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Una-Voce-Korrespondenz 2017-III

Die vor 3 Wochen erschienene Ausgabe III der UVK des Jahrgangs 2017 besteht zu großen Teilen aus der Wiedergabe von Vorträgen der 18. Liturgischen Tagung in Herzogenrath vom März dieses Jahres. Dazu kommen Beiträge, die sich noch aktueller mit der von Monat zu Monat größere Ausmaße annehmenden Kirchenkrise beschäftigen. Das alles sind ausgesprochene Schwergewicht, denen im Rahmen eines zusammenfassenden Überblickes nicht wirklich gerecht zu werden ist. Daher hier zunächst nur grobe Inhaltsangaben, wir werden versuchen, einzelnen Beiträgen noch auf besondere jeweils geeignete Weise gerecht zu werden. In jedem Fall an unsere Leser die herzliche Empfehlung, sich die Zeitschrift zu besorgen oder am besten gleich zu abonnieren: Der Einsatz für die Bewahrung der Tradition erfordert eine breitere Nutzung der von der UVK bereitgestellten Ressourcen.

Am Anfang der Ausgabe steht ein Artikel von Weihbischof Athanasius Schneider, der in mehreren Sprachen auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht worden ist: „Das II. Vatikanische Konzil und seine Interpretation in Verbindung mit der aktuellen Kirchenkrise“. Der erste Absatz sagt schonungslos, worum es geht:

Die aktuelle Situation einer präzedenzlosen Krise der Kirche ist mit der großen Krise des 4. Jahrhunderts vergleichbar, als der Arianismus die überwältigende Mehrheit des Episkopats angesteckt und im Leben der Kirche eine dominierende Stellung eingenommen hatte.

Der Weihbischof fordert in allen Fällen, in denen Aussagen oder Interpretationen der Konzilstexte nicht mit der tradierten Lehre übereinstimmen, entweder die Interpretation entsprechend anzupassen oder die Texte selbst zu revidieren. Als Voraussetzung dafür fordert er eine offene theologische Diskussion der entstandenen Zweifelsfragen, die nicht länger durch eine sachlich unbegründete Dogmatisierung der Konzilsaussagen blockiert werden dürfe.

An zweiter Stelle steht ein Beitrag von Walter Kardinal Brandmüller, der zuerst im August in der von Prof. Wolfgang Ockenfels OP herausgegebenen Zeitschrift „Die neue Ordnung“ erschienen ist. Die Überschrift gibt die Richtung an: Der Papst: Glaubender – Lehrer der Gläubigen. Dazu greift der Kirchenhistoriker Brandmüller auf ein in der Gegenwart wenig beachtetes Element der Tradition zurück: Die seit dem 5. Jahrhundert zu beobachtende Professio Fidei des Papstes. Sie kommt in mehreren Formen vor: Einmal als vor der Wahl abzulegendes feierliches Bekenntnis zum geoffenbarten und tradierten Glauben, dann aber auch als feierlicher Eid auf diesen Glauben zur Amtsübernahme. Schließlich noch zu gegebenem Anlaß als eindringliche Erinnerung der ganzen Kirche an den vom Papst von seinen Vorgängern erhaltenen und an seine Nachfolger weiterzugebenden Glaubensschatz.

Mit Nachdruck arbeitet Brandmüller dabei heraus, daß der Bewahrung des Vorgefundenen dabei stets höchste Priorität zukam: Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Petrusamtes, jeden in die Grenzen zu weisen und erforderlichenfalls auszuschließen, der es unternehmen sollte, etwas der evangelischen Überlieferung oder dem orthodoxen Glauben Entgegengesetztes zu behaupten. Ihm kommt es zu, zu urteilen.

Als letztes Beispiel für ein feierliches päpstliches Glaubensbekenntnis zur Verteidigung der überlieferten Lehre gegen zeitgeistige Irrtümer betrachtet Kardinal Brandmüller das von Papst Paul VI. 1972 feierlich abgelegte Credo des Gottesvolkes, und er läßt wenig Zweifel daran, daß ihm ein ähnlicher Akt für die Gegenwartig dringend geboten erscheint.

