenhang verdient es zweifellos besonderes Interesse, daß Weihbischof Athanasius Schneider auf dem Programm der im Mai stattfindenden 3. Konferenz zu Summorum Pontificum mit einem Vortrag zum Thema „Die niederen Weihen und der hl. Dienst am Altar“ vertreten ist. Bekanntlich werden die angeblich abgeschafften niederen Weihen in den Ecclesia-Dei-Gemeinschaften nach wie vor erteilt. Es ist sicher höchste Zeit, daß die damit aufgeworfenen kirchenrechtlichen und die Sakramentenlehre betreffenden Fragen intensiver diskutiert werden.

Aus diesem Grunde werden wir uns in den kommenden Tagen eingehender mit der Lehre des Konzils von Trient über das in sieben Stufen gegliederte Sakrament der Weihe beschäftigen und auch einen Blick auf das Motu Proprio Ministeria Quaedam Papst Pauls VI. von 1972 werfen, das diese altüberlieferte Gliederung des Weihesakramentes „aus Rücksicht auf die heutige Mentalität“ aufgibt.

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Pfarrer Guido Rodheudt

„Die Macht der Buchhalter“

22. 3. 2011

Kein Zweifel: Am „Theologenmemorandum“ offenbart sich derzeit wie an nichts anderem das Elend einer Universitätstheologie, die unter blind-wohlwollender Duldung einer Mehrzahl deutscher Bischöfe - längst dazu übergegangen ist, alles wahrhaft Katholische zu zerstören. Pfarrer Guido Rodheudt hat im Vatican-Magazin nachgezeichnet, wie sehr die Positionen des Memorandums dem Geist des Protestantismus verhaftet sind - und zwar in seiner flachesten und zeitgeistigsten Spielart. Und er ermuntert uns Katholiken, uns wieder zu dem zu bekennen, was katholisch ist - katholisch im Sinne einer festen Verankerung im Wissen um das wirkliche Leben im Jenseits, aus dem allein heraus auch eine Zuwendung zur Welt möglich ist. Hier einige Kernaussagen:

Zitat: Was ist der Grund, weshalb aus den Reihen der katholischen Kirche – und zwar besonders aus den Reihen der bestallten theologischen Lehrerschaft – die Forderung kommt, äußere Merkmale des Protestantismus – Pfarrerehe, Frauenordination, synodale Strukturen, Umdeutung der Liturgie und ihre laikale Ablösung durch Wortgottesdienste, gemeindezentriertes Denken, Zulassung der Scheidung und Wiederverheiratung und aus dem jüngeren Protestantismus auch die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und so weiter – zu übernehmen und mit ihnen die Kirche zeitgemäßer zu machen?

Vielfach ist in der jüngsten Vergangenheit auf diese Frage geantwortet worden. Karl Rahner wurde als geistiger Großvater der Memorandumsverfasser und als der Verursacher jenes Säurebades decouvriert, das in Form einer verklausulierten Theologie Gott zur Chiffre menschlicher Selbstwerdung macht (Guido Horst). (...) Nun sind aber doch die Versuchungen, die katholische Kirche unter der Führung germanokratischer Denkschulen in eine protestantische umzuwandeln, ja schon älter als das „gezielte Abbruchunternehmen“ (Matthias Matussek) des Memorandums. Wobei man dabei weniger die diversen institutionalisierten Versuche der Abspaltung in den Focus nehmen muss, als vielmehr eine innere Hinwendung des deutschen Katholizismus zu einer protestantoiden und kultfeindlichen Mentalität der Entsakramentalisierung, der Intellektualisierung und des Ressentiments gegen alles Römische und im Wortsinne Kirchliche, das diesen Namen verdient hat. (...)

Heute sind sich selbst bischöfliche Würdenträger in der deutsch-katholischen Kirche – besonders die professoral-naiven unter ihnen – nicht zu schade, in diesen Skeptizismus einzustimmen. Und dazu noch mit der Emphase des Buchhalters, für den nur die eine Wahrheit gilt: die Bilanz. Erschreckende Beispiele gibt es genug. Sie reichen von der Auslöschung der Sakralität in der Liturgie über die Verschandelung und Umnutzung von Kirchengebäuden bis hin zur Verbourgeoisierung der Seelsorge und zur Funktionalisierung und Ökonomisierung des Kultes, wenn einem deutsche Ordinariate ihre Sparpläne vorlegen, in denen Messfeiern aus Kostengründen gestrichen werden – ausgebrütet von hochdotierten Beraterfirmen. (...)

Es ist die Macht der Buchhalter, die den Prozess der Entsorgung des Sinnlich-Katholischen verwalten, denen sich der Papst im Herbst 2011 zu stellen hat.

Den ganzen überaus lesenswerten Artikel findet man auf der Website des Vatican-Magazins: Die Macht der Buchhalter.

