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Von Kriegen und Kriegsgerüchten

Bild: ArchivDom Alcuin Reid ist derzeit einer der wenigen Liturgiewissenschaftler, die diese Bezeichnung wirklich verdienen. Und als Prior der kleinen Gemeinschaft von Saint Benoit ist Liturgie für ihn  kein äußeres Objekt akademischen Interesses, sondern Zentrum der Existenz und Lebenselixier. In einem Artikel für CatholicWorldReport hat sich Dom Alcuin jetzt zu den befürchteten Eingriffen in Summorum pontificum geäußert. Dabei gelingt ihm gleich im zweiten Absatz ein kurzes Psychogramm der Gegner der überlieferten Liturgie, das zum Treffendsten gehört, was wir bisher in dieser Art gelesen haben. Er spart aber auch nicht mit Kritik und Mahnung an die eigene Adresse der „Altrituellen“ - und auch das trifft genau, selbst da, wo es wehtut. Hier unsere Übersetzung:

Es beginnt ein langes ZitatDie Kreise, die die Liturgie des usus antiquior pflegen, sind derzeit von Unruhe erfüllt. Wie es scheint, berät der Vatikan über neue Richtlinien zur Einschränkung von dessen Feier zumindest in Pfarreien. Einige Bischöfe scheinen bereits in dieser Richtung vorzugehen und ergreifen Maßnahmen gegen gute Priester und solide Apostolate, die keinerlei Grund zu Bedenken geben – außer daß sie 1) überhaupt existieren, 2) wachsen und zunehmen, und 3) gute katholische Ehen und Familien hervorbringen, aus denen dann wieder beträchtliche Zahlen von Berufungen zum Priestertum und zu Ordensberufen hervorgehen – alles Anzeichen also dafür, daß dieses Phänomen so schnell nicht verschwinden wird.

Wir leben schon in einer merkwürdigen Zeit, wenn das Bedenken hervorruft. Aber es gibt Leute, die die Neuerungen, die Liturgie und die Kirchlichen Reformen, die nach dem jüngsten ökumenischen Konzil als Mittel zur Herbeiführung eines neuen Frühlings für das Leben der Kirche eingeführt wurden, so sehr verabsolutiert haben, daß diese für sie zu Zielen an sich geworden sind. Für diese Leute muß man an diesen Mitteln auch dann festhalten, wenn längst schon deutlich geworden ist, daß ihre Ziele – nämlich die grundlegende Erneuerung, zu deren Einleitung sie vor einigen Jahrzehnten gedacht waren – schlichtweg nicht erreicht worden sind. Sie können zu Götzen werden, die nur noch ihrer eigenen Verehrung dienen.

Hier geht es weiterNächstenliebe, Gebet und Geduld sind die Waffen, mit denen man solcher Kurzsichtigkeit entgegentreten kann. Bitte, lieber Gott, laß die Menschen, die davon betroffen sind, offen werden für die Zeichen der Zeit, in der wir tatsächlich leben und zu denen auch der Reichtum, die Schönheit und die Fruchtbarkeit des usus antiquior im Leben der Kirche gehört. Und auch für die Tatsache, daß dessen Feier heute oft weitaus mehr von jener vollen, bewußten, tatsächlichen und fruchtbaren Teilnahme an der Liturgie bewirkt, wie sie das zweite Vatikanische Konzile verlangt hat, als man anderswo finden kann (natürlich gibt es bemerkenswerte Ausnahmen in beiden Richtungen). Viele Bischöfe, die den alten Ritus für Gemeinden in ihren Diözesen zelebriert haben, haben diese Tatsache zu schätzen gelernt. Bitterkeit angesichts der Verständnislosigkeit dafür wird nur die Vorurteile verstärken.

Deshalb müssen auch wir als Gemeinschaften für den usus antiquior eine Gewissenserforschung vornehmen. Die Einnahme einer sektiererischen Haltung oder die Schaffung eines Ghettos war vielleicht in den verrückten Zeiten nach dem Konzil verständlich, ist aber heute nicht mehr haltbar. Die liturgischen und seelsorglichen Reichtümer unserer Gemeinschaften sind zum Wohle der ganzen Kirche und nicht das Privileg einiger weniger „wissender“ Auserwählter. Das christliche Leben derer, die sich davon nähren, muß daher ganz besonders glaubhaft sein, insbesondere auch hinsichtlich der Soziallehre der Kirche. Das Licht unserer Gemeinschaften – für jede entsprechend ihrem eigenen Charisma – muß daher „so vor den Menschen leuchten, daß sie (unsere) guten Werke sehen und den Vater, der im Himmel ist, preisen. (Math 5, 16).

