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Worin das II. Vatikanum irrte

Als zusätzliche Verständnishilfe zum „Lake Garda Statement On the Ecclesial and Civilizational Crisis“, das wir dieser Tage kurz vorgestellt hatten, hat Fr. John Hunwicke als einer der Teilnehmer an der Konferenz heute erläutert, warum dieses Dokument einige Punkte in beträchtlicher Ausführlichkeit behandelt. Er schreibt:

Es beginnt ein langes ZitatIch denke, es wird immer deutlicher - für mich zumindest - daß das, was beim II. Vatikanum falsch gelaufen ist, nicht darin besteht, daß dort explizite Häresien verkündet worden wären. Ebenso sorgfältige wie hartnäckige Versuche, in seinen Dokumenten Irrtümer hinsichtlich der Lehre aufzuspüren, haben im großen Ganzen ergeben, daß derlei Nadeln in diesem Heuhaufen nicht zu finden sind. Was falsch gelaufen ist - und das kann man vielleicht erst in der Rückschau von heute erkennen, und ich behaupte keinesfalls, das schon vor einem halben Jahrhundert erkannt zu haben, damals war ich so blind wie der blindeste unter den Konzilsvätern - was falsch gelaufen ist, war, daß das Konzil die Zeicvhen der Zeit völlig mißdeutet und dadurch der Kirche einen verfehlten Kurs vorgegeben hat. Die damalige Vorstellung lief darauf hinaus, daß die Kultur der Welt an einem Punkt angelangt sei, an dem sie sich einem beiderseitig gewinnbringenden Dialog öffnen würde, wenn nur die Kirche selbst sich ebenfalls mehr öffnen würde. Wenn sie versuchen würde, über abgestandenen und formelhafte dogmatischen Aussagen, von Anathemas begleitet, hinauszugehen; die Wahrheit des Evangeliums  auf neue Weise auszudrücken, die die Welt ernst nehmen könnte; wenn man die Welt nur dazu bringen könnte, zu erkennen, daß diese Wahrheiten ihr (der Welt) eigenes tiefstes und ehrenhaftestes Streben zum Ausdruck bringen.

Fr. Aidan Nichels hat den klugen Gedanken geäußert: „Ich sehe überhaupt kein theologisches Problem darin, die Klugheit einiger der Reformvorgaben des Konzils in Frage zu stellen. Dinge, die sich auf die Anwendung der praktischen Klugheit unter konkreten Umständen beziehen haben nichts mit dem "Charisma der Wahrheit" zu tun, das dem Gesamtepiskopat zukommt.“ Im Anschluß spricht er dann von den „Fehleinschätzungen des Konzils hinsichtlich damaliger Zeittendenzen“. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Tatsächlich befand sich die Welt des Konzilsjahrzehnts am Punkt des Umschlags in eine neue und monströse Apostasie, als dessen Folge die Christen der 'christlichen Kernlande' nur zwei, drei Generationen später mit Verfolgung rechnen müssen, wenn sie sich gegen „Gesetze“, die sexuelle Perversionen normieren und den Holocaus an den Ungebohrenen zur Wehr setzen. Es stimmt, und man muß das auch aussprechen, daß die Konzilsdokumente explizite Verurteilungen von Abtreibung und sexueller Unmoral enthalten. Aber die generelle kulturelle Grundstimmung dieser Dokumente ist die eines optimistischen Zusammengehens mit der Welt.

In traditioneller Sprechweise ausgedrückt: Die Konzilsväter erkannten nicht, daß die Welt damals vor einem neuen Großangriff auf das Königtum Christi stand. Obwohl doch der Nationalsozialismus gerade die Institution des Rechtes dazu missbraucht hatte, eine monströse und mörderische Tyrannei zu errichten, sahen die Konzilsväter nicht voraus, daß das Recht in den 'ziviliserten Demokratien' erneut in eben der Weise mißbraucht werden würde, wie das im Deutschland der 30er Jahre geschehen war.

Wenn Sie nun mir gegegenüber einwenden, es sei doch unfair, den Konzilsvätern vorzuwerfen, daß sie keine Kristallkugel gehabt hätten, kann ich Ihnen nur Recht geben. Aber gleichzeitig bestehe ich auf der klaren und unwiderleglichen Tatsache, daß sie das alles eben nicht gesehen haben und die Kirche nicht auf die finsteren Zeiten vorbereitet haben, die tatsächlich vor uns liegen. In diesem Versäumnis – ob es schuldhaft ist oder nicht, spielt dabei gar keine Rolle – erkenne ich die Ursache unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten.

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