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Rachefeldzug gegen Papst Benedikt?

Die endlose Geschichte um die Franziskaner der Immakulata

PorträtphotoAm 5. Januar veröffentlichte der katholische Publizist Antonio Socci in seinem Blog einen sehr emotionalen Beitrag über die Entwicklung um die  Franziskaner der Immakulata, den wir im Folgenden ungekürzt wiedergeben. Socci, der der Bewegung Communio e Liberacione nahesteht, ist einer der bekanntesten katholischen Autoren Italiens, konservativ, aber bisher weder als besonderer Freund der überlieferten Liturgie noch gar als Gegner des 2. Vatikanums hervorgetreten. Er ist ein Katholik, der einfach katholisch sein und bleiben möchte – das verleiht seinem Aufschrei besonderes Gewicht.

Es beginnt ein langes Zitat Im Vatikan gibt es eine neue Inquisition

Weiß der Papst eigentlich, was man in seinem Namen den „Franziskanern der Immakulata“ antut? Erst vor zwei Tagen hat der Papst zu Recht festgestellt, daß man das Evangelium „nicht mit Schlägen verkündet, sondern mit Liebe und Freundlichkeit“. Und dennoch hat man die Franziskaner der Immakulata ohne Ursache oder Vergehen auf ihrer Seite gestürmt, geschlagen und verworfen. Man macht einen der wenigen Orden platt, der noch rechtgläubig ist und viele Berufungen hervorbringt – und der sich der Wertschätzung und Unterstützung von Papst Benedikt XVI. erfreute.

Am schlimmsten ist, daß die Zerstörung im Namen von Franziskus ins Werk gesetzt wird. Aber ist es denkbar, daß der Papst der Freundlichkeit diese Methoden der Verfolgung billigt?

Der Schlag zielt auf die Besten

Eigentlich sollte man die Franziskaner der Immakulata angesichts des allgemeinen Niedergangs der Ordensgemeinschaften (keine Berufungen, verbreite doktrinäre und disziplinäre Probleme, viele bekannte Schwachpunkte) als Vorbild ansehen: Sie leben tatsächlich in radikaler Armut, sie haben viele Berufungen, führen ein hartes asketisches Leben, üben vielfache Werke der Barmherzigkeit an den Armen und ausgestoßenen, verkünden die gute Nachricht mit Eifer und sind gehorsam gegenüber der Kirche. In den vergangenen Monaten der Unterdrückung haben sie alles in Demut und Schweigen ertragen.

Viele Gläubige waren entsetzt über die Härte, mit der gegen die FFI vorgegangen worden ist. Es gibt Leute, die darüber weinen, daß diese guten Brüder zum Rückzug aus den Gemeinden gezwungen worden sind, in denen sie bis jetzt gearbeitet haben. Ich hatte niemals direkt etwas mit ihnen zu tun, aber als unparteiischer Beobachter bewundere ich sie. Und ich frage mich: Warum diese Härte gegenüber Ordensleuten, die ein so großartiges Beispiel geben und den Gläubigen wahrhaft Maßstäbe für ein geistiges Leben liefern? Niemals ist solche Härte gegenüber Ordensleuten, Priestern und Theologen eingesetzt worden, und wenn sie noch so große Probleme hinsichtlich der Lehre, der Disziplin oder anderer Gebiete hatten.

Die Nachkonzilszeit beispielsweise war eine Katastrophe: Zehntausende von Ordensleuten warfen das Ordenskleid weg. „Ideen, die im Widerspruch zu geoffenbarten Wahrheit standen, wie sie immer gelehrt worden ist, wurden weithin verbreitet“ stellte Johannes Paul II. fest, „man stellte substantielle Irrlehren im Hinblick auf Dogma und Moral auf, säte Zweifel, Verwirrung und Rebellion. Sogar an der Liturgie vergriff man sich. In dem verbreiteten intellektuellen und moralischen Relativismus und der entsprechenden Laxheit und einem auf seine soziale Dimension reduzierten Christentum ohne Dogmen und objektive Moralmaßstäbe wurden die Christen zum Atheismus, Agnostizismus und moralischen Subjektivismus verleitet.“

Das Desaster der Jesuiten

Gerade die Gesellschaft Jesu, und das weiß Bergoglio sehr wohl, befand sich im Auge des Orkans und einige ihrer Mitglieder haben die theologische Verwirrung genährt. Aber gegen sie wurden zu keiner Zeit solche Schritte unternommen wie heute gegen die „Franziskaner der Immakulata“.