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Immer noch lesenswertes Doppelporträt von 2006

„Der Herr ist da und kommt zur rechten Zeit“

19. 3. 2011

Es ist ein ungewolltes, aber umso höher zu würdigendes Verdienst des famosen „Theologenmemorandums“, für alle Welt sichtbar gemacht zu haben, wie sehr dieser Geist der Dissidenz in einer Zeitschleife der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gefangen ist. Schick klingen mag das immer noch – als Ausdruck von Kirchlichkeit hat sich das überlebt. Überlebt haben sich auch die Inspiratoren dieser Dissidentia, wie man am heutigen 83. Geburtstag von Hans Küng mit Nachsicht feststellen kann. Norbert Otterbeck hat „ein sehr verspätetes Spätwerk des Antitheologen“ gelesen und unsereinem damit viel mühsames Tun erspart:

Zitat: Punktgenau gleichzeitig zum neuen Jesusbuch des Papstes publiziert auch „Hans im Glück“ wieder. Er übertrifft sich. „Ist die Kirche noch zu retten?“ So fragt der Auflagenmillionär aus Tübingen und bekundet: Ich diene, ich diene mich an als Therapeut. „In der gegenwärtigen Situation kann ich es nicht verantworten zu schweigen“, sagt Hans Küng (83): Die katholische Kirche ist krank, vielleicht sterbenskrank. „Statt zu verharmlosen, zu vertuschen, zu verschweigen, muss man eine ehrliche Diagnose vornehmen und wirksame Therapien vorschlagen.“ Kann sein.

Der Piper-Verlag kommentiert: Sein Leben lang habe Hans Küng der katholischen Kirche gedient (allerdings nicht immer zur Freude der Päpste): „als weltweit geachteter Theologe, als Priester und vielgelesener Autor. Jetzt erweist er ihr wieder einen Dienst, indem er klar ausspricht, woran die Kirche krankt. Deren Krise geht weit über die Missbrauchsfälle und deren Vertuschung hinaus: Es handelt sich um eine grundlegende Systemkrise“.

Der Wunderheiler empfiehlt allerdings sozusagen jodhaltiges Seegras gegen den Super-GAU. Joseph Ratzinger hat die Antwort bereits vorweggenommen (Jesusbuch II, S. 310): „Aber der Herr ist da und kommt zur rechten Zeit“. Oder um ausnahmsweise mal einen Arzt, Psychiater und Theologen zu zitieren: „Auf unserem Sterbebett wird uns wohl nicht die Frage nach Zölibat, Frauenordination, Sexualmoral und kirchlichen Strukturen interessieren, sondern die Frage Luthers: Wie finde ich einen gnädigen Gott? Die vitalen jungen Leute auf den Weltjugendtagen interessieren sich nicht für die Themen der vielen emeritierten Theologieprofessoren, sie suchen Menschen, die sich womöglich intellektuell anspruchsvoll aber auch froh zu Gott, zu Jesus Christus und auch zur Kirche bekennen.“ Hier ist, trotz des Lutheregoismus, Manfred Lütz dem Glasperlenspiel eines Tübinger Traumatikers vorzuziehen.

Die Kirche ist „Seine“ Kirche, Kirche Christi, österliche Kirche. Er führt sie; und er errettet uns. Von Theologie ist in dem besonders überflüssigen Küngwerk kaum noch die Rede. Er wärmt seinen entlang Hegel selbstgestrickten Mythos vom Paradigmenwechsel in der Kirchengeschichte wieder auf (P I bis P VI) und nennt „seine“ Kirche krank, da Rom sich weigert, die Küngbotschaft vom „Weltethos“ zu rezipieren. Wahrscheinlich hat Hans Gernegroß erst jetzt, mit Verspätung, gepeilt, dass ihm ‚Papa Benedetto‘ 2005 eine Presse-Erklärung abgeluchst hat, die dem „Weltethos“ die dringende Selbstbeschränkung auferlegt. Hans Küng zürnt auch gegen Kardinal Koch und Kardinal Brandmüller, sogar gegen Kardinal Lehmann. Wie immer: Er sieht „rot“, wenn irgendwer den „roten Hut“ bekommt, der doch eigentlich ihn, „Johannes XXIV.“, so schön zieren täte.

Küng kann immer noch fleißig Seiten füllen, bisweilen unter Verwendung von Selbstplagiaten. Aber die von ihm nun als „Anamnese“ gebotene Zusammenstauchung der Kirchengeschichte hätte Freimaurer Oberheide, sein Preisverleiher von 2007, kaum irritierender komponieren können. Petrus war vielleicht nur kurz in Rom, jedenfalls kein „Bischof“, sein Grab sei nicht verifiziert und das Papsttum erscheine, nunmal eine Macht des alten Europa, als ein gigantischer Skandal. Zeitlebens hat Küng den römischen Pontifex als „absoluten Herrscher“ karikiert, sich selbst aber als Robin Hood in den Wäldern stilisiert, als Rebell, der den Witwen und Waisen der Theologie „dient“.

