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Kirche ohne Gott und Gedöns

Bild: 'Wordle' mit dem Tool auf www.wordle.net von Jonathan Feinberg 

Daß unser heutiger Beitrag dem Thema des gestrigen folgt, es sogar noch zuspitzt, ist keine redaktionelle Planung – aber auch kein Zufall: Unkatholische und antikatholische Ausführungen angeblich katholischer Repräsentanten sind im öffentlichen Raum weitaus häufiger anzutreffen als solche, die dem entsprechen, was 2000 Jahre lang als katholisch galt.

Aus Anlaß des 5-jährigen Thronjubiläums des Papstes hat der Deutschlandfunk ein Interview mit dem Münchener Pfarrer Rainer-Maria Schießler geführt Der schätzt Papst Franziskus sehr, vor allem dessen

unprätentiöse, einfache Art, dass Kirche hier sich nicht selbst produzieren muss, sondern sich erst dann als Kirche wiederfindet, wenn sie beim Menschen landet, dann, dass sie ihm die Würde zurückgibt, einer seiner wichtigsten Sätze bei Fragen der Veränderungen in der Kirche, prüft euer Gewissen, ihr entscheidet. So ein Gedöns, wie es bei uns in diesem Land gemacht wird mit der Kommunion und der konfessionsverschiedenen Ehe und er bei dem Besuch in der evangelischen Kirche im November 2015, wo diese evangelische Deutsche mit dem katholischen Römer verheiratet ist, wo er sagt, prüft ihr beide, sie und der Mann, prüfen Sie Ihr Gewissen und Sie entscheiden. Damit hat er uns eine Selbstständigkeit, eine Aufrichtigkeit zurückgegeben, die fern von jeder Spielerei ist.

Wir machen als „Gedöns“ um die Kommunion – ist doch nur a Stückerl Brot. Und die Kirche findet sich dann wieder, wenn sie beim Menschen landet, sich aufrichtet und selbständig wird. Der Stifter, der ihr die Sakramente anvertraut hat, um den Menschen zu dem Heil zu verhelfen, das nicht von dieser Welt ist – alles Gedöns und Sprüche.

Und drum schätzt Schießler Franziskus auch sehr,

wenn er auf dem Rückflug von Rio de Janeiro sagt, warum soll ich einen Gay verurteilen, der Gott sucht, dass wir nicht mehr hergehen und so blöde Sprüche aus dem Vatikan hören wie "Homosexuelle kommen nicht in den Himmel". Das ist logischerweise völliger Blödsinn, aber es ist vor allem abschätzig, es ist vor allem menschenverurteilend. Er hat einen neuen Stil hereingebracht, wie man mit den Menschen umgeht, und das, glaube ich, ist das Allerwichtigste, bevor wir zu konkreten Schritten gehen. Wir dürfen einen Papst nicht daran messen, wann er den Zölibat aufgehoben hat oder das Priestertum der Frau eingeführt hat.

Dem Interviewer ist das nicht vorwärtsdrängend genug, und er fragt nach, ob man diese drängenden Aufgaben denn aufgeben müsse. Der Interviewte bleibt cool:

Hier geht es weiterNein, es wird kommen, weil die Tür ist aufgestoßen. Mir ist immer wichtig, darauf hinzuweisen, dass Bergoglio kommt, Papst Franziskus, und er stößt eine Diskussion an, zum Beispiel Diakonat der Frau, und der Fuß ist in der Tür. Da mögen noch so viele Kritiker auftreten und sagen, das geht nie und nimmer, die alten Zoten und so weiter. Der Fuß ist drin. Diese Tür wird nicht mehr zugehen. Wir werden uns in diese Richtung hinbewegen. Davon können wir ganz sicher ausgehen. Da wird es keinen Rückschritt geben.

Halten wir dem Herrn Pfarrer zugute, daß er nicht „Zoten“, sondern „Schoten“ gemeint hat – in jedem Fall wissen wir jetzt, was er von der Lehre früherer Päpste und den Dogmen der Kirche hält: Nichts. Den Modernismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

Dieser Optimismus läßt den Interviewer nach den „ konservativen Widersachern“ fragen, „die eigentlich sagen, da verstößt ein Papst gegen die geltende Lehre“. Pfarrer Schießler hält die für nicht der Rede wert:

Aber die haben wir doch seit 2000 Jahren, oder? Die sind ja nicht neu oder neu erfunden. Die wird es immer geben. Wenn mir einer sagt, seit dem zweiten Konzil bringt ihr diese Themen aufs Tablett, bis heute hat sich nichts geändert, könnt ihr mal damit aufhören - das ist doch kein Grund, mit einer Reform aufzuhören, nur weil sich noch nichts geändert hat. Wir werden nie damit aufhören, weil Kirche nur existiert in der Verwandlung. Wahrheit ist Veränderung und das hat Kirche 2000 Jahre erlebt. Warum soll man denn jetzt damit stoppen.

Soviel vom Originalton. Da Pfarrer Schießler so erkennbar großen Wert darauf legt, eine Sprache zu verwenden, die dort ankommt, wo er seine Zielgruppe sieht, greifen wir auch hier zum modernen Hilfsmittel elektronischer Sprachanalyse und lassen den Text – Fragen des Reporters inklusive – durch das Statistik-Tool von Wordle laufen. Das zält die Vorkommen der sinntragenden Wörter und stellt sie dann in einer dem entsprechenden Größe dar. Natürlich gibt es im Hintergrund auch eine zahlenmäßige Aufstellung – und der entnehmen wir, daß das Wort „Gott“ nur einmal vorkommt, nämlich in dem beliebten und oben wiedergegebenen Papstzitat aus dem Flugzeug. Kirche als Instittution, ihre Ämter, ihr Vermögen – das spielt spielt für Pfarrer Schießler nach wie vor im Inhalt und in der Statistik eine große Rolle. „Jesus“ und „Christus“ kommen in beidem demgegenüber kein einziges Mal vor. Das entspricht ganz der Logik eines Verständnisses von Kirche, die endlich ganz beim Menschen angekommen ist und sich von dem Gedöns, den alten Schoten und dummen Sprüchen der Vergangenheit zum aufrechten Gang befreit hat.

Fazit 1. Wenn das, was aus dem Interview hervorgeht, wirklich die Meinung und den Glauben von Pfarrer Schießler wiedergibt – dann ist zu befürchten, daß dieser Mann nicht fähig ist, beim „Dienst als Vorsteher in der Gemeindemesse“ das zu tun, was die Kirche Christi tut. Es ist dann nur noch eine Scharade ohne sakramentalen Inhalt. Kekse für alle.

Fazit 2. wieweit sich Pfarrer Schießler in dem, was er sagt, tatsächlich auf den Papst berufen kann, ist hier nicht zu beurteilen. Daß überhaupt jemand glaubt, sich mit solchem Gerede auf einen Papst berufen zu können, ist vielleicht schon Urteil genug.

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