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Zeitgemäß glauben - ohne Gold

Bild: Luxemburger WortSollen liturgische Geräte wie Kelche, Hostienschalen oder Monstranzen immer vergoldet sein? Der Vorzug von Gold als besonders edles und der Gottesverehrung würdiges Material ist zunehmend mit ethischen Bedenken und Fragestellungen konfrontiert, befand die Ordensfrau Sr. Anneliese Herzig, theologische Referentin der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA), am Wochenende bei der Jahrestagung Kirchenpädagogik im Stift Melk. Österreichs Kirchenführer setzten sich dabei mit dem Thema "Was ist würdig? Reichtum und Gold der Kirche als Anfrage" auseinander.

So die Einleitung eines kurzen Berichtes über die Tagung, der heute auf kath.net erschienen ist. Die Hauptlinien der Argumentation auf der Tagung gibt der Bericht so wieder:

Gold wird heute nicht mehr vor allem bewundert und bestaunt, kritische Anfragen bei Kirchenführungen häufen sich. "Immer wieder kommt die Kritik, der Prunk und Reichtum der Kirchen sei dem zeitgemäßen Glauben nicht mehr angemessen". Der große Aufwand von einst für die Gottesverehrung rufe heutzutage Erklärungsbedarf hervor - wenngleich es auch innerhalb der Kirche schon immer Gegenbewegungen wie etwa die auf Einfachheit und Schmucklosigkeit pochenden Bettelorden und Armutsbewegungen gegeben habe.

Neben dem Wandel im Kirchenverständnis kämen zudem auch Umwelt- und Menschenrechte ins Spiel: Gold sei aus heutiger Sicht eher ein Symbol des Unrechts gegenüber Ländern des Südens, geschehe das Schürfen doch weltweit nie nachhaltig und die Verhüttung selbst bei Kleinbetrieben stets unter Einsatz von gesundheitsschädlichem Quecksilber...

Es fällt schwer, das Unverständnis der modernen „Theologie“ für alles, was mit Gott und Gottesdienst zu tun hat, prägnanter in Worte zu fassen. Stellten sich die Theologen des beginnenden 20. Jahrhunderts noch die Frage, ob der moderne Mensch Liturgiefähig sei, ist heute zu konstatieren, daß der moderne Theologe – damit Repräsentant vieler, wenn auch nicht aller moderner Menschen – anscheinend völlig die Fähigkeit verloren hat, seine Nase aus dem Erdenstaub zu erheben und seinen Blick auf irgend etwas zu richten, das über seinen Bauch und die davon bestimmten spontanen „Befindlichkeiten“ hinausreicht.

Ein Blick auf die Vorschriften des 2. Buches Moses (Exodus) für die Herstellung der Bundeslade läßt den Kontrast zwischen „damals“ und „heute“ ins Auge springen. Nur die edelsten Hölzer waren zugelassen – und sie sollten „mit purem Gold überzogen“ werden, so wie auch die Kirche später darauf bestand, aus unedleren Metallen gefertigte Gerätschaften oder aus Holz gezimmerte Schreine mit Gold zu überziehen. Für einige Gerätschaften war sogar massives Gold vorgeschrieben – so für die Deckplatte der Lade mit den beiden Cherubim und die Ringe zur Befestigung der Tragestangen. Auch der Tisch des „Brotes der Gegenwart“ soll nach Levitikus 24 aus reinem Gold bestehen, ebenso die Lampen, die als Zeichen der Präsenz des Herrn ohne Unterbrechung brennen sollen – das Ewige Licht.

Die goldenen Gerätschaften des alten Testaments, die vor den Augen der Menschen stets verborgen blieben, dienten alleine dem Zweck der Ehre Gottes und des Gottesdienstes: Alles, was in unmittelbarer Nähe zum Erhabenen steht, soll aus dem edelsten Material bestehen, das den Menschen zur Verfügung steht. Später, und ganz betont in der christlichen Kunst, kam ein „pastorales“ Motiv hinzu. Der Glanz und die Hochschätzung des irdischen Goldes als Symbol und Vorausschau des göttlichen Glanzes im himmlischen Jerusalem, dessen Mauern und Türme aus Gold und Edelstein vorgestellt wurden.

Ein anderes Motiv deutet sich ebenfalls bereits im Buch Levitikus an, wenn Aaron den Israeliten zum Guß des „Goldenen Kalbes“ die Abgabe des Goldschmucks ihrer Frauen abverlangt: Die falschen Götter verlangen Unterwerfung und Verzicht, denn erst das erscheint geeignet, ihrer Wesenlosigkeit spürbare Gegenwart zu verleihen. Um wieviel angemessener ist es dann, dem wahren Gott in solcher Weise gegenüberzutreten und ihm dadurch gleicherweise zu huldigen wie sich seiner Huld und Gegenwart zu versichern. Ist der moderne Mensch wirklich soviel „weiter“, daß er dieser Bildhaftigkeit nicht mehr bedarf – oder ist sein Begriff von Gott so wesenlos geworden, daß er die Brücken zu ihm abbricht und sich alleine dem zuwendet, was in irdische Begriffe zu fassen, als Problem zu beschreiben und mit der richtigen Strategie endlich auch zu lösen ist?

Sind Umweltschutz, Ressourcenschonung und internationale Solidarität wirklich zentrale Aspekte des Gottesdienstes? Soll ihr Ausdruck höher stehen als die zeichenhaft ausgedrückte demütige Anerkennung der Würde und Ehre Gottes? Oder gerät die darin sichtbare Haltung nicht zu einer weiteren Stufe auf dem Weg zur Selbstvergottung des modernen Menschen?

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