Auch 2010 hat er Unserem Heiligen Vater ein langes Register von "Sünden" gegen das II. Vatikanische Konzil vorgelegt. Darunter: ''Er fördert mit allen Mitteln die mittelalterliche [so!] Tridentinische Messe und feiert selber die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein mit dem Rücken zum Volk.'' Das ist er wohl, der Fluch der bösen Tat: Wenn man frei Erfundenes zum Konzil reichlich oft wiederholt, kann man immer noch nicht die Texte des Konzils ungeschrieben machen, in denen es nun mal ausdrücklich heißt: „Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben“ (SC 36). Und von der Zelebrationsrichtung war auf dem Konzil nie die Rede.

Wenn der „erzreaktionäre“ Joseph Ratzinger so ein Tyrann ist, warum sitzt so einer wie Küng dann nicht wegen Majestätsbeleidigung auf Guantanamo fest? Der Vatikanstaat hat zwar eine kleine Polizei, nicht aber der Apostolische Stuhl. Und noch nie wurde ein Schweizergardist ausgeschickt, um in Sursee, im Sommerhaus des Großschriftstellers, die Schlafzimmer oder den Partykeller zu inspizieren.

Richtig. Wer die Theologie an die Macht fesselt, auch die subtile Macht des Staatskirchenrechts oder der Beschäftigungsverhältnisse, etwa an den deutschen Fakultäten, der erstickt ihren Atem. Aber welche Macht hat „Radio Vatikan“ im Vergleich zu „Bild“, SPIEGEL oder „facebook“? Die römische Kongregation für das katholische Bildungswesen beansprucht keinerlei Handhabe, um etwa die Bundesbildungsministerin „auf Linie“ zu bringen, die sich für ihr Profil nicht schämt, schon gar nicht heimlich. Und Peter Hünermann steht noch immer nicht ein für seinen „Blödsinn“ vom März 2009, als er „Amtsfehler“ schrie, in Richtung Rom natürlich. Denkfehler? Mitnichten. Devote Beter stören die theologische Selbstvergewisserung nur. Der bewährte Oberlaie Alois Glück, von Küng gelobt wie auch Lammert, wird demnächst den letzten Schleifstein der Pastoral in den Brunnen der Politik werfen – und dann fröhlich in Rente gehen; consummatum est. Eine machtvolle Demonstration? Küng ging zum Brunnen und erbricht; Gift und Galle. Medizin ist immer eine Frage der Dosis. Der Herr der Geschichte dosiert bisweilen sparsam. Weil sein Werk auch in unseren Händen liegen soll. Von ihm her könnten wir die Wahrheit in der Liebe tun, nicht krisenfest, aber zielsicher.

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S.E. Kardinal Burke in Battipaglia Foto:Gianluca Barile

Der Galero

18. 3. 2011

Dieses bemerkenswerte Bild entstand am 19. Februar dieses Jahres im italienischen Battipaglia anläßlich der Verleihung der Auszeichnung „Nulla Veritas sine Traditione“ an Kardinal Burke durch die internationale katholische Vereinigung „Tu es Petrus“. Veröffentlicht hat es zuerst das portugiesische Blog Atanasiano, gefunden haben wir es bei Fr. Zuhlsdorf - beide geben keine näheren Auskünfte über die Art der Auszeichnung und die verleihende Vereinigung.

Der Galero, mit dem die Preisverleiher den Kardinal hier möglicherweise mehr überraschten als erfreuten, wurde bis zu den großen Aufräumaktionen unter Papst Paul VI. den Kardinälen anläßlich ihrer Ernennung (in einer stark stilisierten Form) überreicht, seit Beginn des 20. Jh. nach der Zeremonie jedoch praktisch nicht mehr getragen. Seit 1969 überreichen die Päpste den neuen Kardinälen das handlichere rote Birett. Offiziell „abgeschafft“ wurde der Galero nie, in einigen Diözesen vor allem Englands und der USA ist es heute noch üblich, über den Grabstätten von Kardinälen einen eigens angefertigten Galero aufzuhängen.

Mittelalter und frühe Neuzeit sahen darin nicht nur eine Auszeichnung des Kirchenfürsten oder gar eine „triumphalistische“ Geste: Der Volksglaube vermutete, daß die Seele des früheren Trägers so lange im Fegefeuer büßen müsse, wie sein Galero unverrottet über der Grabplatte hing. Es empfahl sich also, das gute Stück nicht aus den wertvollsten und haltbarsten Materialien herstellen zu lassen: Sic transit gloria mundi.

Mehr zur Geschichte des Galero.

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Damals noch als Erzbischof: Kardinal Burke 2009 beim Pontifikalamt am Sakramentsaltar im Petersdom

Dritte römische Konferenz zu „Summorum Pontificum“

16. 3. 2011

Auf "giovanietradizione.org" wurde jetzt das Programm der dritten römischen Konferenz zu „Summorum Pontificum“ veröffentlicht, die unter dem Motto „Eine Hoffnung für die ganze Welt“ vom 13. – 15. Mai stattfinden wird. Besonders aufgefallen sind uns die Themen:

  • Die hl. Liturgie, das Leben der Kirche von S. E. Antonio Cardinal Cañizares Llovera, Präfekt der Gottesdienstkongregation,
  • Die alte Liturgie der Kirche - eine ökumenische Brücke von S. E. Kurt Kardinal Koch,
  • Die niederen Weihen und der hl. Dienst am Altar von Bischof Athanasius Schneider und
  • Das Sakrament der hl. Priesterweihe im Pontifikale Romanum (1962) - Überlegungen zur liturgischen Theologie von Prof. Nicola Bux.

