Ildefons Schuster: Liber Sacramentorum
Das Fest Mariä Himmelfahrt in der alten römischen Liturgie
14. 8. 2010
Im 2. Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts schrieb Ildefons Kardinal Schuster, Erzbischof von Mailand, sein 10-bändiges Liber Sacramentorum, in dem er den Großteil des damals verfügbaren Wissen über die liturgische Entwicklung des römischen Ritus auswertete. Dabei standen für ihn stets die Aspekte des Glaubens und der Frömmigkeit im Vordergrund. Wir geben hier ungekürzt, aber ohne den Anmerkungsappartat, seine Ausführungen zum Fest Mariä Himmelfahrt wieder, abgedruckt in Band 8, S. 36 - 43. Die Zwischenüberschriften wurden unsererseits eingefügt.
Ein Fest aus der Frühzeit der Kirche
Mariä Hinscheiden oder die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel ist wahrscheinlich das älteste Marienfest; es erscheint schon lange vor den Konzilien von Chalcedon und Ephesus bei allen Christen, bei den Katholiken sowohl wie bei den Häretikern und nationalen Kirchen, z. B. in Armenien und Äthiopien. Möglicherweise steht sogar die Weihe der Großen Marienkirche auf dem Esquilin am 5. August, die unter Liberius (352-66) oder Sixtus III. vorgenommen wurde, in irgendwelcher Beziehung zum Feste Mariä Himmelfahrt. Bei den Gallikanern wurde das Fest am 18. Januar gefeiert, bei den Kopten am 16., im Orient Mitte August. Dieses Datum legte Kaiser Mauritius endgültig zur Zeit Gregors d. Gr. fest.
Wie aber immer dies Zusammentreffen zu erklären ist, sicher bestand das Fest in Rom lange vor Papst Sergius I. Dieser ließ zur Verherrlichung des Festes alljährlich am 15. August eine feierliche Prozession veranstalten, die von St. Hadrian am Forum nach Groß St. Marien zog und mit der Stationsmesse schloß. Das gleiche schrieb er auch für Mariä Reinigung, Geburt und Verkündigung vor, in Anlehnung an die Byzantiner, welche diese Feste schon seit einigen Jahrhunderten kannten. Papst Leo IV. verordnete im Jahre 847, daß vor Mariä Himmelfahrt Klerus und Volk in Groß St. Marien eine feierliche Vigil halte. Am Oktavtage sollte die Statio vor der Porta Tiburtina in der Basilica maior sein, die Papst Sixtus III. zu Ehren der hl. Jungfrau errichtet hatte.
Das Fest im 7. Jahrhundert
Die Ordnung der feierlichen Stationsprozessionen Sergius I. ist uns bekannt: Früh am Morgen begab sich das Volk mit brennenden Kerzen, unter dem Gesange von Litaneien und Antiphonen, zur Hadrianskirche und erwartete hier den Papst. Sobald er zu Pferd vom Lateran her gekommen war, vertauschte er und seine sieben Diakone die Gewänder mit ernsten Bußkleidern, worauf die Prozession begann. Voraus gingen 7 Kreuze, dann folgte das betende Volk, der Palastklerus und der Papst, von 2 Akolythen mit brennenden Fackeln begleitet, wie es beim Kaiser Brauch war. Nun kamen ein Subdiakon mit dem Rauchfaß und 2 weitere kostbare Stationskreuze. Den Schluß bildete die Sängerschule, Knaben aus dem Orphanotrophium, welche mit dem Klerus abwechselnd passende Antiphonen und Litaneien sangen. Endlich beim Morgengrauen langte die Prozession in der Marienkirche an. Hier legten der Papst und seine Diakone sogleich im secretarium die liturgischen Gewänder an und bereiteten sich auf das III. Opfer vor. Der übrige Klerus und das Volk warf sich demütig, wie am Karsamstag, vor dem Altare nieder und sang zum dritten Male die litania ternaria, wobei es jede Anrufung dreimal wiederholte.
