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Warum Vatikan II gescheitert ist

Grafik aus LifeSiteNesw vom 21. OktoberDer 60. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils hat vielerorts – besonders aber in den USA – zu Diskussionen über Erfolg und Mißerfolg dieser letzten großen Kirchenversammlung geführt. Die meisten Verteidiger des Konzils befleißigen sich einer bemerkenswert defensiven Tonart – sie betonen, das Konzil braucht noch Zeit zur Reifung oder behaupten, ohne die von Papst Johannes XXIII. einberufene Großveranstaltung sei alles noch viel schlimmer geworden, ja die Kirche wäre inzwischen zu einer Sekte heruntergekommen. Auch die Stellungnahme, die der ehemalige Papst Benedikt (der 10 Jahre nach dem Konzil dessen Scheitern durchaus für möglich gehalten hatte) sich jetzt abringen ließ, zeugt von dieser defensiven Grundhaltung: Das Konzil sei „notwendig und bedeutungsvoll“ gewesen, so Ratzinger in seinem Schreiben an die katholische Universität in Steubenville, das hier auf katholisches.info bereits übersetzt und kommentiert worden ist.  „Notwendig und bedeutungsvoll“ – eine Erfolgsmeldung, ein 'mission accomplished' hört sich anders an. Und die einigermaßen respektable Hochschule, an die der Papst schrieb (oder die sich sein Schreiben erbeten hatte) liegt in einem Bistum, dessen Bischof soeben im Alleingang die Fusion mit einer Nachbardiözese beschlossen hat: Rückgängige Zahlen bei Gottesdienstbesuchern, Priestern und Einnahmen würden den Weiterbetrieb der Zweigstelle nicht mehr rechtfertigen. Zumindest Ehrlichkeit kann man dem Mann bescheinigen – im Unterschied zu seinen deutschen Kollegen, die sich in Bankrottverschleppung üben.

Darüber zu spekulieren, ob der praktisch in allen traditionellen christlichen Ländern dokumentierte kirchliche Niedergang ohne DAS KONZIL noch stärker ausgefallen wäre, ist müßig und als Argument ebenso wertlos wie unaufrichtig. Wir wissen es nicht. Aber wir wissen, daß Diözesen und Gemeinschaften, die die Errungenschaften DES KONZILS weitgehend ignorieren, von diesem Niedergang weniger oder gar nicht betroffen sind, teilweise sogar gegen den Trend Wachstumsraten vorweisen können.

Die oben gezeigte Grafik über den Niedergang der Mitgliederzahlen bei den Schwesterngemeinschaften in den USA mag den Zusammenbruch besonders spektakulär ins Bild setzen – in der Tendenz zeigen die Zahlen auf allen Gebieten einen ähnlichen Verlauf: Gottesdienstbesuch, Seminareintritte, Priesterweihen und Spendeneingänge brechen Mitte der 60er Jahre – das Konzil endete 1965 – brutal ein.

Hier geht es weiterDas Tempo des Niedergangs hat sich zwar nach einiger Zeit etwas abgeschwächt, wie das bei solchen Entwicklungen üblich ist. Wo immer weniger Menschen am Gottesdienst teilnehmen, können auch immer weniger noch Verbliebene ausfallen. Aber dafür hat der Niedergang sich in einigen Bereichen verstärkt, in denen er nach den 60er Jahren erst zögerlich eingesetzt hatte. Besonders gilt das für kirchliche Eheschließungen und Kindstaufen, die vielfach als feierliche Umrahmung von Lebensstationen auch da noch „mitgenommen“ wurden, wo man der Kirche ansonsten bereits fern stand. Weniger Eheschließungen und Kindstaufen – das bedeutet, daß immer mehr Menschen keine „angeborene“ Beziehung zur Kirche mehr haben, die Gesellschaft als ganze fällt ins Heidentum zurück.