Zum Abschluß wird Kardinal Cañizares am Sonntag, den 15. Mai ein Pontifkal-Hochamt am Altar vor der Kathedra Petri in der Peterskirche feiern. Im Oktober 2008 hatten wir über die im Geist der Tradion erfolgte Neugestaltung dieses Altars berichtet. Man kann gespannt sein, ob der Altar zur Feier des Hochamtes im überlieferten Ritus wieder näher an seinen ursprünglichen Platz gerückt wird.

Das Ringen um die Ausführungsbestimmungen III

14. 3. 2011

Die aktuellen Gerüchte um die Ausführungsbestimmungen zu „Summorum“ bleiben dabei, daß mit dem Erscheinen des Dokuments noch „vor Ostern“ zu rechnen sei - und sie lassen seinen Inhalt in einem etwas freundlicheren Licht erscheinen als bisher. Danach bleibt es zwar bei der bereits gemeldeten Einschränkung des Gültigkeitsbereiches auf den Römischen Ritus und bei Beschränkungen für Priesterweihen nach den alten Büchern außerhalb der altrituellen Gemeinschaften, aber andere Bestimmungen erscheinen durchaus positiv. So solle es dabei bleiben, daß keine Mindestgröße für die Zahl der Gläubigen festgesetzt wird, die um regelmäßige Messen in der überlieferten Form bitten können, und die Ausbildung in der außerordentlichen Form soll ins Pflichtprogramm der Priesterseminare aufgenommen werden. Außerdem soll die Kompetenz der Kommission Ecclesia Dei gegenüber Bischöfen gestärkt werden, die durch eigene Richtlinien die Anordnungen des Papstes zu unterlaufen suchen - hoffen wir das Beste.

Einen ausführlichen Bericht auf der Grundlage neuerer Indiskretionen brachte Messa in Latino bereits am 8. 3. Wesentliche Teile davon kann man auf Rorate Caeli auch auf Englisch nachlesen. Eine Inhaltsangabe auf Deutsch mit einer ersten kirchenrechtlichen Einschätzung von Hw. H. Gero Weishaupt gibt es auf kathnews.

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Aus der Illustration des „Vatikan-Magazin“

Der Aufstand der Lämmer

12. 3. 2011

Es scheint, die Klasse der glaubensfernen, aber stimmkräftigen Dauerdissidenten in der katholischen Kirche Deutschlands hat mit ihrem „Memorandum“ den Bogen überspannt: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten begehren die Gläubigen, die katholisch bleiben wollen, gegen den als Naturgesetz daher kommenden Protestantisierungstrend auf. Die unerwartet hohe Zahl der Unterzeichner für „Pro Ecclesia“ ist nur ein Indiz.

Die aktuelle Ausgabe des Vatikan-Magazins bringt einen mit vielen Stellungnahmen untermauerten Artikel von Hedwig von Beverfoerde zum schandbaren Spiel der „Reformtheologen“. Gleichzeitig hat der Kardinal-von-Galen-Kreis e.V. in der Aktionsgemeinschaft katholischer Laien und Priester eine Petition an Papst Benedikt gerichtet, die den Papst um die Einrichtung einer besonderen Stelle bittet, bei der die Gläubigen ihre Sorge über den „von oben“ geduldeten Abbau und Verfall der Kirche zum Ausdruck bringen können:

Zitat: Unseres Erachtens liegt die Hauptursache darin, daß Bischöfe de facto sakrosankt sind und es nahezu unmöglich oder aussichtslos ist, über Bischöfe, die ihre Hirtenpflicht schwer verletzen, eine erfolgreiche Beschwerde zu führen.

Daher bitten wir Sie, eine Beschwerde-Anlaufstelle zu schaffen, an die sich besorgte Laien mit begründeten Nachweisen wenden können, wenn ihr Bischof bzw. ihre Bischöfe sich nicht an Lehre und Gesetze der Kirche halten. Eine solche Beschwerdeinstanz sollte nicht nur mit Kirchenjuristen als Vertretern der Kirche, sondern auch mit weltlichen Juristen besetzt sein. Letztere brauchen keine richterlichen Befugnisse zu haben, sollten aber in der Lage sein, den Beschwerdegrund als zutreffend oder unbegründet beurteilen zu können.

Das Jahr des Papstbesuches in Deutschland verspricht ein überaus spannendes Jahr zu werden.