Der Sel. Ildefons Schuster 1880 - 1954
Weitere Entwicklung im 10. Jh.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich der eben beschriebene Vigilritus - nächtliche Lichterprozession und Gesang von Antiphonen - bedeutend weiter und wurde eine der charakteristischsten Feiern des mittelalterlichen Rom. Im 10. Jahrhundert begab sich der Papst am Morgen der Himmelfahrtsvigil barfuß mit den Kardinälen zur Laurentiuskapelle im Lateran, jetzt Sancta Sanctorum genannt; hier wurde neben anderen Reliquien auch ein altes Erlöserbild aufbewahrt, welches dem Bildersturm in Konstantinopel entgangen war. Das Bild war in Rom hochverehrt; daher machte der Papst und die Anwesenden 7 Kniebeugungen, ehe der hl. Schrein geöffnet wurde. Beim Herausnehmen des Heiligtums sang man nach Anordnung Leos IV. das Te Deum. Der Papst bestieg sodann ein Gerüst, das eigens zugerichtet war, küßte die Füße des Erlösers und stellte sodann das Bild auf den Altar.
Am Nachmittage sang der hohe Klerus des Patriarchiums mit dem Papste die Vesper in Groß St. Marien. Dann nahmen sie ein bescheidenes Mahl ein, die einzige Mahlzeit, die wegen des strengen Fastens an jenem Tage erlaubt war. Bei Sonnenuntergang ging man zu kurzer Ruhe in die Räume des anstoßenden Palastes.
Beim Hahnenschrei kehrten Papst und Klerus wieder in die festlich erleuchtete, mit Teppichen geschmückte Kirche zurück und feierten mit dem zahlreich versammelten Volke die Vigil. Diese bestand aus 2 Matutinen und den Laudes, die bei Tagesanbruch gesungen wurden. Mit dem hl. Opfer schloß die Feier.
Der Status im 11. Jh.
Im 11. Jahrhundert war der Ritus etwas geändert. Am späten Abend des 14. August nahmen die Kardinäle das Erlöserbild aus der Laurentiuskapelle und trugen es in Prozession über den weiten Platz vor dem Patriarchium. 12 Ostiarier mit brennenden Kerzen schritten zur Seite des ehrwürdigen Bildes; ihnen folgte der Regionarsubdiakon mit dem Stationskreuz, der Lateranklerus, der Primicerius und die Sängerschule, der Stadtpräfekt und 12 Vertreter der Stadt und zum Schlusse eine große Volksmenge, die in jener Nacht nach dem Lateran geströmt war. Die Prozession ging vom Patriarchium nach St. Maria nova an der sacra via, wo man gleicherweise das Titularfest der Kirche feierte. Es muß ein herrliches Schauspiel gewesen sein, würdig der Ewigen Stadt, wenn an diesem Augustmorgen im Glanze der aufgehenden Sonne der Erlöser und seine Kirche an jenen Orten, an den Triumphbogen, Portiken und Amphitheatern vorbeiging, welche nach Titus, Domitian und Vespasian genannt sind. Jene Bauten erinnerten sie an 3 Jahrhunderte der Verfolgung und all die Blutopfer, welche die Christen großmütig um des Glaubens willen darbrachten.
Unter dem Portikus von St. Maria nova wurde das Erlöserbild niedergestellt; dann wusch der Klerus die Füße des Heilands mit wohlriechendem Wasser, hergestellt aus einer Pflanze, die im Volksmunde Basilienkraut heißt. Die Sängerschule betrat daraufhin die Kirche und es begann die Matutin. Die Gläubigen warteten jedoch das Ende der Psalmodie nicht ab, sondern trugen das hl. Bild, Psalmen und Danklieder singend, in die nahe Hadrianskirche, wo die Zeremonie der Fußwaschung wiederholt wurde. Nach Schluß der Matutin machte man sich auf den Weg nach Groß St. Marien und feierte dort die Festmesse von Mariä Himmelfahrt.
Das Nervaforum im 9. Jh. nach archäologischen Befunden studio inklink
Eine Stadt in den Ruinen ihrer Vergangenheit
Im 10. Jahrhundert sah die Phantasie des Volkes in den majestätischen Ruinen der alten Kaiserzeit auf dem Kapitol und den Toren, Höhlen von Basilisken und Drachen, deren giftiger Hauch alle tötete, die sich zu nahe hinwagten. Der tatkräftige Glauben des Mittelalters wollte sich gegen diese Siegeszeichen der heidnischen Herrschaft im kaiserlichen Rom sichern. Darum zog man nach den Ritualien des 11, und 12. Jahrhunderts in Prozession an dem sogenannten Bogen der Latona und am „Hause des Orpheus“ vorbei. Die Fürsprache der Gottesmutter und die Bitten der zahlreichen Gläubigen sollten das römische Volk vor den Angriffen des Teufels schützen.