Nach den offiziellen Statistiken sind zwischen 1965 (dem Abschlußjahr des Konzils) und 2005 die Mitgliederzahlen bei den Jesuiten um 45%, bei den Salesianern ebenfalls um 45%, bei den Franziskanern um 41%, den Kapuzinern um 29%, den Benediktinern um 35% und bei den Dominikanern um 39% gefallen. Im Gegensatz dazu haben die Franziskaner der Immakulata, die in den 70er Jahren von P. Stefano Maria Marinelli und P. Gabriel Maria Pellettieri gegründet wurden, von Anfang an viele Berufungen angezogen. Nach ihrer kirchlichen Anerkennung 1990 und einem päpstlichen Dekret von 1998 gibt es heute weltweit etwa 400 Brüder in 55 Niederlassungen, die Schwestern haben die gleiche Zahl in 47 Häusern. Ihre Berufungen – von denen in den meisten Diözesen bitterer Mangel herrscht – nehmen in bemerkenswertem Ausmaß zu. Eine wahrhaft von Gott gesegnete Gemeinschaft.

Und im vergangenen Juli fasste die Ordenskongragation im Vatikan den Beschluss, diese blühende Ordensfamilie zum Gegenstand einer Untersuchung zu machen.

Die Verfolgung

Seitdem wurde der Gründer. P. Stefano Manelli, in Isolation verbracht (seine Mitbrüder können ihm weder schreiben, noch mit ihm telephonieren, ihn besuchen oder in sonst einer Weise Kontakt mit ihm aufnehmen). Alle Brüder, die verantwortliche Positionen bekleideten, wurde an entfernte Orte versetzt, vielfach im Ausland, die mit der Gemeinschaft verbundenen Laiengemeinschaften wurden suspendiert, das Seminar wurde geschlossen, Weihen zum Priester oder zum Diakon sind ausgesetzt. Der Kommissar konnte seine Hand nicht auf die vom Orden veröffentlichten Publikationen legen, da diese Laien gehören – deshalb verbot er den Ordensangehörigkeit jede Zusammenarbeit mit ihnen. Wahrlich, eine eiserne Hand.

Niemand kann annehmen, daß der Papst der Zärtlichkeit so etwas will oder anordnet. Der Widerspruch zwischen dem, was er lehrt (Liebe und Freundlichkeit, keine Schläge) und der konkreten Praxis, die an den Geist der Inquisition gemahnt, wäre zu groß. Aber es trifft schon zu, daß die Inquisition, mit deren Verfahrensweisen nicht zuletzt dank Joseph Ratzinger Schluss gemacht wurde, im Lauf der Geschichte oftmals Heilige aufs Korn genommen hat. Der letzte in der Reihe war Pater Pio. Wie allgemein bekannt ist, erlebte der heiligmäßige Kapuziner zwischen 1960 und 1961 unter dem sogenannten „Guten Papst“ sehr schwere Zeiten und Strafmaßnahmen. Sie waren völlig ungerechtfertigt, wie an seiner vollständigen Rehabilitierung durch Papst Paul VI. und die Heiligsprechung des Stugmatisierten durch Papst Johannes Paul II. zu sehen ist.

Es ist erstaunlich, daß ein Heiliger wie er derart verfolgt wurde, während man gleichzeitig in der Kirche Theologen wie Karl Rahner in den Himmel lobte, den der Roncalli-Papst zu einem der Konsultatoren des 2. Vaticanums ernannte.