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Bischof Nourrichard bei der "Priesterinnenweihe"

Evreux: Ein Bischof treibt das Schisma voran

5. 3. 2011

Im November 2009 berichteten wir erstmals über die Auseinandersetzung zwischen Ortspfarrer Michel von Thiberville und dem zuständigen Bischof der Diözese Evreux, Christian Nourrichard. Nourrichard hatte den Pfarrer, der in seinem Bereich regelmäßig nach der überlieferten Liturgie zelebrierte, im Zuge einer „Neuordnung der Seelsorgeeinheiten“ abgelöst und den Ort dem Sprengel eines „progressiven“ Pfarrers zugeschlagen. Dessen Amtsantritt scheiterte allerdings am Widerstand der Bevölkerung, die nahe daran war, den zur Amtseinführung angereisten Bischof mit Prügeln aus der Kirche zu jagen. Schließlich zogen die Leute von Thiberville aus der Kirche aus und feierten mit Abbeé Michel ihre Sonntagsmesse in einer anderen Kirche. Die Sache ging dann auf dem Rechtsweg nach Rom, wo das oberste Gericht der Signatura im letzten Herbst nachvollziehbarerweise befand, der Pfarrer könne sich einer vom Bischof angeordneten Versetzung ebenso wenig widersetzen wie die Pfarreimitglieder einer Neuordnung der Seelsorgeeinheiten. Auf dieser Grundlage schickte der Bischof in diesem Februar den neuernannten Pfarrer ein weiteres Mal nach Thiberville. Auch diesmal erfolglos: Das Schloss der Kirchentür war zugeschäumt, die Tür ließ sich nicht mehr öffnen.

Die Leute von Thiberville und Ex-Pfarrer Michele erklärten, die Maßnahmen des Bischofs auf keinen Fall zu akzeptieren – Bischof Nourrichard kündigte an, die Widerständler zu exkommuniziren und machte dunkle Andeutungen, daß gegen Pfarrer Michel noch mehr vorläge, das seine Ablösung rechtfertige. Quelle.Eine üble Situation.

Schon im November 2009 hatten wir die Auseinandersetzung folgendermaßen kommentiert:

Zitat: Daß die „Protestanten“ von Thiberville sich ins Unrecht gesetzt haben, steht außer Frage. Man schreit seinen Bischof nicht nieder, und man verläßt nicht aus Protest seinen Gottesdienst, um in einer anderen Kirche seinen eigenen Laden aufzumachen.

Andere Frage sind weniger leicht zu beantworten: Was geht im Kopf eines Bischofs, Hirte seiner Gemeinde und Nachfolger der Apostel, vor sich, wenn er sieht, wie die Gemeinde ihm voller Zorn und Verachtung den Rücken zuwendet und wegläuft? Ist da nicht mehr zu tun als verlegen/überlegen zu lächeln? Oder in „kalter Wut“ eine Autorität einsetzen zu wollen, die längst verspielt ist? Was denken sich die Architekten „pastoraler Konzepte“, wenn sie feststellen müssen, daß diese Konzepte nicht nur die ihnen zugeschriebenen Wohltaten nicht spenden können, sondern die, denen sie zugedacht sind, zur offenen Rebellion aufreizen?

Was denken sich schließlich diejenigen, die an den Universitäten oder in den Pfarreien die Tradition der Kirche fortgesetzt schlechtmachen und delegitimieren, wenn einige Gemeinden – denn da gibt es nicht nur Thiberville – ihre Tradition mit Zähnen und Klauen verteidigen, während in vielen von der Tradition „befreiten“ Gemeinden der Glaube schnell verdunstet?“

Dem müssen wir heute weitere Fragen anschließen: Gibt es für die zuständigen Stellen in Rom wirklich keine Mittel, in solchen Fällen deeskalierend zu wirken und einen Ortsbischof diskret dazu anzuhalten, neben seiner Amtsautorität auch die pastorale Situation und das Seelenheil der Gläubigen in seine Rechnung einzubeziehen? Etwa so, wie das anscheinend im schweizerischen Röschenz geschehen ist, wo sich freilich nicht eine konservative Gemeinde, sondern eine „Wir-sind-Kirche-Truppe“ unter Ausnutzung der Mittel des schweizer Staastskirchenrechtes in eine schismatische Position manövriert hatte.

Oder ist der Ortsbischof selbst von Rom aus gar nicht mehr ansprechbar? Schließlich hatte er im letzten Sommer in der anglikanischen Kathedrale von Salisbury, deren „Ehrendomherr“ er ist, in vollen Ornat an einer „Priesterinnenweihe“ teilgenommen und damit die klare Position der Kirche zur Unmöglichkeit solcher Weihen auf spektakuläre Weise ins Zwielicht gerückt.

Oder gilt in Rom nach wie vor der in den letzten Jahrzehnten manchmal geradezu als Dogma betrachtete Satz, daß „progressive“ Mißbräuche, Widersetzlichkeiten und Irrlehren stillschweigend oder gar wohlwollend hingenommen werden, während diejenigen, die nur katholisch bleiben wollen wie ihre Väter es waren, dann, wenn sie sich ins Unrecht setzen, gnadenlos verfolgt werden?

