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Ökumenismus und Relativismus

Bild: Screenshot aus dem Vortrag https://www.youtube.com/watch?v=vcB6IION4EIBevor das große Luther-Jahr zu Ende geht und in verdienter Vergessenheit versinkt, hier noch eine kurze Vorstellung des Aufsatzes von Heinz-Lothar Barth in den Ausgaben III und IV der UVK 2017: Papst Franziskus erstaunliche Aussagen zum Lutherjubiläum 2017 und die Wahrheit über die Reformation.

Anders als der Titel suggeriert, enthält der Aufsatz wenig zu den päpstlichen Aussagen zum Thema, und das ist nicht nur wegen der Vergänglichkeit des Jubeljahres überaus angemessen: Die Ausführungen von Franziskus zum Thema sind vom theologischen Gehalt her kaum der Rede wert. Daß der Artikel von Barth trotzdem weiterhin lesenswert ist, beruht darauf, daß der Autor die aktuelle Lutherei zum Anlaß nimmt, einige grundlegende Fragen der Ökumene, oder besser gesagt, des Ökumenismus, anzugehen. Es ist dieser ökumenistische Hintergrund der päpstlichen Stellungnahmen, der dazu zwingt, das Thema auch über das Jubiläumsjahr hinaus im Auge zu behalten. Die von vielen Beobachtern wahrgenommene „Rehabilitierung“ Luthers im gegenwärtigen Pontifikat läuft auf nichts anderes hinaus als den vom Opportunismus geforderten Versuch, die Aufgabe wesentlicher Elemente der Kirche und ihres Glaubens durch vorgeschobene „höhere Ziele“ zu bemänteln. Es geht wieder einmal, wie bei so vielem in diesem Pontifikat, um Politik.

Im Mittelpunkt des ersten Teils steht die Realität der immer stärker auseinanderstrebenden Entwicklung und die Phrasenhaftigkeit der Behauptung: Mehr Verbindendes als Trennendes. Wie absurd diese These ist, illustriert Barth unter anderem mit der bemerkenswerten Meldung, daß der Papst ursprünglich sogar auf eine öffentliche Messfeier bei seiner Reise nach Schweden habe verzichten wollen. Anscheinend reichen die behaupteten Gemeinsamkeiten nicht aus, um das Kernstück der christlichen Existenz mit einzuschließen. Mit seiner Kritik bleibt Barth jedoch nicht beim auf dieser Reise verabschiedeten „Konsenspapier von Lund“ stehen, sondern greift zurück bis auf den „ökumenischen“ Konzilstext „Unitatis Redintegratio“, dessen (wie man befürchten muß, gewollt) unklare Aussagen zum Einfallstor für zahlreiche Fehlkonzeptionen geworden sind. Fehlkonzeptionen, die sich auch auf den Katechismus ausgewirkt haben, wie Barth am Beispiel das Abschnittes 818 nachzeichnet.

Moderne Entwicklungen wie die Frauenordination oder die sich abzeichnende Duldung einer „Homoehe“ täuschen darüber hinweg, daß Luther selbst bereits 1530 vor dem Augsburger Reichstag eine lange Liste von grundlegenden Elementen des Glaubens vorgetragen habe, die bereits „abgeschafft“ worden seien oder überwunden werden müssten: Das Messopfer, das Fegefeuer, die Seelenmessen, die Heiligenverehrung, der Zölibat, die Kirchen- und Altarweihen, das Ehesakrament, das Priestertum und die Firmung, die Beichte, die Genugtuung, die Fastenzeit, das Kruzifix, der Taufstein, die Monstranz, die Bilder...

Damit wird gleichzeitig auch deutlich, was von „katholischer“ Seite neuerdings bestritten, von vielen protestantischen Historikern jedoch durchaus eingeräumt wird: Es ging den Reformatoren von Anfang an nicht um eine Reform der bestehenden, sondern eine Neugründung einer durch Umsturz veränderten Kirche. Auch hierzu bietet der Artikel reichhaltig Belege.

Im Zentrum des zweiten Teils steht ein – nicht so bezeichneter und auch keinen entsprechenden Anspruch erhebender – Bericht über neuere und insbesondere zum Jubeljahr entstandener Literatur zum Thema. Wer sich näher mit dem schon allein von der Materialmasse her schier unerschöpflichen Thema beschäftigen will, findet hier wertvolle Orientierungshilfen. Dabei behandelt Barth nicht nur Werke, die die theologischen Einflüsse auf Luthers Denken beleuchten, sondern führt auch Untersuchungen zum historischen Hintergrund der Reformationszeit an.

Ein eigener Abschnitt widmet sich einer kursorischen Vorstellung von glaubenstreuer katholischer Seite her geäußerten Kritik am sogenannten „Rechtfertigungsabkommen“ von 1999. Zustimmend zitiert er dabei unter anderen den in Lugana lehrenden Theologen Manfred Hauke, der diese „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ als den ‚Supergau eines Ökumenismus“ bezeichnete, „der sich dem relativistischen Modell der ‚versöhnten Verschiedenheit‘ verschrieben hat.“

Womit zum aktuellen Ökumenismus-Modell wohl das wesentliche gesagt sein dürfte. 

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