Rahner hatte äußerst verderblichen Einfluss auf die nachkonziliare Theologie, es reicht zu wissen, daß Hans Küng sein würdiger Schüler war. Seine Theorie von den „anonymen Christen“ war reines Gift. Es gibt Theologen, die die Dogmen des Katholischen Glaubens, Unsere Liebe Frau und die Heiligen zur Diskussion stellen. Aber über Rahner darf nicht diskutiert werden.

Allerdings war unter den mutigen Initiativen der theologischen Neubesinnung mit der sich die Franziskaner der Immakulata in den vergangenen Jahren befassten, tatsächlich auch eine Konferenz mit dem bezeichnenden Titel: „Karl Rahner – eine kritische Analyse.“ Ganz im Widerspruch zur herrschenden „progressiven Theologie“ von heute.

Finstere Inquisitoren

Viele haben den Verdacht, daß solche Umstände dazu beitrugen, die Franziskaner der Immakulata zum Ziel der klerikalen Mächte zu machen, bei denen heute Würdenträger wie der Brasilianische Kardinal João Braz de Aviz, der in der Vergangenheit bei der Befreiungstheologie mitmischte, den Ton angeben. Er ist ja auch der Präfekt der Kongregation, die die Einsetzung des Kommissars angeordnet hat.

In einem Interview, das er vor einiger Zeit gegeben hat, ging der Prälat auf die Erfahrungen dieser Phase seines Lebens ein, merkwürdigerweise jedoch ohne sich der Verurteilung der Irrtümer der Befreiungstheologie anzuschließen, die von Papst Johannes Paul II und Joseph Ratzinger ausgesprochen worden war. Stattdessen Bekräftigte er: Ich bleibe davon überzeugt, daß sich damit eine wichtige Entwicklung für die ganze Kirche vollzogen hat.

Ja, eine große Katastrophe.

Und nun haben wir also neue „progressive“ Verhängnisse wie die Vernichtung der Franziskaner der Immakulata. Wenn diese Ordensleute Anhänger Rahners, Küngs oder der Befreiungstheologie gewesen wären, hätte ihre Verfolgung einen Skandal in den Medien ausgelöst. Aber sie sind der Kirche treu, und daher verteidigt sie niemand.

Manche glauben, daß das Teil eines Rachefeldzugs gegen Papst Benedikt XVI. wegen seines Motu Proprio ist, mit dem er die Überlieferte Liturgie rehabilitierte. Das hatte heftige Gegenreaktionen in der Kurie und unter den Bischöfen ausgelöst. Dagegen haben die Franziskaner der Immakulata das Motu Proprio getreulich umgesetzt, weil sie in Gemeinschaft mit dem Papst stehen wollten. Kann man ihnen das jetzt vorwerfen?

Ich fürchte, daß ihre Vernichtung den gegenwärtigen Papst schwer beschädigen wird. Sie zerstört ein wertvolles Charisma der Kirche und leitet Wasser auf die Mühlen der Lefebvrianer, die Bergoglio bereits öffentlich attackiert haben. Nun können sie sagen: Seht her, in der Kirche von Franziskus ist Platz für jeden – außer für Katholiken.

Ich habe den Papst immer gegen solche Angriffe in Schutz genommen. Ich hoffe, daß er diese unglaubliche Verfolgung sobald wie möglich beendet und Wahrheit und Gerechtigkeit wiederherstellt, wenn er über die tatsächlichen Sachverhalte unterrichtet wird.“

*

Seit dem 5. Januar ist inzwischen eine volle Woche vergangen, ohne daß man von dem von Socci erhofften Eingreifen des Papstes gehört hätte. Stattdessen gingen Bil-der vom Besuch des Papstes in S. Maria Maggiore um die Welt, die ihn in herzlichem Einvernehmen mit Kommissar Volpi zeigten.

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