Die Lust am Zwang - wie bürgerliche Wohlanstän- digkeit sich das Verhältnis zur Kirche vorstellt

5. 3. 2011

Die Wurzel fast aller Auseinandersetzungen in der Kirche seit dem 20. Jh liegt in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Kirche und Welt, Gottesreich und Menschengesellschaft. Liturgisch spiegelt sich das in der Begrifflichkeit bzw. Verabsolutierung von „horizontal oder vertikal“.

Einen bemerkenswerten Kommentar zu dieser Frage liefert heute die Frankfurter Allgemeine aus Anlaß der ebenso banalen wie heftig umstrittenen Äußerung des Innenministers „Dass aber der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“ , die in den „Qualitätsmedien“ prinzipiell in der Form „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ zitiert wird.

Kommentator Hefty fasst an einer Stelle als historisch Deutschland prägende Kräfte zusammen „das Christentum, das Judentum, die Aufklärung oder der Atheismus“ - eine bemerkenswerte Melange. So heruntergekommen ist selbst die staatskirchliche Richtung im Katholizismus noch nicht, daß man sie derart in eine Einheitsfront gegen einen quasi als letztes Refugium von Transzendenz dargestellten Islam einreihen dürfte. Eher herrschen dort Illusionen in der anderen Richtung.

Noch bemerkenswerter – und auch für die Sympathisanten einer staatskirchlichen Entwicklung eher irritierend – ist die Vorstellung Heftys davon, wie diese Einheitsfront des Säkularismus denn zustande gekommen sei: „So, wie (die Exekutive) einst die katholische Kirche unter ihr Gesetz gezwungen hat, so wird sie auch die muslimischen Glaubensgemeinschaften zur ausnahmslosen Anerkennung der deutschen Verfassung und der Einzelgesetze bringen dürfen und müssen.“

Sogar nach ihrem Selbstverständnis konservative säkulare Kräfte können sich den modernen Staat anscheinend nicht anders vorstellen als die Jakobiner des Jahres 1790. Das Ideal vom einvernehmlichen und harmonischen Zusammenwirken von Staat und Religion, Welt und Kirche erscheint immer mehr als einseitige Illussion.

„Wie man die Messe besucht, ohne den Glauben zu verlieren“

4. 3. 2011

Zwei Kardinäle der hl. katholischen Kirche waren am 2. März zur Vorstellung des neuen Buches von Nicola Bux erschienen, das unter dem Titel „Wie man die Messe besucht, ohne den Glauben zu verlieren“ aktuelle liturgische Fehlkonzeptionen und Wege zu deren Überwindung diskutiert. Wie Cindy Wooden in ihrem Bericht für CNN darstellte, beließen es die Kardinäle mit ihrer Unterstützung für den Autor und sein Anliegen nicht bei der bloßen Anwesenheit.

„Wenn wir irrtümlich davon ausgehen, daß wir im Mittelpunkt der Liturgie stehen, wird uns die Messe zu einem Verlust des Glaubens führen“ unterstrich Raymond Cardinal Burke, Präfektt des obersten päpstlichen Gerichtshofes „Rota“, die provokanten These des Autors, tatsächlich „führen liturgische Missbräuche zu einer schweren Schädigung des Glaubens der Katholiken“. Leider betrachteten zu viele Priester und Bischöfe Verstöße gegen die liturgischen Norman als unbedeutend, während es sich tatsächlich um „schwerwiegende Verstöße“ handle.

Antonio Cardinal Canizares als Präfekt der für die Liturgie zuständigen Gottesdienstkongregation, machte sich die Überlegungen des Autors Bux ebenfalls zu eigen: „Die Teilnahme an der Eucharistie kann uns schwächen oder den Glauben verlieren lassen, wenn wir das nicht im richtigen Geist tun und die Liturgioe nicht entsprechend den kirchlichen Normen gefeiert wird.“ In einer Zeit, in der so viele Menschen lebten, als ob es keinen Gott gäbe, bedürfe es wahrer eucharistischer Feriern um daran zu erinnern, daß nur Gott Anbetung gebührt und daß das menschliche Leben nur dadurch Bedeutung erhalte, daß Jesus sein Leben zur Rettung der Welt dahingegeben hat.

Autor Bux selbst führte dann noch einmal aus, daß viele moderne Katholiken annähmen, die Messe sei etwas, das Priester und Gemeinde zusammen veranstalteten, während es in Wirklichkeit doch etwas sei, das Jesus tue. „Wenn ich einmal hier zur Messe gehe und ein andermal dort, finde ich selten die gleiche Messe vor. Das bedeutet, es handelt sich nicht um die Messe der katholischen Kirche, auf die die Menschen ein Recht haben, sondern nur die Messe dieser Pfarrei oder jenes Priesters.