Zwei weitere Beiträge, beide aus Herzogenrath, befassen sich direkt mit dem Zentralthema der Una Voce, der Liturgie. Prof. Helmut Hoping hat die Unterschiede des Offertoriums der überlieferten Liturgie und der Gabenbereitung des Novus Ordo zu seinem Thema gemacht. Die von ihm vorgenommene historische und theologische Beschreibung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten ist hier nicht nachzuzeichnen. Leichter zu vermitteln ist der nur mäßig überraschende Befund, daß die „deutsche Theologie“ Zuflucht zu Verfälschungen und Manipulationen nimmt, um eine in der Originalform des NO nur angelegte Herabstufung des Opfercharakters der hl. Messe quasi als vollendete Tatsache erscheinen zu lassen. Die lateinische Editio Typica bleibt für den hier angesprochenen Teil der Messe bei der überlieferten Bezeichnung „Offertorium“, und nichts rechtfertigt nach Hoping den im Deutschen hier vorgenommenen Übergang von „Opferung“ zu „Gabenbereitung“.

Noch dreister ist die Manipulation bei den Gebeten zur Darbringung von Brot und Wein. Hier wird das offerimus tibi im Deutschen Messbuch mit „wir bringen vor dein Angesicht“ übersetzt. Zwar stammt die alttestamentliche Redewendung … aus dem semantischen Feld der Opfersprache, doch hat man das von Paul VI. geforderte offerimus tibi nicht wortgetreu „wir bringen dar“ übersetzt und so den Opfercharakter abgeschwächt.

Zweiter Text aus Herzogenrath ist der Vortrag des amerikanischen Theologen Peter A. Kwasniewski zur Bedeutung der Tradition in der Liturgie. Kwasniewski ordnet die Liturgiereform ein in den allgemeinen Trend der westlichen Kultur seit Aufklärung und Revolution, sich von vorgegebenen Wahrheiten und Weisheiten zu „emanzipieren“ und nur noch das Selbstgeschaffene gelten zu lassen – eine Denkrichtung, innerhalb derer Liturgie im eigentlichen Sinne praktisch nicht mehr möglich ist. Die überlieferte Liturgie steht für eine der ganz wenigen Tendenzen innerhalb des „Westens“, sich diesem alles bestimmenden Trend entgegen zu stellen. Das hat weitreichende Konsequenzen:

Die Bewegung, den usus antiquor neu zu beleben, ist daher nicht nur ein Ausdruck persönlichen Geschmacks, einer „Vorliebe“ oder einer „Sensibilität“, wie es einige gerne sehen würden in ihrem Bestreben, die Bewegung für ihr Projekt des Liberalismus und demokratischen Pluralismus zu vereinnahmen, das unsere tödliche Krankheit ist. Traditionalismus ist – oder sollte sein und hat das Potential dazu – eine grundsätzliche Ablehnung der wesentlichen Annahmen der Moderne, um so den Weg für eine Neugeburt der Christenheit aus Schutt und Asche des rasch zerfallenden nachchristlichen Westens vorzubereiten.

Und später dann noch einmal:

(Der Traditionalismus) ist ein Festhalten an einem vorneuzeitlichen Verständnis des Menschen, der Welt und einer Christenheit, die noch nicht verdorben ist durch die modernen Irrtümer (verurteilt in den großen Lehrschreiben der Päpste Pius IX., Leo XIII. Pius X. und Pius XI.) und daher in der Lage ist, die modernen Männer und Frauen vor dem Abgrund zu retten, auf den sie seit der protestantischen Revolte zur französischen Revolution, hinab zur sexuellen Revolution und jetzt zur „Gender Revolution“ zu taumeln.

Auch wenn das selten so deutlich gesagt wird: genauso ist es, und deshalb kann der Traditionalismus auch nicht bei den Formen der Liturgie stehenbleiben bzw. sich mit gnädig zugestandenen Kompromissen in diesem Bereich zufrieden geben, sondern muß auf‘s Ganze gehen.