Der zahlenmäßige Niedergang ist jedoch nur eine Seite des Zusammenbruchs, zu dessen Verhinderung oder Abschwächung DAS KONZIL nach der Behauptung seiner Befürworter vermeintlich einberufen worden war. Ebenso spektakulär ist der geistige Zusammenbruch, der Verlust an Glaubenssubstanz, der mit den Zahlenrückgängen einhergeht. Selbst von den Katholiken, die zumindest gelegentlich den Gottesdienst besuchen oder ihre Kinder taufen lassen, hält nur eine Minderheit an den traditionellen Glaubensaussagen wie der Realpräsenz in der Eucharistie, der dreifaltigen Personalität des Einen Gottes oder dem individuellen Weiterleben der Seele nach dem Tode fest – große Mehrheiten (60 – 75 %) halten das für „überlebtes Mittelalter“ oder sagen, was ein vielleicht noch finsteres Licht auf das Pastoralkonzil Vatikan II wirft, davon hätten sie noch nie etwas gehört.

Wenig besser, womöglich sogar noch schlechter, ist die Situation beim gewöhnlichen und vor allem beim höheren Klerus. Vieles wird im Theologiestudium gar nicht mehr vermittelt bzw. unverhohlen in Zweifel gezogen und abgelehnt. Ausweislich ihres Auftretens beim Synodalen Weg muß man die große Mehrheit der deutschen Bischöfe für öffentliche Apostaten halten – Wölfe im Schafspelz, die den Glauben der Kirche ganz oder teilweise leugnen und oft genug aktiv bekämpfen. Und sie alle haben sich ihre Mitra nicht etwa per Simonie erkauft, sondern wurden von römischen Päpsten ins Amt berufen und üben dieses veruntreute Amt mit der Einwilligung der jeweiligen Amtsinhaber und ihrer Kurialen weiterhin unbehelligt aus.

Und was ist von einem Kardinalskollegium zu halten, das in dem einen Jahr mit Joseph Ratzinger einen seit Jahrzehnten bewährten Verteidiger des Glaubens zum Papst wählt, um in einem anderen Jahr (unter der Einflüsterung einer angeblich DEM KONZIL verpflichteten Jesuitenmafia) einen Mann auf den Thron zu setzen, der bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte feierlich seinen Amtsverpflichtungen abschwört: „Wer bin ich denn, zu urteilen?“ An Papst Franziskus: Das Urteilen und Richtigstellen ist eine der Hauptaufgaben Ihres Amtes. Wenn Sie das nicht wollen, sollten Sie das Amt aufgeben, statt es täglich weiter zu verderben!

Bald 10 Jahre nach diese denkwürdigen Worten ist die Kirche in einem Zustand der Gespaltenheit und der diabolischen Verwirrung, für den es in der Kirchengeschichte kaum Beispiele gibt. Zugegeben: Keiner von uns kann den Bergoglios und Roches, Obersynodalisten wie Bätzing und Grech oder Filialdespoten wie Cupich uns Marx ins Herz schauen, um zu sehen, was sie wirklich wollen. Aber die schlichte Beobachtung der Tatsachen zwingt zu der Feststellung: Wollten sie die Kirche Christi restlos „entchristlichen“ und zu einer säkularen Organisation neben vielen anderen machen, könnten sie dieses Ziel kaum wirkungsvoller verfolgen, als das ihren gegenwärtigen Handlungen entspricht.

DAS KONZIL bietet ihnen und den anderen Kirchenverderbern für diese radikale Abwendung von jeder apostolischen Tradition vielfältigen Flankenschutz, Vorwand und Ausreden. In ihrem Bestreben, „Offenheit“ gegenüber aktuellen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft zu demonstrieren, haben die vom optimistischen Zeitgeist mehr als vom heiligen Geist trunkenen Konzilsväter der 60er Jahre vielen Formulierungen zugestimmt, die es erlauben, die überlieferte Lehre in Frage zu stellen. Die hunderte Seiten umfassenden Dokumente des geschwätzigsten Konzils aller Zeiten sind voller unklarer Formulierungen, mehrdeutiger Aussagen und eindeutiger Widersprüche. Viele wollen keine eindeutige Orientierung geben, und sie können es auch nicht. Schuld daran trägt nicht nur das „Konzil der Medien“, das tatsächlich viele Aussagen von Anfang an entstellt vermittelte. Schuld daran sind aber auch überforderte Konzilsväter, die sich nicht vorstellen konnten, daß eine skrupellose Konzilsregie in viele Formulierungen nicht nur hinsichtlich der Liturgie  „Zeitzünder“ (Michael Davies) einbaute, mit deren späterer Zündung die Kirchenfeinde sich die Möglichkeit verschafften, Aussage und Zielrichtung von Dokumenten nach ihren Wünschen zu manipulieren. In anderen Fällen begruben sie Meinungsverschiedenheiten, auch schwerwiegende, unter flexiblen Kompromissformeln. Unaufhörlicher Streit um den wirklichen Inhalt der Dokumente war und ist die Folge.

