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Stationen der Apostasie

Bild: Wikimedia CommonsAuf die Einflüsterer des Zeitgeisters innerhalb der Kirche kann man sich verlassen: Die politische Entscheidung – denn alles Recht im säkularen Staat ist letztlich Politik – zur Einführung einer dritten Kategorie für die Geburtsurkunden hat das Zentralorgan der deutschen Bischöfe dazu veranlasst, mit einer ganzen Serie von Beiträgen zu fordern, daß die Kirche jetzt – als willfähriger Diener der sie nährenden weltlichen Macht - die Konsequenzen aus dieser Regelung ziehen müsse. Und das für Bereiche, die von zentraler Bedeutung für Leben und Lehre der Kirche sind.

Den Anfang machte am 14. November der Münsteraner Theologe und Kirchenrechtler Thomas Schüller mit dem Hinweis:

Sollte nun jemand nach 2018, wenn der deutsche Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen für das dritte Geschlecht geschaffen haben wird, sich im dritten Geschlecht eintragen lassen, kann er/sie/es nicht kirchlich heiraten, weil er/sie/es kein eindeutiges Geschlecht hat."

Das Urteil aus Karlsruhe werde kirchenrechtlich, "vor allem aber im Lichte der möglicherweise zu überdenkenden christlichen Sicht auf den Menschen noch vertieft zu bedenken sein", betonte Schüller.

Bereits am 23. legte katholisch.de dann mit einem zweiten, aus Christ und Welt übernommenen Beitrag unter dem Titel Theologe: Kirche muss Intersexualität diskutieren nach. Der brachte zwar inhaltlich nichts neues – aber die schöne Formulierung: „Die Wirklichkeit ist komplexer als ein klassisches binäres Menschenbild.“ Und weiter:

Was die Sakramentenlehre anbelangt, Taufe, Ehe, Weihe, aber auch die Frage des Eintritts in einen Männer- oder Frauenorden – damit muss Rom sich befassen“.

Man sieht: Alles steht zur Disposition – das Verfassungsgericht hat gesprochen. Es gab mal eine Zeit, da hätte der Verweis auf „Rom“ ausgereicht, um die Sache beruhigt zu den Akten zu legen. Seit die Apostasie auch dort ihr Haupt erhebt, kann man sich das nicht mehr leisten.

Schon am 27. 11. holte katholisch.de dann zum dritten Streich aus. Diesmal durfte eine Frau an die Front, die im Bistum Basel des Bischofs Gmür wirkende Theologin Andrea Birke vom Arbeitskreis Regenbogenpastoral. Während Birke den Betroffenheitspart übernahm, bemühte sich der Mainzer Kollege Stephan Goertz um die praktische Nutzanwendung und forderte eine theologische Weiterentwicklung:

Wer an der binären Eindeutigkeit des Geschlechts festhält, der verweigert Intersexuellen die Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität. Da diese aber zum Kernbereich der Persönlichkeit eines Menschen gehört, berühren wir hier den Bereich der Menschenwürde. Kann die Kirche länger daran festhalten, dass es eine intime Liebesbeziehung nur zwischen Mann und Frau geben darf?“

Womit eher unelegant der Bogen vom angeblichen Verlangen, seltene Sonderfälle zu berücksichtigen, zum Ruf nach der Öffnung der Ehe für Alle und Alles geschlagen ist. Und des Sakraments der Weihe gleich mit. Wir haben es hier schon öfter geschrieben, und wir können es nur wiederholen: Die Sakramente und damit das innere Wesen der Kirche als Träger des göttlichen Handelns in der Welt steht zur Disposition.

Die Entscheidung der vom Bundestag nach Parteiproporz eingesetzten Karlsruher Richter bildet nur den wohlfeilen Aufhänger für diesen mit allen Mitteln und bei jeder Gelegenheit vorgetragenen Angriff. Bemerkenswert und lehrreich ist im konkreten Fall der Taschenspielertrick, mit dem aus dem negativen Befund „nicht eindeutig zuzuordnen“ (wobei diese Uneindeutigkeit übrigens naturwissenschaftlich durchaus bestritten wird) die positive Setzung eines „Dritten Geschlechts“ gemacht wird. Ebenso bemerkenswert die Bereitschaft, neben und sogar noch vor dem Wort Gottes in der hl. Schrift und der Tradition auch die staatliche Rechtsordnung zu den Erkenntnisquellen der katholischen Theologie zu erheben. Übrigens durchaus nicht im Widerspruch, sondern in Übereinstimmung mit der Mehrheit der deutschen Bischöfe, die seit der Amtsübernahme von Franziskus keine Gelegenheit auslassen, zu betonen, die Kirche müsse sich an der „Lebenswirklichkeit der Menschen“ orientieren.

Der Trick mit der positiven Umdeutung des in säkularer Perspektive diskutablen Richterspruchs ist das entscheidende. Von „nicht eindeutig“ zu „drittes Geschlecht“. Erst diese Umdeutung ermöglicht den Zerstörern der Kirche die Konstruktion eines Problems, wo es kein Problem gibt. Das geltende Recht der Kirche, so wie es seit Anfang überkommen ist, sagt: Die Ehe ist die Verbindung eines Mannes und einer Frau. Oder: Zum Priester geweiht werden kann ein Mann...“ Wenn dann Personen kommen, die unter Berufung auf einen vom Staat ausgestellten Schein geltend machen, weder Mann noch Frau sondern ein Drittes, Viertes oder Fünftes zu sein, kann die Antwort der Kirche nur sein: Wenn Ihr davon wirklich überzeugt seid, dann kann die Kirche euch dieses Sakrament nicht spenden. Wir können euch als Personen mit einem besonderen Schicksal achten und lieben, wir können Euch im Sakrament der Buße eure Sünden vergeben und euch im Sakrament der Eucharistie in die Einheit mit Christus führen – aber wer nicht Mann oder Frau ist oder sein will, kann nicht ein Sakrament empfangen, dessen Wesen darin besteht, nur von Männern oder Frauen empfangen werden zu können.

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