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Es wird ernst

Papst mit Tiara und ChormantelDer 15. April war vom Vatikan der Piusbruderschaft als Termin genannt (nicht als Ultimatum gesetzt), um die seit über einem Jahr diskutierte „lehrmäßige Präambel“ zu einer Vereinbarung über die Rückkehr zur vollen Einheit mit dem Papst zu unterschreiben. Am 17. April übergab Bischof Fellay das unterschriebene Dokument – mit einigen von ihm vorgenommenen Änderungen. Seitdem haben die Vatikan-Astrologen hohe Konjunktur. Hat die Bruderschaft die Auflagen der Glaubenskongregation im wesentlichen erfüllt und wird – zumindest mit den Mitgliedern, die diesen Weg mitgehen wollen – demnächst wieder in die offizielle Struktur der Kirche zurückkehren? Oder sind die Änderungen so weitgehend, daß sie eine Ablehnung unaufgebbarer Positionen der Kirche bedeuten und auch dieser Einigungsversuch scheitert?

Was Hoffnung macht: Ganz entgegen modernen vatikanischen Gepflogenheiten ist bis jetzt weder der ursprüngliche Text der „Präambel“ noch eine seiner verschiedenen Bearbeitungsstufen an die Öffentlichkeit gelangt: Da reden Leute miteinander, die es ernst meinen.

Die Gegner einer Rückbindung des 2. Vatikanischen Konzils und seiner Geister in die Tradition von 21 Konzilien sind jedenfalls aufs höchste besorgt. Zentralkomitees-Katholik Wolfgang Thierse zitiert den – mit der Sache freilich nicht befassten – Kardinal Koch dahingehend, Rom habe gegenüber den „Piusbrüdern“ in nichts nachgegeben“ . Was der Kardinal so ganz bestimmt nicht gesagt hat. Der amerikanische Vatikanist John Allen, der für den ultraliberalen „National Catholic Reporter“ schreibt, weiß zu berichten, selbst das Opus Dei und andere „letzte Getreue“ verweigerten dem Papst bei seinem Versuch, die Bruderschaft zurückzuholen, die Gefolgschaft. Nicht ohne Grund nennen in den USA viele das auf strammem Los-Von-Rom-Kurs segelnde Blatt den „National Catholic Distorter“.

Unterdessen geschehen rundum erstaunliche Dinge: Der Bamberger Erzbischof Schick begrüßt angesichts positiv klingender Nachrichten aus Rom ausdrücklich die Einigungsbemühungen des Papstes und fügt hinzu, hinsichtlich der Liturgie sei einiges zu diskutieren, da es dort in der Euphorie des Konzils auch zu „Abwegen“ gekommen sei. Der amerikanische Erzbischof und päpstliche Nuntius in der Ukraine, Thomas E. Gullickson, weist in einer Zuschrift an den Blog „Rorate Caeli“ die Spekulationen des „National Catholic Reporter“ zurück als einen Versuch, „die Rekonziliation, für die wir ernstlich und unaufhörlich Gottes Segen erbitten“ zu verhindern. Kardinal Brandmüller, gerade auf Deutschlandbesuch, prognostiziert, daß ein Großteil der Bruderschaft die in seinen Augen unmittelbar bevorstehende Einigung mittragen werde.

Bischof Fellay, die Oberen der Piusbruderschaft in Deutschland, USA und anderen Ländern fordern ihre Anhänger auf, für den guten Ausgang der Einigungsbemühungen zu beten – ohne dabei bestimmte Bedingungen zu nennen. Bisher stand immer die Forderung, dass eine Einigung mit Rom erst dann sinnvoll und erlaubt wäre, wenn Rom das II. Vatikanum, die neue Liturgie und diverse „Irrtümer“. aufgäbe und sich zur Tradition nach Lesart der Bruderschaft bekehre.

Genau diese Forderung scheint jetzt entfallen zu sein – und ebenso die bisherige römische Gegenforderung, das II. Vatikanum und die reformierte Liturgie in toto „anzuerkennen“ – was immer eine solche Anerkennung bedeuten möge. Anscheinend will sich der Vatikan nicht länger der niederschmetternden Einsicht verschließen, daß viele Theologen und Bischöfe das vergangene Konzil und die Liturgie Pauls VI. selbst in Worten nur unter Vorbehalt anerkennen und in Taten bereits als „überwunden“ behandeln, ohne daß Rom ihnen deshalb bisher die Gemeinschaft aufgekündigt hätte.

In den letzten Tagen sind nun weitere bedeutsame Wortmeldungen aus der Piusbruderschaft bekannt geworden. P. Michel Simoulin hat im Mitteilungsblatt der von der FSSPX betreuten Dominikanerinnen von Fanjeaux geschrieben: „Wir können nicht 88er bleiben, wie das einer unserer Bischöfe ausgedrückt hat. Wir sind nicht im Jahr 1975 mit Paul VI. und auch nicht im Jahr 1988 mit Papst Johannes Paul II., sondern in 2012 mit Papst Benedikt XVI. Man mag sagen, soviel man will, daß der Zustand der Kirche immer noch große Besorgnis hervorruft, daß die Theologie unseres Papstes manchmal seltsame Züge aufweist usw - das alles haben wir oft genug gesagt - aber man kann nicht sagen, daß der Stand der Dinge wie 1988 oder gar noch schlechter wäre. Das ist gegen die Wahrheit und gegen die Realität, und dahinter steckt letztlich nichts anderes als eine mehr oder weniger verborgene Ablehnung jeder Rekonziliation mit Rom überhaupt...“

P. Schmittberger schreibt in seinem Editorial zur Mai-Ausgabe des deutschen Mitteilungsblattes „Wenn Rom uns nun aus dem Exil zurückruft, in das wir 1975 mit der Aberkennung der Approbation und noch mehr 1988 mit dem Exkommunikationsdekret verstoßen worden sind, dann ist dies ein Akt der Gerechtigkeit und zweifellos auch ein Akt echter Hirtensorge Papst Benedikts XVI. Und dafür sind wir dankbar.“ Der Superior für Benelux, P. Benoit Wailliez, revidiert die Starrheit, die sich bisher stets auf das Vermächtnis „des Erzbischofs“ berief, mit den Worten: „(Erzbischof Lefebvre) hätte ohne Bitterkeit und ohne Kompromiss eine kanonische Anerkennung akzeptiert, auch wenn sie von einer Autorität gekommen wäre, die noch stark in modernen Irrtümern befangen ist, aber doch willens, den Kurs des großen Schiffs der Kirche, in das das Wasser von allen Seiten eindringt, zu korrigieren.“

Der dem verstorbenen Erzbischof als Assistent besonders nahestehende Pater Pfluger erklärte schließlich am 29. April bei einer Veranstaltung der Actio Spes Unica in Hattersheim „Unter diesen Umständen hält es der Generalobere, Bischof Bernard Fellay, nicht für möglich, das Angebot des Papstes zurückzuweisen. Es käme einem Abgleiten in den Sedisvakantismus gleich, sollte man sich dem Wunsch des Heiligen Vaters auch dann noch verschließen, wenn dies mit keinerlei Anerkennung falscher Glaubenslehren verbunden ist“. Die ganze zweistündige Rede von P. Pfluger gibt es hier zu hören; eine kurze Zusammenfassung wichtiger Punkte bringt katholisches.info.

„Es käme einem Abgleiten in den Sedisvakantismus gleich…“ Noch stärkere Worte für die Annahme der offenbar beschlossenen Vereinbarung durch möglichst viele Angehörige und Freunde der Bruderschaft sind kaum vorstellbar. Es wird ernst.

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