Ein Konzil, dessen Aussagen nach 60 Jahren zu einem guten Teil immer noch nicht klar interpretierbar sind oder von dem einen Papst so und von dem anderen geradezu entgegengesetzt verstanden werden, ist unfähig, der Kirche pastorale Orientierung zu geben oder gar eine neue Ekklesiologie und ähnliche Novitäten zu begründen. Zwar haben alle nachkonziliaren Päpste, beginnend mit „Konzilspapst“ Paul VI. selbst, versucht, mißverständliche oder mißdeutbare Passagen klar zu stellen und vor Mißbrauch zu schützen. Zum Beispiel Paul VI. mit Humanae Vitae von 1968, Johannes Paul II. mit Veritatis Splendor von 1993 und Ordinatio Sacerdotalis von 1994, Benedikt XVI. nicht zuletzt mit Summorum-Pontificum, und die Liste ließe sich erheblich verlängern. Aber sie alle mußten erleben, daß diese Versuche zur Klarstellung der Lehre von den meisten Bischöfen mißachtet und von vielen Theologen arrogant zurückgewiesen wurden - oft genug unter Berufung auf deren anderslautende private Auslegung DES KONZILS. Und alle drei Päpste haben sich außerstande gesehen, dieser Mißachtung ihres Lehramtes wirkungsvoll entgegen zu treten und dem Mißbrauch DES KONZILS für die Agenda zur Entchristlichung der Kirche entgegen zu treten.

Franziskus und seine Kreaturen (oder sind es in Wirklichkeit Hintermänner?) gehen nun so weit, selbst von den Vorgängerpäpsten eindeutig als falsch und unzulässig zurückgewiesene Auslegungen von Konzilstexten erneut zu bekräftigen oder zur neuen Richtschnur des Glaubens zu erheben. Sie wollen das verunglückte „Pastoralkonzil“ der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zum Superdogma und Wegweiser für die Errichtung einer neuen nicht mehr apostolischen, sondern im demokratistischen Sinne „synodalen“ Kirche umlügen. Das Scheitern des Konzils erweist sich damit als eines der Hauptelemente der Kirchenkrise.

Mit unbeweisbaren Erklärungen zur „Notwendigkeit“ des Konzils und dem Aufruf zu verstärkten Bemühungen, seine wertvollen Dokumente endlich fruchtbar zu machen, wird diesem wahrhaft diabolischen Treiben kaum zu begegnen sein. Der praktische Umgang der Machthaber in Theologie und Kirche hat zur Genüge gezeigt, welche faulen und verderblichen Früchte auf dem Boden dieser durch und durch verunglückten Veranstaltung wachsen konnten und wohl auch wachsen mußten. Gewollte Unklarheit kann nie etwas Gutes bewirken.

Wenn sie dem Absturz in die unter dem Schlagwort Synodale Kirche betriebene Säkularisierung und Unterordnung unter den Zeitgeist entgegenwirken wollen, werden der und die Nachfolger von Franziskus und ein von Grund auf zu erneuerndes Kardinalskollegium – dazu gehört auch die Entlassung öffentlicher Apostaten – wohl kaum darum herumkommen, das Scheitern der Kirchenversammlung von 1962 – 1965 offen zuzugeben und jede Berufung auf dessen Dokumente, soweit sie diese nicht im Geist der Tradition interpretiert, für illegitim zu erklären. Dazu muß man nicht in Abrede stellen, daß eine solche Versammlung damals vielleicht notwendig erschien und objektiv sogar notwendig gewesen sein mag – schließlich waren die Vorboten des Niedergangs auf vielen Gebieten bereits sichtbar. Aber das zweite Vatikanum war nicht in der Lage, diesem Niedergang entgegen zu wirken, sondern hat ihn, wie heute klar zu erkennen ist, sogar beschleunigt. Ohne Abschied von diesem Konzil und seinen falschen Propheten wird keine Heilung möglich sein.

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