Bereichsnavigation Themen:

Die verschwundenen Armeen

Bild aus dem genannten Artikel: CNS/Paul HaringDiese Zahlen sind noch schlimmer, als vermutet: Im Jahr des neuen Frühlings 1965 gab es in den vereinigten Staaten 181421 Ordensfrauen in über 500 Gemeinschaften. 2016 waren es noch 47160 – gerade noch einmal ein Viertel. Und was noch schlimmer ist: Fast 80% dieses – man muß wohl sagen: kümmerlichen – Restes sind älter als 70 Jahre. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung für Frauen in den USA von 81 Jahren heißt das:  in 10 Jahren ist Sense. Von den heute noch bestehenden 420 Schwesterngemeinschaften werden dann um die 300 ausgestorben sein. Die übrig gebliebenen werden zum großen Teil dem traditionsverpflichteten Flügel der Kirche angehören. Bei den Benediktinerinnen Mariens, Königin der Apostel oder den unbeschuhten Karmeliterinnen von Jesus, Maria und Joseph und den Karmeliterinnen des Hl. Geistes gibt es teilweise mehr Eintrittswillige, als die Häuser aufnehmen können; das Durchschnittsalter liegt deutlich unter 40 Jahren – und das, obwohl heute öfter als in der Vergangenheit Frauen (Männer übrigens auch) erst nach Abschluß eines Studiums oder einiger Jahre im Berufsleben in eine Gemeinschaft eintreten.

In der Tendenz ist diese Entwicklung in allen „westlichen Industrieländern“ ähnlich. Dafür, daß sie in den Vereinigten Staaten besonders ausgeprägt ist, benennt Fr. Alexander Lucie-Smith, der diese und mehr Zahlen in einem Artikel für den Catholic Herald ausgewertet hat, einen ganz besonderen Grund:

Vor einigen Jahren hat der Vatikan eine Visitation aller religiösen Frauengemeinschaften in den USA eingeleitet. Das wurde, um es zurückhaltend auszudrücken, nicht überall gut aufgenommen. Einige sahen darin einen Angriff auf die amerikanischen Nonnen, andere einen finsteren Anschlag, um die amerikanischen Nonnen „zur Räson zu bringen“. Jedenfalls erbrachte die Visitation keine greifbaren Resultate. Tatsächlich gewinnt man den Eindruck, daß der Vatikan aus welchen Gründen auch immer das Interesse an der Untersuchung verlor und sich dazu entschloss, der Natur ihren Lauf zu lassen. Bestimme Orden werden nicht weiter existieren, andere dagegen schon. Und die Orden, denen sich immer noch Frauen anschließen wollen, sind im großen Ganzen traditionsorientierte – die anderen, die vor dem Aussterben stehen, eher nicht.“

Und dann überlegt er weiter, was das für die Zukunft bedeuten kann:

Es gibt, dank der Gnade Gottes, Zeichen des Wachstums in der Kirche. Aber es bleibt eine Tatsache, daß die Kirch von vor einigen Jahrzehnten, die sich auf ganze Armeen von Ordensschwestern und -brüdern stützen konnte, heute der Vergangenheit angehört. Ihr Verschwinden hat wenig länger als eine Generation gebraucht. … Für uns stellt sich die Frage, wie die Kirche künftig ohne das auskommen kann, was einst so wesentlich erschien, und ich ich bin noch nicht sicher, daß wir verstanden haben, was das bedeutet. Auch die Zeit der Reformation und der Gegenreformation erlebte das Absterben vieler Formen traditionellen religiösen Lebens und die Heraufkunft neuer Modelle, und so leben auch wir heute zwischen zwei Epochen – die eine schon abgestorben, eine andere noch kraftlos und nicht recht ins Leben getreten.“

Das ist wohl so – aber auch die Kirche der Zukunft kann nicht auf die Ordensschwestern und -brüder verzichten, selbst wenn es dann vielleicht keine ganzen „Armeen“ mehr sein werden. Die Kirche der Zukunft wird nur dann über eine katakombenartige Randexistenz hinaus wirken können, wenn es wieder ausreichend „Kraftzentralen“ des Gebets, des Gottesdienstes und der Glaubensverkündigung gibt, wie sie die Klöster des Mittelalters dargestellt haben. Diese Kraftzentralen werden in Zukunft immer größere Bedeutung haben - und für sie können wir auf bewährte Muster, Baupläne und Regelwerke zurückgreifen, die nur in Einzelheiten abgeändert werden müssen.

Die große Herausforderung der „neuen Zeit“ besteht darin, auch kirchlich gestützte gemeinschaftliche Formen für das spirituelle Leben und Wirken in einer Welt zu finden, in der alle Sozialdienste, Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege, Schulen und Hochschulen durchkommerzialisiert, akademisiert, regierungsamtlich reglementiert, betriebsrätlich totorganisiert, ideologisch gleichgeschaltet, quotengemäß gegendert und mafiamäßig unterwandert sind. Längst hat sich in der Maske des fürsorglichen Staates ein neuer Totalitarismus breit gemacht, der keine organisierte Tätigkeit mehr duldet und keine über das Private hinausreichende Lebensäußerung mehr hinnimmt, die nicht voll seinen immer enger gefassten Zielvorgaben entsprechen. Der Fürst der Welt hat sich da breit aufgestellt, seine Armeen haben in den vergangenen Jahrzehnten mächtig aufgerüstet. Eingehende Dialogangebote werden in der Abteilung Kapitulationserklärungen abgelegt.

Zusätzliche Informationen