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Der Papst - Treuhänder der Lehre

Eigene Montage unter Verwendung eines Photos von Max Rossi, ReutersLetzte Woche überraschte seine glückhaft regierende Heiligkeit Franziskus I. das fromme Volk mit der Ankündigung einer Neufassung des Kirchenrechtes, das sich „permanent dem Kirchenbild anpassen müsse“, wie es sich durch das zweite Vatikanische Konzil weiterentwickelt habe. In dieser Woche hat er verlangt, den Katechismus zu ändern, um die strikte Ablehnung der Todesstrafe darin zu verankern: Diese widerspreche dem Evangelium und sei absolut unzulässig. Zwischendurch hat sein bevorzugter Gesprächspartner Eugenio Scalfari frohgemut verkündet, der Papst habe die Hölle abgeschafft. Nur die Seelen in der Gnade hätten Bestand – die anderen hörten im Tode auf zu existieren. Franziskus selbst hat die Kirche aufgerufen, sich der am Horizont sichtbaren kommenden Kulturrevolution anzuschließen und sich dazu selbstkritisch mit ihren bisherigen Fehlern zu beschäftigen – hier im Video.

Dazu paßt es, daß letzte Woche der Chefkarikaturist der kommunistischen Parteizeitung L‘Unita und bekennende Atheist Sergio Staino die Aufgabe eines Wochen-Karikaturisten für die Zeitung der italienischen Bischofskonferenz Avvenire übernommen hat. Sehr zur Überraschung des eigentlich für die Zeitung zuständigen Generalsekretärs der Bischofskonferenz, der 2013 von Franziskus eingesetzt worden war, inzwischen aber in Ungnade gefallen zu sein scheint. Und der Verlag der linksradikalen Postille Il Manifesto hat zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution am 5. 10. einen Band mit Reden des Papstes herausgegeben, „weil wir der Meinung sind, daß diese Botschaften des Papstes unserer Botschaft entsprechen und wir unseren Lesern die Radikalität und die Schlichtheit dieser Worte nahebringen wollen“. (Quelle)

Mit theologischen Einzelheiten können wir uns später befassen. Hier zunächst nur soviel: Die Verwirrung in der Kirche unter dem Papst der Überraschungen hat ein Ausmaß erreicht, für das es in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche kein Beispiel gibt. Kein Wunder, daß an vielen Stellen und auf die merkwürdigste Weise darüber nachgedacht wird, wie mit der unkoordinierten Flut von Texten, Weisungen, Andeutungen und Gerüchten aus dem Palast von Sa Martha umzugehen ist. Nur als Beispiele seien genannt ein Artikel auf dem von uns geschätzten onepeterfive, der sich fragt „Hat der Papst soeben indirekt auf Prof. Seifert und eines der Dubia geantwortet?“. Und ein nur in Grenzen ernstgemeinter Beitrag des noch höher geschätzten Fr. Hunwicke, der ein Verfahren vorschlägt, wie eine von dem Nachfolger Franzens einzuberufende Synode die authentische Lehre der Kirche wiederherstellen könnte.

Zur Frage der indirekten Antwort: Eine Antwort, bei der man rätseln muß, ob sie eine ist, ist keine Antwort. Ebenso: Eine Lehre, bei der man rätseln muß, ob sie eine Lehre ist oder sein soll, ist keine Lehre. Eine über Mittelsleute, seien es Atheisten oder Kardinäle, kolpierte päpstliche Äußerung, ist für die Lehre irrelevant. Irrelevant als Aussage des „Lehramtes“ sind auch vom Papst selbst mündlich oder schriftlich getroffene Aussagen, die so mehrdeutig sind, daß sie von einer Bischofskonferenz auf die eine und von einer anderen Bischofskonferenz gerade entgegengesetzt ausgelegt werden – vom Meinungsstreit der Theologen ganz zu schweigen. Das Lehramt der Kirche ist eingesetzt zur treuhänderischen  Verwaltung der Lehre Christi und nicht zum Säen von Zweifeln oder zur Kreation von Novitäten. Soweit ein Mann auf dem Stuhl Petri der Versuchung zur Predigt eines postmodernen „anything goes“ erliegt, produziert er Geschwätz. Was mit einem Federstrich verfügt wurde, kann mit einem zweiten wieder aufgehoben werden, und Ankündigungen sind Ankündigungen.

Unter Anlegung dieser Kriterien schrumpft die Menge der Gegenstände, die unter einem – möglicherweise, aber keinesfalls sicher anders orientierten – Nachfolger Franziskus‘ in einem aufwendigen Verfahren revidiert werden müssten, auf einen durchaus überschaubaren Umfang. Damit wird sich ein Papst, der als Person in der Lage ist, die ihm anvertrauten Aufgabe zu erfüllen, zu gegebener Zeit auseinanderzusetzen wissen. Bis dahin tut man gut daran, sich an das zu halten, was im 2. Brief des Apostels Paulus an Timotheus steht, dessen Bistum in den Jahren nach der Zerstörung Jerusalems von schweren Auseinandersetzungen erschüttert wurde. In der oft exakt das Ohr der Gegenwart treffenden Übersetzung Klaus Bergers:

Denn es kommt eine Zeit, in der werden die Menschen eine lebendige, gesunde Lehre nicht ertragen können. Nach ihren eigenen angeblichen Bedürfnissen werden sie sich Lehrer zulegen, die ihnen nach dem Munde reden. Von der Wirklichkeit, die unseren Glauben begründet, werden sie nichts hören wollen, sondern sich neuheidnischer Mythologie zuwenden. Du aber, Timotheus, bewahre in allen Dingen einen kühlen Kopf, ertrage die Widrigkeiten, verkünde das Evangelium und erfülle deinen Auftrag mit Hingabe. (2. Tim 4, 3-5)

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