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Sonntagspflicht bei der SSPX

Bild: Website der FSSPXEs ist schon merkwürdig, und wenn die Frage nicht doch ernst wäre, könnte man es komisch finden: Während ein Teil der Kirche allen Ernstes die Kommunion praktisch für alle zugänglich machen will und von der Voraussetzung des Gnadenstandes zum Kommunionempfang noch nicht einmal hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird, macht sich ein anderer Teil Gedanken darüber, ob man bei der Piusbruderschaft seine Sonntagspflicht erfüllen kann. Eine Pflicht also, die beim zuerst genannten Teil längst aufgegeben ist und durch ein Konstrukt ersetzt wurde, wonach – für die Statistik zumindest – als „regelmäßige Gottesdienstbesucher“ alle die gezählt werden, die mindestens einmal im Monat zur Kirche gehen.

Eine abschließende offizielle Aussage von wirklich autoritativer Stelle zum Thema gibt es nicht. Die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei, die zwar nicht für die Piusbruderschaft zuständig ist, aber für kirchentreue Katholiken als erste Anlaufstelle für alle Fragen zur überlieferten Liturgie und ihrem Umfeld gilt, hat sich in den vergangenen Jahren uneinheitlich geäußert. Im Januar 2003 beantwortete der damalige Sekretär der Kommission, Msgr Perl, eine entsprechende Anfrage mit „Im strikten Sinn können Sie Ihre Sonntagspflicht erfüllen, indem Sie einer Messe beiwohnen, die von einem Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. zelebriert wird“ und räumte sogar ein, daß ,dass ein bescheidener Beitrag zur Sonntagskollekte gerechtfertigt sein kann.“ Zehn Jahre später gab sein Nachfolger Guido Pozzo zunächst eine gegenteilige Auskunft, indem er auf die Frage, ob ein Katholik die Anforderung des Paragraphen 1248-1 im Kanonischen Gesetzbuch in einer Kapelle der Bruderschaft erfüllen könne, mit „negative“ antwortete. Im gleichen Jahr gab der gleiche Prälat auf die gleiche Frage dann aber eine eher ausweichende Antwort, deren Aussagekern, wenn überhaupt, nur von einem Kirchenrechtler herauspräpariert werden kann: „Solange die Bruderschaft keine kanonische Stellung in der Kirche hat, üben ihre Amtsträger auch keine rechtmäßigen Ämter in der Kirche aus. Es ist also zu unterscheiden zwischen der die Personen als Personen betreffenden disziplinären Ebene und der dogmatischen Ebene, bei der Amt und Institution in Frage stehen.(...)“ (Quelle)

Zusätzlich kompliziert stellt sich die Lage dar, seit Papst Franziskus der Bruderschaft für das Jahr der Barmherzigkeit eine Beichtvollmacht erteilt hat, die er anschließend auf unbestimmte Zeit verlängerte; ebenso gewährte er ihren Priestern die Befugnis, unter bestimmten Bedingungen (insbesondere der erfolgenden Eintragung in die diözesanen Familienstandsregister) namens der Kirche die Ablegung des sakramentalen Eheversprechens entgegen zu nehmen. (Quelle).

Nachdem die Frage nach der Sonntagspflicht anläßlich der jüngsten Pressemeldungen über den Stand der (Nicht-)Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen Vatikan und Bruderschaft erneut diskutiert wurde, hat sich Clemens Victor Oldendorf auf katholisches.info der Mühe unterzogen, die aktuelle Situation ein weiteres mal aus kirchenrechtlicher Perspektive zu beleuchten. Ohne sich abschließend festzulegen – was einem Nichts-Amtsträger auch nicht zustehen kann – läuft seine Stellungnahme doch darauf hinaus, die Teilnahme an der Messe der Bruderschaft als Erfüllung der Sonntagspflicht anzuerkennen. Dem können wir uns nur anschließen. Und nicht aus einer Geringschätzung der Bindungskraft des geltenden Rechtes gegenüber „pastoralen Erwägungen“, sondern deshalb, weil die informierte Gewissensentscheidung des Einzelnen in dieser insgesamt höchst unübersichtlichen Situation und bei einer auch seitens der zuständigen Autorität unklar und widersprüchlich behandelten Frage tatsächlich den Ausschlag geben muß.

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