Nachdem endlich die Prozession nach dieser weihevollen Nacht in Groß St. Marien angelangt war, feierte der Papst die Stationsmesse und erteilte dem vom Fasten und der Vigil „ermüdeten Volke“ den Segen. Wegen der Anstrengung feierte man, nach altem römischen Brauche, am Nachmittag der großen Feste, Ostern ausgenommen, auch keine 2. Vesper. Diese war den Mönchen in den Klöstern anheimgestellt. Erst nachdem. die nächtlichen Vigilien außer Übung gekommen waren, sang man in Rom eine 2. Vesper; doch nahm der Papst selten daran teil.
Um das Bild von der Feier Mariä Himmelfahrt im mittelalterlichen Rom zu vervollständigen, führen wir ein Lied aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts an, das die Vigil vor dem Feste schildert. Ihm kommt eine gewisse Bedeutung zu, denn es füllt eine Lücke in den Ordines Romani aus. Der Text stammt aus einem Kodex (Miscellanea) von Monte Cassino aus dem gleichen Jahrhundert.
Lied für Mariä Himmelfahrt
Die nächtliche Prozession mit dem Gnadenbilde
Heil'ge Maria, was ist? Wenn du fährst zur Höhe des Himmels?
Zeige. den Deinen die Huld! Heil'ge Maria, was ist?
Warum jubelt das Volk und warum erglänzen die Fahnen?
Was will dieser Lärm? Warum jubelt das Volk?
Warum schwingt es die Fackeln? Warum leuchten die Straßen
Hell im Lichterglanz? Warum schwingt sie das Volk?
Nächtliches Dunkel wird hell; Laternen erleuchten die Dächer;
Alles röten die Feuer; nächtliches Dunkel wird hell.
Tochter der Konsuln, Rom, du zählst eine Reihe Triumphe,
Jetzt aber klagst du und weinst, Tochter der Konsuln, Rom!
Warum klagst du und weinst, du glänzende Zierde der Erde?
Warum tränt dir das Aug'? Was ist der Grund dir des Leids?
Juble, Mutter des Vaterlands, und trockne die Tränen!
Auf Verzeihung vertrau! Heimische Mutter, du Rom
Ist auch dein erstes Geschlecht gesunken, der Martyrer Sterben
Schenkte das Leben dir neu durch der Martyrer Blut.
Deine Schwelle betrat zuerst ein Pflüger im Walde,
Nun hat ein Fischer den Fuß hier auf die Erde gesetzt.
Jener hatte mit vielem Staube besudelt dein Haupthaar,
Dieser wäscht im Bad ab den vielfachen Schmutz.
Paulus,- der Hirt deiner Herde, er führt sie zur Tränke,
Und derselbe führt deine Herde zurück.
Antwort Roms
Warum erinnerst du mich der früheren Ruhmestaten?
Hältst den alten Ruhm stichelnd mir wiederum vor?
Über den ganzen Erdkreis hin bin ich ruhmvoll geworden,
Schlau wie der Fuchs, und geschminkt hab ich mir das Gesicht.
Gleich der feilen Dirne hab ich in der Fülle des Reichtums
Nachts die Kapuze dreist auf das Haupt mir gesetzt.
Ohne Furcht vor dem Herrn, und im Liede warf ich die Scham weg,
Sündigte gegen ihn sehr; ohne Furcht vor dem Herrn.
Tränen säe ich jetzt, damit ich in Freude einst ernte
Und nach Freude und Lust säe in Tränen ich jetzt.
Freude hab' ich gekostet, und wenn ich mit göttlicher Hilfe
Glücklich im Anfang war. Freude hab ich verspürt.
Nicht fern ist der Schöpfer, der aus der Kohle die Gemme
Bildet, im Schoße mich trägt, nicht mehr ist er mir fern.
