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Eine Rituskirche für die Tradition?

Bild: Kevelaer ZeitungVon F. N. Otterbeck

Peter Kwasniewski hat auf einige markante Schwächen des Motu proprio "Summorum pontificum" von 2007 aufmerksam gemacht, die allerdings auch von den Kritikern der relativen Freigabe der "alten Messe" bisweilen strapaziert werden. Die Redeweise von zwei Formen desselben Ritus wird von beiden Parteien als Wunschdenken empfunden. Papst Benedikt XVI. beabsichtigte vermutlich eine Konvergenz: der ältere usus sollte sich dem neuen öffnen, vor allem aber der neue wieder mehr wie der ältere zelebriert werden. Diese Perspektive war nicht tragfähig, vor allem weil der "novus ordo" immer weiter degeneriert. In keiner Fernsehmesse des ZDF kommt das Messbuch von 1970 selber zu Wort, allenfalls ungefähr. Die meisten Zelebranten im deutschen Sprachraum lösen die Form der "neuen" Liturgie noch immer weiter auf. Der Originaltext des Missale, auch auf Deutsch, enthält immer noch viel zu viel katholische Religion, um im Horizont der "Gegenwart" (d.h. des 'Neuen Dogmas') den Zuhörern zumutbar zu sein.

Allerdings wurde der "novus ordo missae" nicht einfach anlasslos aus böswilliger Experimentierfreude geschaffen. Zur Überraschung aller war mit dem Konzil und danach die überlieferte Liturgie zusammengebrochen. Warum dies nach so alter Tradition überhaupt geschehen konnte, wird von traditionsorientierter Seite zu schlicht mit einem Versagen der hierarchischen Autorität beantwortet. Papst Paul VI. ist mit der Reform von 1970 über die Vorgaben des Konzils hinausgegangen, weil diese Forderung "in der Luft lag". Klerus und viele Laien strebten über die Vorgaben noch hinaus, bis heute. Die liturgische Gesetzgebung um 1970 hatte also auch einen konservativen Zug, sollte den Schaden begrenzen, der längst eingetreten war.

Die Entwicklung der letzten 14 Jahre legt nahe, dass sich der liturgische Modernismus weniger denn je mit der Tradition anfreunden wird. Eine Konvergenz beider "Formen" der römischen Liturgie ist nicht in Sicht. In manchen Weltgegenden wird die "neue" Liturgie nur noch in das Absterben liturgischer Praxis einmünden, beispielsweise in vielen deutschen Diözesen. In anderen Weltgegenden 'funktioniert' das Glaubensleben mithilfe der "erneuerten" Liturgie in der Volkssprache und kaum jemand vermisst die lateinische Messe, egal ob alt oder neu. Insofern hat das pastorale Motiv für die Liturgiereform mancherorts Früchte getragen. "Bei uns" wäre das vielleicht auch möglich gewesen, wenn nicht gleichzeitig mit der liturgischen Sittenverwilderung die vorsätzliche Demontage der Theologie, Katechse und Moral der katholischen Kirche durchgesetzt worden wäre.

Hier geht es weiterDie Anordnung des jüngsten Konzils, dass die lateinische Sprache in der Liturgie erhalten bleiben solle, wurde nicht respektiert und ist jetzt neuen Angriffen ausgesetzt. Die Entscheidung für eine "kommunikative" Liturgie beschränkt bereits die Anwendbarkeit der toten Kirchensprache. Wenngleich die in der "alten Messe" laut gesprochenen Texte auch in der "neuen Messe" laut auf Latein gesprochen werden könnten (und der Rest deutsch) ohne das betende Publikum zu überfordern. Die Frage, die heute im Raum steht, dürfte wohl die sein, was zu folgen hat, wenn eine Konvergenz von "alt" und "neu" nicht stattfindet. Separation in Frieden?

Innerhalb der katholischen Kirche existieren bekanntlich zahlreiche Kirchen "sui generis" mit eigenem Ritus. Diese beruhen auf eigener Tradition und wurden bislang nicht administrativ neu geschaffen. Da aber der "neue Ritus" administrativ neu geschaffen wurde, dem Konzil mehr oder weniger gehorsam, könnte es im Umkehrschluss zulässig erscheinen, für den "alten Ritus" eine eigene Administration einzurichten, unabhängig von den Ortsbischöfen. Das wäre sozusagen eine "Lateinische Eigenkirche" inmitten der lateinisch-volkssprachlichen Universalkirche. Ein Bedürfnis hierfür besteht möglicherweise vor allem im deutschsprachigen Raum, weil hier die liturgische Divergenz überdies mit enormen ideologischen Problemen belastet ist. In Frankreich oder USA hat "Summorum pontificum" vermutlich mehr Frieden stiften können, weil auch Gläubige, die in der "neuen Liturgie" zuhause sind, nicht vollends vom Glauben abfallen. Die Errichtung eines eigenen Ordinariats für die "deutschen" Lateiner sieht momentan noch utopisch aus, vor allem weil der Status der Piusbruderschaft noch immer ungeklärt ist. Man sollte über die Idee allerdings weiter nachdenken.

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