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Das neue Missale - Außenansicht

Der schismatische Geist und das Missale

3. 3. 2011

Ab dem ersten Adventssonntag dieses Jahres gilt für die englisch-sprechenden Länder eine neue Ausgabe des „Roman Missals“, die neue Übersetzungen aller wesentlichen Texte enthält. Diese Übersetzung orientiert sich weitaus stärker als vorher am lateinischen Original der Editio Typica 2002 und ist in Wortwahl und Tonfall deutlich sakraler und würdevoller ausgerichtet als die Vorgängerübersetzung. Und natürlich ist auch das „pro multis“ als „for many“ übersetzt und nicht wie bisher als „for all“ interpretierend umschrieben.

Der verbindlichen Einführung der neuen Übersetzung ist ein langjähriger Abwehrkampf der „progressiven“ Kräfte in der Kirche der englischsprachigen Länder vorausgegangen – letztlich war die Zustimmung der Bischofskonferenz insbesondere der USA erst dann zu erreichen, als „Rom“ unmißverständlich klarmachte, daß die Approbation für eine an den Grundsätzen der alten Übersetzung orientierte und nach Möglichkeit auch noch „politisch korrekt“ überarbeitete Version nicht zu erwarten sei.

Trotzdem haben die „Progressiven“ ihren Widerstand natürlich nicht aufgegeben. In Irland, Neuseeland und Australien haben mitgliederstarke Priestergruppen Resolutionen verabschiedet, die mehr oder weniger offen dazu aufrufen, die neue verbindliche Übersetzung zu boykottieren. Andere fordern, was letztlich aufs gleiche hinausläuft, ein mehrjähriges „Moratorium“ und die Einrichtung nationaler „Volkskirchenräte“, die das Übersetzungshandwerk in die eigenen Hände nehmen sollen.

Auch in den USA dauert der Widerstand an, wenn auch bis jetzt ohne größere organisatorische Basis. Einer der engagiertesten Fürsprecher einer stärker am Zeitgeist ausgerichteten Liturgie, der Benediktiner und Liturgieprofessor Anthony Ruff (Promotion 1998 in Graz), hat im Februar aus Protest gegen die Resakralisierung der Liturgie und die Wiederbelebung katholischer Identität alle seine Reden und Konferenzauftritte zum Thema Missale abgesagt – es sei ihm aus Gewissensgründen unmöglich, die von den Bischöfen eingeführte Übersetzung in einem positiven Licht darzustellen.

Seine darüber hinaus gehende Begründung schlägt ähnliche Töne an wie das „Memorandum“ der deutschsprachigen Hochschullehrer theologischer Fakultäten – und offenbart ein in der ganzen Kirche frei flottierendes schismatisches Potential:

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Fr. Anthony Ruff OSB

Zitat: Ich liebe die Kirche, ich liebe die heilige Liturgie, Ich liebe den Choral in Latein und Englisch, und ich schätze es sehr, mit so vielen Mönchen und Priestern zusammenzuarbeiten. (…) aber meine Mitwirkung in diesem Prozess und meine Wahrnehmung des Umgang des Heiligen Stuhls mit skandalösen Erscheinungen hat mir allmählich die Augen dafür geöffnet, daß unsere Kirche schwerwiegende Problem ihrer Autoritätsstrukturen hat.

Das künftige Missale ist nur ein Element eines größeren Zusammenhanges, in dem eine zentrale Autorität, die glaubt, selbst nicht gegenüber der Gesamtkirche verantwortlich zu sein, unteren Ebenen ihre Entscheidungen aufzwingt. Wenn ich bedenke, wie heimlichtuerisch der Übersetzungsprozess ablief, wie wenig Konsultation mit Priestern und der Laienschaft erfolgte, wie der hl. Stuhl es zuließ, daß eine kleine Gruppe sich am Schluß der Übersetzung bemächtigte, wie wenig zufriedenstellend der endgültige Text ist, wie dieser Text den nationalen Bischofskonferenzen in Verletzung ihrer rechtmäßigen bischöflichen Autorität aufgezwungen wurde, wie viel Täuschung und Gaunerei diesen Vorgang begleitet haben – und wenn ich dann an die Lehren Unseres Herrn vom Dienst und von der Liebe denke, dann kommen mir die Tränen.

Unter meinen Freunden und Bekannten sehe ich ein große Enttäuschung über die Katholische Kirche. Einige verlassen die Kirche aus Überzeugung, andere entgleiten ihr allmählich, einige treten anderen Gemeinschaften bei, einige bleiben Katholiken mit Problemen. Meine Antwort ist, mein Leben lang in der Kirche zu bleiben und mein bestes zu tun, um ihr zu dienen. Ich hoffe, das dadurch tun zu können, indem ich die Wahrheit, so wie ich sie sehe, im Geist der Nächstenliebe und des Respektes ausspreche. Ich bin gerne bereit, unter günstigeren Bedingungen an zukünftigen liturgischen Projekten teilzunehmen.

Der gesamte hier nur unwesentlich gekürzte „Offene Brief“ von P. Ruff ist im von den Jesuiten herausgegebenen Magazin „America“ erschienen – einem der Flaggschiffe der „progressiven“ katholischen Publizistik in den USA.