Hier ist sein Bildnis schön, im Zuge getragen zur Kirche,
Hin zu der Mutter dort. Hier ist sein schönes Bild.
Hier ist das Antlitz des Herrn, vor dem sich neiget der Erdkreis,
Der das Gericht ansagt; hier ist das Antlitz des Herrn.
Darum jubelt das Volk. Die Mütter, die Greise klopfen
Ohne Verzug an die Brust. Darum jubelt das Volk.
Dann wird das hehre Bildnis des Herrn gesetzt auf den Thron,
Wie auch der Mutter Bild, niedergesetzt auf den Thron.
Man bringt den Weihrauch, die Myrrhe, den Balsam,
Und der Wohlgeruch räuchert die Bildnisse ein.
Und das römische Volk fällt ein mit seinem Gesange
Und der Sängerchor stimmt griechische Hymnen an.
Hundert Kyrie eleison tönen im Wechsel mit Christe eleison,
„Daß du uns gnädig seist“. Alles klopft an die Brust.
Aufforderung zum Gebet
Drum laßt uns die Mutter des Herrn mit Bitten, in Liedern,
Laßt uns die Mutter des Herrn anfleh'n im frommem Gebet
Jungfrau Maria, blicke gütig auf uns, deine Kinder,
Erhöre ihr Fleh'n, höre ihr Bittgebet an!
Siehe das römische Volk, das tränenden Auges, schutzflehend,
Hehre Mutter, sich naht, höre gnädig sein Fleh'n!
Seufzend nahen die Scharen, freudig, entronnen dem Unglück,
Heilige Jungfrau, vor dir seufzen die Schären des Volks.
Heilige Mutter des Herrn, sieh gütig das römische Volk an,
Ottos des Dritten Schutz, heilige Mutter des Herrn!
Deines Armes Hilfe vertraut Otto der Dritte,
Hofft Vergebung durch dich, Otto der Dritte vertraut.
Fromm legt dieser des Herzens Anliegen dir in die Hände
Spendet freigebig dir, was er an Mitteln besitzt.
Drum freue sich alles, daß Otto der Dritte regieret,
Alles freue sich denn ob seiner Herrschergewalt!“
Himmelfahrt Mariens von Murillo
Die alte Lehre der Kirche
Die tiefe dogmatische Bedeutung der eben in großen Zügen beschriebenen Riten liegt offen zutage: Zu einer Zeit, da noch einzelne kirchliche Schriftsteller, wie Ambrosius Autpertus, Abt von St. Vincenz am Volturno (8. Jahrhundert) bezeugen, daß die einzelnen Kirchen über die leibliche Aufnahme der seligsten Jungfrau in den Himmel nicht übereinstimmend urteilten, zählte der Apostolische Stuhl bereits das Fest vom 15. August zu seinen höchsten Feiertagen.
Das Festgeheimnis kommt in den Kollekten des Gelasianums und Gregorianums trefflich zum Ausdruck. Es handelt sich immer um die leibliche Aufnahme Mariä in den Himmel, wenn auch zuweilen zwei Momente berührt werden: der leibliche Tod Mariä und ihre Aufnahme in den Himmel. So enthält z. B. das Gelasianum folgende schöne Sekret: „Nimm an, o Herr, die Gaben, die wir dir darbringen an dieser zweiten Feier der seligen Maria: es gereicht zur Vermehrung deines Ruhmes, daß eine solche (Jungfrau in den Himmel) aufgenommen wurde.“
Unter dieser 2. Feier ist die Vigil der vorhergehenden Nacht zu verstehen oder wahrscheinlicher ein anderes Fest, das kurz zuvor gefeiert wurde, z. B. Mariä Schnee. Das Festgeheimnis dieses Tages war vielleicht einst die Dormitio St. Mariae. Es fehlen uns die näheren Anhaltspunkte, um die Frage zu lösen, doch ist es immerhin bemerkenswert, daß im Gelasianum die „Aufnahme“ der Gottesmutter durch eine Feier begangen wird, die verschieden ist von einer anderen, die vielleicht einige Tage früher war.
Tod oder Entschlafung?
