Bereichsnavigation Themen:

Tradis raus!

Bild: Gefunden auf der im Text erwähnten Seite von Haus HoheneichenDas ist doch mal eine klare Ansage: Stefan Kiechle fordert per Leitartikel die alsbaldige Weihe von Frauen und Verheirateten, um die Funktionsfähigkeit der Kirche sicherzustellen. Von den von einem gewissen Johannes-Paul II verhängten „Nachdenk- und Redeverbot“ dürfe man sich nicht länger ins Bockshorn jagen lassen. Ebensowenig vom dann unausweichlich folgenden „Geheul in den reaktionären, medial sehr effizienten Netzwerken“. „In den Leitungsetagen der Kirche fürchtet man in diesem Fall eine traditionalistische Abspaltung - aber das gab es in der Geschichte öfters, und wäre diese wirklich so gravierend?“ Die Website der Bischöfe zitiert es mit Wohlgefallen.

Sie kennen Stefan Kiechle nicht? Der hochwürde Herr P. Kiechle SJ ist der ehemalige Provinzial der Jesuiten in Deutschland und seit Beginn dieses Jahres Chefredakteur der „Stimmen der Zeit – Zeitschrift für christliche Kultur“, des intellektuellen Flaggschiffes des Herder Verlags. Was er unter christlicher Kultur versteht, hat er dieser Tage in einem Bettelbrief an potentielle Abonnenten so beschrieben:

Die Publikation ist uns wichtig. Damit die globalisierte Welt funktioniert braucht es Austausch, Begegnung der Kulturen und Kommunikation. … Vieles in der Welt ist im Umbruch; die Digitalisierung macht vor allem den Älteren Angst, während die Jüngeren – aber nicht nur sie – über das Smartphone ihr Leben gestalten. Wir Jesuiten wollen Kommunikationsmittel anbieten, die beide Gruppen erreichen...“

Ach ja.

Welche Gruppe er nicht erreichen will, hat er jetzt auch deutlich genug gesagt: Die Traditionalisten sollen sich doch abspalten, wenn es ihnen nicht passt. Sehr dialogorientiert klingt das nicht, aber man kann ja nicht alles haben, und die intellektuellen Ressourcen von Kiechle sind offenbar doch recht begrenzt. Außerdem sind sie unsereinem auch ziemlich egal, und in einem Pontifikat der Unklarheiten und Zweideutigkeiten muß man für alles dankbar sein, das mehr Klarheit bringt. 

Hier geht es weiter

Zum Thema Frauenordination hat Papst Johannes-Paul II in feierlicher Form „um seine Brüder zu stärken“ alles Notwendige gesagt. Nicht irgendwann vor 500 Jahren, sondern vor 25. Darüber müssen wir mit Herrn Kiechle nicht streiten. Wenn er das für „irrelevant“ erklären will, ist das nicht nur seine höchst persönliche Ansicht, sondern auch gleichzeitig die Irrelevanterklärung all dessen, was der gegenwärtige Amtsinhaber bereits von sich gegeben hat oder noch von sich zu geben beliebt. Auch über Kiechles wenig entwickelten Begriff von Ökumene müssen wir nicht lange diskutieren. Das war schon immer so: Kratze an einem „Liberalen“ - und zum Vorschein kommt ein Autoritärer.

Worüber sich nachzudenken lohnt, ist die freundliche Aufforderung des Chefredakteurs für Christliche Kultur: Wenn‘s euch nicht passt, geht doch nach drüben! Sollte man die Einladung, pardon, die Ausladung, nicht tatsächlich annehmen, zumal sie in so freundlichem Ton von einem Ordensbruder des gegenwärtig so überaus glückhaft regierenden Papstes ausgesprochen wird?

Wenn die Kirchengeschichte der letzten einhundert Jahre etwas gezeigt hat, dann das: Wer rausgeht, verliert. Schönes Beispiel sind die „Altkatholiken“, die nach 150 Jahren deutschlandweit bei der stolzen Zahl von 15500 Mitgliedern angekommen sind. Die Modernisten, die damals in der Kirche geblieben – und in den Untergrund gegangen – sind, haben es durch beharrliche Arbeit dagegen dahin gebracht, daß ihre mit den Altkatholiken weitgehend übereinstimmenden Vorstellungen – wie Herr Kiechle triumphierend mitteilt – inzwischen Mainstream und reif für die offizielle Übernahme geworden sind. Es entsteht die Neukatholische Kirche Deutschlands unter weitgehender Aufgabe der katholischen Lehre und Tradition und in selektiver Einheit mit einem Bischof von Rom, dem diese Lehre und Tradition ebenfalls kein Herzensanliegen sind.

Und dennoch: Für Katholiken, die einfach nur katholisch bleiben wollen, ist offizielle Abspaltung keine Option. Was „katholisch“ ist, haben die Konzilien der älteren und der jüngeren Vergangenheit bis zur Mitte des vergangen Jahrhunderts unzweideutig erklärt. Auch das letzte Konzil läßt sich mit dem größten Teil seiner Aussagen in diesen Traditionsstrom einordnen, den es nach seinem Selbstverständlich und der feierlichen Erklärung zur Einberufung jedenfalls nicht verändern, sondern bestenfalls für die Gegenwart leichter verständlich machen wollte. Das ist ihm allerdings nicht in jedem Fall gelungen ist und stellt somit eine wichtige Quelle der aktuellen Wirrungen dar.

Das ändert nichts daran, daß wir aus dieser Tradition heraus sehr präzise wissen können, was katholisch ist – und daß kein Konzil und kein Papst unter welchem „pastoralen“ Vorwand auch immer daran etwas ändern kann. Gestützt auf diesen Fundus können die tatsächlichen Gläubigen der Kirche Christi noch weitere 40 Jahre der Wanderung durch die Wüste überstehen. Und wenn es sein muß, noch viel mehr. „Wird der Menschensohn noch Glauben finden, wenn er wiederkommt?“ Die Frage ist bei Lukas 18,8 jedenfalls nicht zum Spaß gestellt, und als Antwort ist durchaus möglich: „Nur bei einem kleinen Rest“.

Um treu zu bleiben, braucht dieser kleine Rest keine Abspaltung, keinen Gegen- und keinen Garagenpapst. Es reichen Priester, die die Sakramente gültig spenden, und Bischöfe, die in ungebrochener Nachfolge der Apostel die Vollmacht zur Spendung der Sakramente weitergeben und die Lehre treu bewahren. Dafür den Segen des Bischofs von Rom zu haben ist schön und wichtig, ein Ziel, das anzustreben große Anstrengungen wert ist – unentbehrlich ist es nicht. Der hl. Athanasius sei unser Zeuge.

Die Kirche, das hat nicht zuletzt Benedikt XVI. mehrfach mit Nachdruck erklärt, ist keine gesellschaftliche Organisation der heute Lebenden, die sich auf demokratischer Grundlage selbst verwaltet und ihre Ziele nach aktuellen Notwenigkeiten frei bestimmt. Die Kirche ist die Gemeinschaft der Heiligen, die das von Gott gesetzte Ziel bereits erreicht haben, und derer, die noch darum kämpfen, es zu erreichen, mit Christus, ihrem Haupt und Stifter. Abspalten kann sich nur der, der das aufgibt, was der Stifter gelehrt hat, und sich von dem abwendet, was die Heiligen zu Heiligen gemacht hat.

*

Das Porträtphoto von Herrn Kiechle fanden wir auf der Website von Haus Hoheneichen, wo auch eine insbesondere in ihren Auslassungen instruktive Kurzbiographie geboten wird.

Zusätzliche Informationen