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„Die Messe der Kirche“ - Teil II

Der zweite Teil des Buches von Barth steht unter der Überschrift: Die Darbringung des hl. Meßopfers: Zentrale Aufgabe des katholischen Priesters und Grund seiner erhabenen Würde.

Für die aktuelle deutsche Universitätstheologie dürfte so jedes Wort dieser Überschrift eine unerträgliche Provokation bedeuten – und genau so hat Barth es natürlich auch gemeint. Das Gute daran ist, daß so jeder Leser – auch der Leser einer solchen Besprechung – daran sofort sehen kann, wo er dran ist worum es geht: Um die katholische Lehre, wie sie immer war und auch sein wird. Das weniger Gute ist, daß diese Formulierung natürlich der postkatholischen Theologie jede Menge Entschuldigungen dafür frei Haus liefert, sich mit dem Buch erst gar nicht zu beschäftigen: Der Mann ist ja sowas von vorgestrig und hat unsere bahnbrechenden Neuentdeckungen der letzten 50 Jahre einfach nicht aufgearbeitet. Indiskutabel.

Den Praktikanten dieser Denkweise – Barth findet in den Fußnoten mehrfach Gelegenheit, diese bornierte Herangehensweise aus eigener Erfahrung zu illustrieren – kann man bei dieser Gelegenheit einmal versichern, daß diese seit Jahrzehnten praktizierte Art der Nicht-Zur-Kenntnisnahme inzwischen bei unsereinem eine entsprechende Gegenreaktion ausgelöst hat: Wenn es sich irgendwie vermeiden läß, lesen wir Euer Zeugs auch nicht mehr. Es hat mit dem katholischen Glauben, den wir in den verschiedenen Katechismen der Kirche und anderen unbezweifelbaren lehramtlichen Äußerungen beschrieben finden, einfach nicht genug zu tun, um Interesse zu finden.

Hier könnte man jetzt die Frage anknüpfen, inwieweit katholische Gottesgelehrtheit, die notwendig das immer und ewig gleicherweise Wahre und Gültige zum Gegenstand hat, überhaupt mit einem Wissenschaftsbetrieb vereinbar ist, der alle Dogmen von sich weist – außer denen des beständigen Paradigmenwechsel und Originalitätszwanges. Geschenkt, und zurück zu Barth.

Der Autor beginnt seine Darlegungen mit der Anerkenntnis des Umstandes, daß das Priestertum aus dem neuen Testament nicht so eindeutig abgeleitet oder belegt werden kann, wie das Bischofsamt. Das gibt ihm Gelegenheit, einen höchst wichtigen Umstand in Erinnerung zu rufen, der im Zuge einer fortschreitenden Protestantisierung der katholischen Theologie in Vergessenheit zu geraten droht: Der katholische Glaube ist nicht Ergebnis einer mehr oder weniger individuellen, gefühlten, wissenschaftlichen oder prophetischen „sola scriptura“-Interpretation, sondern wird aus der Schrift und ebenso aus der bis in die Zeit der Apostel zurückreichenden Tradition geschöpft, und berufener Schöpfer aus dieser Tradition ist das Lehramt, das seinerseits an strenge Regeln der Tradition gebunden ist.

Im Falle des Messopfers bzw. des mit der Darbietung dieses Opfers beauftragten Priesters geht diese Tradition bis nahe an die Zeit der Apostel zurück. Nach Barth beginnen die Belege bereits mit dem sog. Clemensbrief aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts (S. 147 f.) und wird dann fortgesetzt (ab S. 179) mit Zeugnissen so ehrwürdiger Kirchenväter und Lehrer wie Origines von Alexandria, Cyprian von Carthago aus dem 3. Jahrhundert und Ambrosius von Trier/Mailand aus dem 4. Jahrhundert. Noch einmal aufgegriffen wird diese Anführung patristischer Zeugnisse bei Barth dann ab S. 199 im Zusammenhang mit der Begründung der „herausragenden Würde des Priesters“.

Mehr als tausend Jahre Lehrtradition zum Priestertum hat das Konzil von Trient in seinen Dekreten und Canones zusammenegefasst (zum Priestertum insbesondere Session 22), und dessen Lehre findet sich im Katechismus von 1993 erneut klar und präzise ausgesagt: “Das Erlösungsopfer Christi ist einmalig und wurde ein für allemal vollzogen. Und doch wird es im eucharistischen Opfer der Kirche gegenwärtig. Das gleiche gilt vom einzigen Priestertum Christi: es wird durch das Amtspriestertum gegenwärtig gemacht, ohne daß dadurch der Einzigkeit des Priestertums Christi Abbruch getan würde.“ (KKK 1545) Von daher läßt sich die ganze katholische Lehre zum Priestertum entwickeln und verstehen – und umgekehrt: Was dem widerspricht, kann nicht katholisch sein.