Für Klerikalismus kann es nirgendwo Raum geben, und die Seminare der Institute, die den alten Ritus feiern, müssen sicherstellen, daß sie Männer ausbilden, deren seelsorglicher Eifer mit ihrer Liebe zur Heiligen Liturgie übereinstimmt. Sie müssen Männer sein, die für die Bekehrung der Welt des 21. Jahrhunderts zu Christus leben und arbeiten und nicht solche, die in einem goldenen Käfig leben, den sie nach dem Modegeschmack des von ihnen bevorzugten Jahrhunderts in der Geschichte eingerichtet haben. Die kirchlichen Autoritäten sind zu Recht beunruhigt, wenn sie bei Klerikern einen selbstgenügsamen Narzissmus feststellen – eine Erscheinung, die keinesfalls alleine bei Anhängern der älteren Riten oder nur bei jüngeren Geistlichen vorkommt.

Eine der ersten Prüfungen eines jungen Mannes, der ins Klosterleben eintreten möchte, besteht darin, zu sehen, ob er zu harter körperlicher Arbeit fähig ist, ohne sich zu beschweren. Die meisten Bewerber haben wenig Schwierigkeiten, am Stundengebet teilzunehmen (vielleicht mit Ausnahme der Matutin), aber fast alle von uns müssen erst lernen, daß zwar die treue Einhaltung der Vorschriften der liturgischen Bücher wesentlicher Bestandteil der Gott gebührenden Verehrung ist, daß aber auch Toiletten und Hühnerställe sauber gemacht werden müssen. Der Bewerber, der beides kann oder dem zumindest bewußt wird, daß er die Fähigkeit zu beidem entwickeln muss, wird ein guter Mönch.

Unsere Gemeinschaften und Ausbildungsstätten des alten Ritus bedürfen der gleichen Ausgewogenheit und Mäßigung. Junge Leute brauchen Raum, Zeit und Geduld, sie brauchen Liebe und Verständnis, um darin zu wachsen und zu reifen. Die Älteren, vor allem die Inhaber von Autorität oder die Verantwortlichen für die Ausbildung, müssen ihnen das und noch mehr geben, auch wenn sie selbst die Narben davon tragen, daß man ihnen eben das vorenthalten hat. Und deshalb müssen auch die Gemeinschaften des usus antiquior die Kandidaten zu Männern der Kirche heranbilden und nicht zu selbstzufriedenen Rad-Trads nach eigenem Geschmack oder zu Liturgie-Managern à la carte, die voller Ängste, Isolation oder Stolz eine virtuelle Welt – oder Kirche – nach eigenem Zuschnitt bewohnen.

Es ist zu hoffen, daß die jetzt hervorgerufenen Ängste und Befürchtungen hinsichtlich einer Einschränkung ders usus antiquior besänftigt werden können und daß keine Autorität verbindliche Vorgaben erläßt, die aller Wahrscheinlichkeit nach doch nur die eigene Autorität untergraben. Blinder Gehorsam gehört längst nicht mehr zur Grundausstattung katholischer Kleriker und Laien und wirkt nicht mehr so zuverlässig wie vor einem halben Jahrhundert. Ein entschiedenes Verbot dessen, was wahr, gut und schön ist, würde wahrscheinlich Feindschaft, Klerikalismus und Entfremdung innerhalb der Kirche nicht heilen, sondern verstärken.

Ein Verbot des usus antiquior wegen seiner zunehmenden Popularität fünfzig Jahre nach seiner Ablösung durch eine Liturgiereform, die nach dem hl. Paul VI. doch zum pastoralen Wohl der Kirche notwendig das Opfer der verehrungswürdige alte Liturgie verlangte, wäre zudem ironischerweise nichts anderes als ein Eigentor: das historische, vielsagende und höchst irritierende Eingeständnis des grandiosen Scheiterns dieser Reform gerade durch diejenigen, die sich ihrer ideologischen Aufrechterhaltung um jeden Preis verschrieben haben.

„Ihr werdet von Kriegen und Kriegsgerüchten hören. Gebt acht, lasst euch nicht erschrecken! Das muss geschehen. Es ist aber noch nicht das Ende … Doch das alles ist erst der Anfang der Geburtswehen...“ warnt uns der Herr im Matthäus-Evangelium (24,6-8). Die Apokalypse, von der unser Herr spricht, endet schließlich im endgültigen Sieg des Guten über das Böse, von Gott über den Teufel. Wir leben in schwierigen Zeiten, und sie können noch schwieriger werden. Mißverständnisse, Leiden und sogar Verfolgung können erneut unser Los werden. Doch letzten Endes erwartet uns eben dieser Sieg, wenn wir nur geduldig, barmherzig und glaubenstreu bleiben was immer auch geschieht. Oremus!

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