Im Heft und auch inhaltlich direkt anschließend an Kwasniewski steht ein weiterer Beitrag aus Herzogenrath: „Die Beziehung von „lex orandi“ und „lex credendi“ von Ioan Moga. Der an der Katholisch theologischen Fakultät der Universität Wien tätige Moga ist Priester der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, die nicht in Einheit mit dem Bischof von Rom steht. Er breitet in seinem überaus lesenswerten Beitrag ein Liturgieverständnis aus, das noch deutlich über die – bestenfalls – konzedierte gegenseitige Abhängigkeit von „lex orandi“ und „lex credendi“ hinausgeht. Die Liturgie, nicht nur in den Texten, auch in den Formen, ist für ihn „eine eigenständige Größe der lebendigen apostolischen Überlieferung (…), die uns genauso verpflichtet wie die geschriebene Überlieferung.“ Er schreibt:

Im alltäglichen Liturgieverständnis Westeuropas wird gerade das Ungeschriebene (z.B. die Richtung nach Osten) entweder auf den Bereich eines Ritusspezifikums reduziert oder im Bereich einer alten, überholten Frömmigkeit angesiedelt. Diese Textzentriertheit der modernen Theologie – entweder in Form einer historisch-kritischen Annäherung an Offenbarungstexte oder in Form einer flächendeckenden Skepsis oder Kritik gegenüber jeder Form ungeschriebener geistlicher Tradition oder Frömmigkeit – hat die Einheit zwischen den geschriebenen und ungeschriebenen Konstanten im Bereich der christlichen Liturgie und Spiritualität in Frage gestellt.

Moga verweist darauf, daß die Orthodoxie in den liturgischen Formen – wenn auch nicht in der liturgischen Sprache – ohne zentrale Autorität eine vielfach bis in die unbedeutend erscheinenden Äußerlichkeiten eine starke Einheitlichkeit bewahrt hat. Sie ist tief im Alltagsleben der Menschen eingewurzelt und hat als gelebte Kultur das nationale Überleben auch unter Fremdherrschaft und im Kommunismus ermöglicht.

Die Liturgie stellt also für das orthodoxe Kirchenvolk die passive Resistenz der Ewigkeit gegenüber dem Druck der Zeit dar. … Die Liturgie als Ort der eschatologischen Vorwegnahme auf Erden ist das schlechthin Andere, das hereinbricht in die Welt. Damit ist nicht gemeint, daß die liturgischen Formen im Einzelnen sakrosankt wären, sondern nur, daß die Liturgie für die orthodoxe Kirche das letzte Element ist, wo man die Frage der Anpassung an die Zeit stellen würde. Denn gerade dort ist eine solche Anpassung fehl am Platz.“

Damit ist Moga ganz nahe bei Kwasniewski: Die Liturgie ist der seit alters her bestehende bzw. in den Wirren der Gegenwart wieder zu gewinnende Raum, in dem diese Gegenwart keine absolute Geltung beanspruchen kann und Platz machen muß für das, was wirklich wesentlich ist: Die von Gott gegebene Ordnung aller Dinge.

Zwei umfangreiche Hauptbeiträge aus dem aktuellen Heft sind heute erst einmal nur zu nennen. „Schönheit als Aufstieg zu Gott – Die Bedeutung der Kunst in der Theologie Joseph Ratzingers/Benedikt XVI.“ von Peter Stephan war ein weiterer Vortrag auf der Liturgischen Tagung des Frühjahrs – er soll an einem der nächsten Tage ausführlicher vorgestellt werden. Der andere, „Papst Franziskus‘ erstaunliche Aussagen zum Lutherjubiläum 2017 und die Wahrheit über die Reformation“ von Heinz Lothar Barth ist in der aktuellen Ausgabe nur mit einem ersten Teil enthalten und kann wohl erst besprochen werden, wenn er vollständig vorliegt.

Zu bekommen - am besten im Abonnement – ist die UVK über die Website der deutschen Una Voce

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