Auf eine Konsequenz daraus, die oft und gerne übersehen wird, weist Barth mit Nachdruck hin:

Nicht der irdische Priester hat hier seinen eigenen Interessen, Neigungen und Begabungen nachzugehen, sondern allein das zu tun, was die Kirche im Namen ihres göttlichen Herrn und Meisters tut. Wenn der Amtsträger nur als Diener, Werkzeug und Instrument fungiert, dann ist jeder Willkür von vornherein ein Riegel vorgeschoben. (141)

Eingeschoben in die knappe Darstellung der historischen Zeugnisse sind verschiedene Exkurse, in denen der Autor sich mit modernen Missverständnissen und Fehldeutungen der überlieferten Lehre auseinandersetzt.

Dabei liegt es ihm besonders am Herzen, Papst Pius XII. gegen den Vorwurf zu verteidigen, selbst einer der geistigen Väter der Liturgiereform und dadurch mitverantwortlich für die Zerstörung der römischen Liturgie im Gefolge des 2. vatikanischen Konzils zu sein. Dem muß man sicher insoweit folgen, als die große Enzyklika „Mediator Dei“ eine ganz klar in der Tradition der Kirche stehende Lehre verkündet, in der sich nichts findet, was die spätere Entwicklung der Reformen rechtfertigen könnte – und vieles, was gedacht war, ihr Grenzen zu setzen. Andererseits bleibt es freilich auch eine Tatsache, daß Annibale Bugnini, der seinem Vornamen alle Ehre antut, bereits unter Pius XII. auf entscheidende Einflusspositionen gelangte und mit der Reform der Osterwoche von 1955 noch unter diesem großen Papst die ersten Steine aus dem Jahrtausende alten Bau der römischen Liturgie herausbrechen konnte.

Zu Recht weist Barth dabei daraufhin, daß Pius XII. in Mediator Dei und anderen Dokumenten der damals bereits aufkeimenden Irrlehre, der Priester feiere die Liturgie in Auftrag und Vertretung der ganzen Gemeinde als deren „Vorsteher“, entschieden widersprach: „Was die Tatsache betrifft, daß die Christgläubigen am Eucharistischen Opfer teilnehmen, so haben sie deshalb nicht auch die priesterliche Vollmacht. Das müßt ihr unbedingt eurer Herde klar vor Augen stellen.“ (S. 157) Diese klare Lehre wurde dann bereits in Dokumenten des 2. vatikanischen Konzils zwar nicht aufgehoben (was auch nicht möglich gewesen wäre), aber aufgeweicht (S. 162).

In diesem Zusammenhang tritt Barth zunächst in eine massive Auseinandersetzung mit deutschen Theologen im Gefolge Reiner Kaczynskis ein (S. 161 ff.) Des weiteren geht er darauf ein, daß das in der deutschen Kirche fast ausschließlich gebrauchte 2. Hochgebet nicht nur in der zielgerichtet verwässerten deutschen Version, sondern auch schon im lateinischen Original die priesterliche Funktion bei der Opferfeier abschwächt. (S. 170 ff)

Den Abschluß des zweiten Teils bilden dann Ausführungen zum Stellenwert der niederen Weihen und des Subdiakonats in Zuordnung zum selbst wieder dreifach gegliederten Priesteramt sowie über die besondere Würde des Priesters. Diese besondere Würde, die sich natürlich zu klerikalistischer Missdeutung und Ausbeutung eignet und in Vergangenheit wie Gegenwart oft genug auch in dieser Hinsicht genutzt worden ist, begründet sich selbstverständlich nicht in besonderen Verdiensten der Person des einzelnen Priesters. Sie ist alleine in den von Christus begründeten und in der Weihe übertragenen Vollmachten begründet und bedeutet keine Lizenz zur Überhebung, sondern eine Verpflichtung, der schwer gerecht zu werden ist.

Das fest gebundene Buch hat 330 Seiten Inhalt zuzüglich 40 Seiten Literaturverzeichnis. Es ist zu beziehen zum Preis von 18,90€ + Versand über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und im Buchhandel.

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