Das Gregorianum handelt ausführlicher darüber. Wie bei den Griechen, ist Gegenstand des Festes das Hinscheiden, Entschlafen und die Aufnahme der seligsten Jungfrau in den Himmel. Der Glaube der römischen Kirche an die Auferstehung und Himmelfahrt Mariä ist so fest und sicher, daß das Wunder nicht so sehr behauptet als vielmehr vorausgesetzt wird; es ist Glaubenslehre, über die kein Zweifel besteht. So hören wir in einer Kollekte des Gregorianums: „Verehrungswürdig ist uns, o Herr, dieser Festtag, an dem die hl. Gottesmutter leiblicherweise starb, ohne aber von den Banden des Todes festgehalten zu werden: sie war ja die Mutter deines Sohnes, unseres Herrn.“
In diesen Gebete wird gleicherweise der Triumph der seligsten Jungfrau über den Tod und die Auferstehung ihres Leibes klar ausgesprochen. Der Grund für diesen Glauben ist der gleiche, den Johannes Damascenus angibt die Gottesmutterschaft Mariä. „Wie sollte der Tod sie verschlingen? Wie konnte die Unterwelt sie aufnehmen? Wie konnte jener Leib die Verwesung schauen, in dem das Leben aufgenommen wurde?
Ikonendarstellung der Entschlafung Mariens
Ist auch die Gottesmutterschaft der seligsten Jungfrau der nächste Grund für ihre Aufnahme in den Himmel, so liegt der letzte formale Grund für dieses Privileg in ihrer unbefleckten Empfängnis begründet. Die Würde einer Mutter des menschgewordenen Wortes war sicher der tiefste Grund, warum Gott in seiner Gnade die unbefleckt Empfangene vor jeder Schuld der Erbsünde bewahrte - auch das Gregorianum leitet mit Recht den Grund für die leibliche Auferstehung Mariä von ihrer Eigenschaft als Gottesmutter her -, aber der formale Grund, warum ihr Leib die Verwesung nicht schaute, war ihr Freisein von der Erbsünde.
Die Gebete der römischen Liturgie enthalten keinerlei Mißverständnis über diese Lehre; sie sprechen vielmehr geradezu aus, daß der Tod der seligsten Jungfrau und ihre leibliche Aufnahme in den Himmel eine Folge ihrer unaussprechlichen Würde ist.
Tod - auf die unbefleckte Gottesmutter angewendet, schließt dieses Wort jeden Gedanken au Erniedrigung und Schmerz aus - ist das Ende des Lebensweges, den die Seele hienieden zu vollenden hat. Der Tod ist eine Folge des zusammengesetzten Menschenleibes. Darum ist, nach der Sekret des Gregorianums, die in das römische Missale übergegangen ist, auch die seligste Jungfrau „nach dem Gesetze des Fleisches von hinnen“ geschieden. Aber die Fesseln des Todes, d. h. die Trennung der Seele vom Leibe mit all ihren Folgen: Verwesung des Leibes, lange, gewaltsame Trennung der Form von der Materie usw., hatten kein Recht auf Maria. Das Gregorianum drückt dies mit folgenden Worten aus: „Sie erlitt den zeitlichen Tod, ohne aber von den Fesseln des Todes festgehalten zu werden.“
Für die dogmatische Definition der leiblichen Aufnahme Mariä in den Himmel ist die Autorität der römischen Liturgie überaus wichtig, denn in ihr drückt sich die Ansicht des höchsten kirchlichen Lehrers aus. Heutzutage ganz besonders, wo die Gläubigen den Tag herbeisehnen, an dem der unfehlbare Lehrer der Wahrheit in das Diadem Mariä den letzten Edelstein einfügt und die Lehre von ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel zum Dogma erklärt, tun die Theologen gut, diese Quelle der katholischen Tradition: die römische Liturgie voll auszuschöpfen. Sie handeln alsdann nach den Worten des Papstes Cölestin: „Legem credendi lex statuat supplicandi.“
Zur Orientierung:
Die sieben Hauptkirchen Roms auf einem Stich des 15. Jh.
Im Zentrum der Lateran, im Vordergrund St. Peter, von dort im Uhrzeigersinn weitergehend S. Maria Maggiore, S. Lorenzo v. d. Mauern, S. Croce in Jerusalem, S. Sebastian v. d. Mauern und S. Paul v d. Mauern.