Dort kann man in 124 Leser-Antworten auch nachlesen, daß Ruffs Ansichten selbst in diesem Umfeld durchaus nicht allgemein geteilt werden – das genuin katholische Element ist dort wesentlich stärker sichtbar als im redaktionellen Teil der Zeitschrift. Andererseits ist aber auch nicht zu übersehen, daß viele Unterstützer des Benediktinerpaters anscheinend eher bereit sind, eine Abspaltung innerhalb („wie das anglikanische Ordinariat“) oder außerhalb („das kann man nicht mehr ertragen“) der Kirche zu erwägen, als dem Papst zu folgen. Bei vielen haben Selbstsäkularisierung und Zeitgeistabhängigkeit ein solches Ausmaß erreicht, daß man sich nicht nur fragt: ist das noch katholisch? Auch vom spezifisch Christlichen ist dann nichts mehr spüren: Hier bauen „freie Bürger eines freien Amerika“ ihren Glauben selbst – ohne ausländische Einmischung.

Wer die laufende Diskussion um die neue Übersetzung des englischen Missales intensiver verfolgen will, ist dazu bei dem Musterblog der progressiven US-Katholiken „Pray Tell“ an der richtigen Adresse.

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Foto: Karwa - Fotolia

Die Sache mit den Zahlen

1. 3. 2011

Wer mag, kann in diesen Tagen eine merkwürdige Art von Kopf-an-Kopf-Rennen verfolgen: Auf der Website „Memorandum Freiheit“, auf der sich die Unterstützer des Memorandums für eine deutsche Nationalkirche versammeln, werden bis Dienstag Mittag 8900 Unterschriften präsentiert. Bei der Gegenposition, vertreten auf „Pro Ecclesia“ sind es zur gleichen Zeit 8500, Tendenz weiterhin deutlich steigend.

Nun ist die Kirche Christi, auch wenn man das in Memorandumskreisen anders sehen mag,keine Räterepublik, noch nicht einmal eine Demokratie - in der Sache, zu den Streitpunkten, um die es hier geht, ist es völlig irrelevant, welche von beiden Seiten schließlich die größere Zahl vorzeigen kann. Tatsächlich ist es ja auch ein Grundthema der sieben Punkte der "Petition", daß die derzeit umstrittenen Fragen in Wirklichkeit dem Streit enthoben sind - sie sind nach Lehre und Tradition der Kirche längst entschieden. Wer sie immer wieder aufs Neue nach vorne stellt, unterstreicht damit nur, daß er eine andere Kirche anstrebt.

Trotzdem sind diese Zahlen alles andere als bedeutungslos - nicht in der Sache, sondern in der Wahrnehmung einer Öffentlichkeit, die sich auch als Kirchenöffentlichkeit längst daran gewöhnt hat, Geschehnisse in der Kirche nach den Maßstäben der Mediengesellschaft zu beurteilen. Nach diesen Maßstäben ist es in der Tat höchst bemerkenswert, daß die „Kirche-Von-Unten“-Positionen, die sich gerne als Volksmeinung darstellen, eben nicht die Position einer überwigenden Mehrheit sind, der sich nur ein paar alte Männer in Rom entgegenstemmen, sondern eine höchst umstrittene Fraktionsmeinung.

Die Entwicklung der letzten Wochen hat nun zunächst gezeigt, daß diese Fraktion nicht mehr die Kraft hat, die öffentliche Wahrnehmung zu dominieren. Auch kirchliche Medien, die überwiegend in der Hand der Nationalkirchler sind - und heftig Reklame für das Memorandum machten - mußten zur Kenntnis nehmen, daß das Kirchenvolk sich nicht ohne Gegenwehr für die Ziele der Memorandistas beanspruchen läßt. Zwar räumt die „große Presse“, die das Memorandum mit Fanfaren begrüßte, den Gegenstimmen immer noch kaum Raum ein, aber selbst KNA und katholisch.de, auch die "Medienpastoral" des Erzbischofs Zollitsch kamen nicht umhin, die Petition und das Gewicht der Unterzeichner zur Kenntnis zu nehmen. Das wird auf mittlere Sicht nicht folgenlos bleiben.

Bei näherer Betrachtung der Unterschriftslisten ist dann noch anderes sichtbar geworden. Die Liste der Memorandums-Unterstützer liest sich auf weite Strecken wie ein Belegschaftsverzeichnis des kirchlichen Dienstes. Gemeindereferent nach Gemeindereferentin, Religionslehrerin nach Religionslehrer - man wird das Gefühl nicht los, die Reformer sind in Wirklichkeit eine art kirchliche Gewerkschaftsbewegung mit entsprechenden Zielsetzungen. Die Betriebsräte dokumentieren ihre Probleme mit dem Unternehmensleitbild und verlangen einen Umbau nach den Interessen der Mitarbeiter. Auch das wird den Bischöfen zu denken geben - zumindest denen, für die die Kirche noch nicht ein Unternehmen der Sozialwirtschaft ist wie andre auch.