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Ein Rüffel für den Kardinal

Bild:  Wikimedia, J.LH. Janßen, CC-BY-SAMit strengen Worten hat die Theologieprofessorin Dorothea Sattler den Kölner Kardinal Woelki getadelt, weil der sich zurückhaltend zum aktuellen Stand und den Zukunftsaussichten der Ökumene geäußert habe, ohne dabei die bahnbrechenden Erkenntnisse des münsteraner Lehramtes genügend zu berücksichtigen. Katholisch.de, wo die Dame als Expertin stets gerne gesehen ist, reicht den Rüffel eilfertig weiter und gibt eine Kostprobe der sublimen akademischen Theologie, wie wir sie aus Münster kennen und schätzen:

Sattlers Kritik an Woelkis Verständnis von der Sakramentalität der Kirche bezieht sich offenbar unter anderem auf dessen Aussage, dass es keine gemeinsame Feier des Abendmahls geben könne, solange die Protestanten die "Christusgemeinschaft des je einzelnen Gläubigen von der Bekenntnisgemeinschaft mit Papst und Bischof" trennten. Sattler hingegen verweist in ihrem Aufsatz darauf, dass "nach ökumenischer Lesart gerade die Rede von der eigenartigen Sakramentalität der Kirche " dazu veranlasse, "deutlich zwischen dem Grund der Kirche und ihrer Gestalt zu unterscheiden", als so zwischen Christus und der Kirche in ihrer konkreten Gestalt.

Mit Blick auf den von Kardinal Woelki konstatierten "zunehmenden Dissens in moral- und sozialethischen Fragen" schreibt Sattler, es sei "sehr bedauerlich", das der Kardinal nicht die Ergebnisse einer von der Deutschen Bischofskonferenz und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands zu diesem Thema eingesetzten Arbeitsgruppe würdige. Diese sei 2017 zu einem "höchst differenzierten Urteil in einzelnen Sachfragen" gekommen.

Aus diesen Sätzen schaut uns aber nicht nur das ganze Elend der deutschen Universitätstheologie an, sondern das der ganzen deutschkatholischen Kirche, den kritisierten Kardinal eingeschlossen. Hätten deren Oberhirten nicht das Lehramt seit Jahrzehnten an akademische Karrieristen abgetreten und würden sie nicht unentwegt Arbeitsgruppen einsetzen, deren einziger Daseinszweck der Dauerdialog ohne fassbare Ergebnisse ist – dann bliebe uns manches erspart.

Ginge es nur um das Geplänkel zwischen einer Vertreterin des (auftrumpfenden) akademischen und des (weitgehend verstummten) episkopalen Lehramtes, wäre der Auftritt Sattlers nicht der Beachtung wert. Interesse verdient er im Zusammenhang mit dem von Papst Franziskus durch die schallende Ohrfeige für Kardinal Sarah bekräftigten Willen des gegenwärtigen Pontifikats, die Gestaltung der Liturgie einschließlich der nationalsprachlichen Übersetzungen weitestgehend in die Hand der örtlichen Bischofskonferenzen zu geben.

Das bedeutet, daß wir in Zukunft nicht nur verstörende Unterschiede im Äußerlichen haben werden, wie sie heute schon oft genug zwischen benachbarten Pfarreien festzustellen sind. Auch die Differenzen zwischen den nationalen Bischofskonferenz, deren Aufbrechen wir jetzt z.B. am Fall der widerstreitenden Interpretation von Amoris Laetita durch die Bischöfe Polens oder Argentiniens beobachten können, werden sich auf die Liturgie auswirken. Und das nicht nur in Äußerlichkeiten, sondern wie schon beim Verständnis des Sakramentes der Ehe und der Eucharistie auch im innersten Kern. Außerdem werden wir – die Rüge Sattlers für den Kardinal gibt einen Vorgeschmack – erleben, wie es auf der nationalen/sprachgemeinschaftlichen Ebene zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden akademischen Schulen untereinander und mit einzelnen Bischöfen oder Fraktionen in den Bischofskonferenzen kommt.

Und weder auf nationaler noch auf gesamtkirchlicher Ebene wird es eine Autorität geben, die für ein Lehramt sprechen könnte, das sich in der Kapitulation vor dem antiautoritären Zeitgeist selbst aufgegeben hat. Solange dieses Lehramt nicht wiederhergestellt ist, bleibt als einzige verläßliche Autorität die Tradition.

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