Vom verdeckten zum offenen Schisma
- Details
- 28. Juni 2018
Mit der Veröffentlichungdes Mehrheitspapiers der deutschen Bischöfe zur Kommunionspendung an nichtkatholische Ehepartner hat die Auseinandersetzung im deutschen Episkopat, aber auch zwischen dessen Mehrheit und Rom, eine neue Stufe erreicht. Bereits vor diesem Schritt hat Kardinal Gerhard Müller im Interview mit dem Catholic World Report eine Analyse dieser Auseinandersetzung vorgelegt, die die letztlich aus der Gemeinschaft der Kirche hinausdrängenden Motive der Mehrheitsbischöfe in bisher selten erreichter Klarheit darlegt. In der Erwartung, daß der vollständige Text oder eine darauf beruhende Ausarbeitung demnächst auch in einer autorisierten Fassung auf Deutsch erscheinen wird, bringen wir hier zunächst nur zwei zentrale Passagen der Ausführungen des Kardinals:
Eine Gruppe der deutschen Bischöfe unter Führung ihres Präsidenten sieht sich als Trendsetter für den Weg der Kirche in die Moderne. Sie betrachten die Säkularisierung und die Entchristlichung Europas als irreversible Entwicklungen. Von daher ist die Neu-Evangelisierung – das Programm Johannes Pauls II. und Benedikts XVI. – in ihren Augen ein Kampf gegen den Objektiven Verlauf der Geschichte gerade so wie Don Quixotes Kampf gegen die Windmühlen. Sie suchen für die Kirche nach einer Nische, in der sie in Ruhe überleben kann. Deshalb müssen alle Lehren des Glaubens reformiert werden, die dem Mainstream und dem gesellschaftlichen Konsens entgegenstehen.
Das Verlangen nach Spendung der Kommunion an Personen ohne den katholischen Glauben oder an Katholiken, die nicht im Stand der heiligmachende Gnade sind ist, eine Konsequenz davon. Als weitere Punkte stehen auf ihrer Tagesordnung: Segnungen für homosexuelle Paare, Interkommunion mit Protestanten, Realtivierung der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe, die Einführung von viri probati und damit die Abschaffung des priesterlichen Zölibats sowie die Zustimmung zu sexuellen Beziehungen vor und außerhalb der Ehe. Das sind ihre Ziele, und um sie durchzusetzen sind sie sogar bereit zur Spaltung der Bischofskonferenz.
Die Gläubigen, die die Lehre der Kirche ernst nehmen, werden als „konservativ“ gebranntmarkt und aus der Kirche gedrängt sowie den Verleumdungskampagnen der liberalen und antikatholischen Medien ausgesetzt. Für viele Bischöfe ist die offenbarte Wahrheit und das katholische Glaubensbekenntnis nur Verfügungsmasse im innerkirchlichen Machtkampf. Einige von ihnen berufen sich auf einzelne Punkte der Übereinstimmung mit Papst Franziskus und glauben, daß derlei Aussagen in Interviews mit Journalisten oder Prominenten, die alles andere als katholisch sind, sie dazu berechtigen, selbst definierte und unfehlbare Glaubenswahrheiten (Dogmas) zu verwässern. … Heute ist es für viele Leute wichtiger, von den Medien akzeptiert zu werden, als die Wahrheit auszusprechen, für die wir doch auch Leiden hinnehmen müssen. … Die Anerkennunhg durch die öffentliche Meinung gilt heute als Kriterium für gutre Bischöfe und Priester. Wir erleben eine Bekehrung nicht zu Gott, sondern zur Welt.
Ein zweiter wichtiger Gedanke des Kardinals bezieht sich auf die aktuelle vatikanische Tendenz, „Diplomatie“ und „Dialog“ den höchsten Stellenwert zuzuschreiben:
Das Staatssekretariat und der diplomatische Dienst des Heiligen Stuhls sind sehr wichtig für die Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den verschiedenen Staaten, aber die Kongregation für den Glauben ist wichtiger, weil sie die Beziehung der Kirche zu ihrem Haupt, von dem alle Gnaden ausgehen, betrifft.
Der Glaube ist notwendig für die Erlösung. Päpstliche Diplomatie kann viel Gutes für die Welt bewirken. Aber die Verkündigung des Glaubens und der Lehre darf nicht den Anforderungen und Bedingungen weltlicher Machtspiele untergeordnet werden. Im Glauben ist es völlig eindeutig, daß das Sakrament der heiligen Weihe in den drei Graden des Diakons, des Priesters und des Bischofs nur von einem getauften katholischen Mann gültig empfangen werden kann, denn nur er kann symbolisch und sakramental Christus als den Bräutigam der Kirche repräsentieren. Wenn freilich das Priestertum als eine Machtposition verstanden wird, dann kann diese Lehre von der Ausschließlichkeit der heiligen Weihe für Katholiken männlichen Geschlechts als Ausdruck von Diskriminierung gegen Frauen verstanden werden. Aber diese Perspektive von Macht und Sozialprestige ist falsch.Nur wenn wir die Lehren des Glaubens und die Sakramente mit theologischem Blick und nicht als Kategorien der Macht sehen, werden uns die Lehren des Glaubens bezüglich der natürlichen Voraussetzungen für die Sakramente der heiligen Weihe und der Ehe verständlich. Nur ein Mann kann Symbol für Christus als Bräutigam der Kirche sein, nur ein Mann und eine Frau können symbolische Darstellung des Verhältnisses von Christus zu seiner Kirche sein.“
Diese Ausführungen enthalten, soweit von hier aus zu sehen, die bisher schärfste, da grundsätzlichste Kritik, die von einem hohen kirchlichen Würdenträger am Kurs der Mehrheit des deutschen Episkopats unter ihrem Vorsitzenden Marx öffentlich geäußert worden ist. Sie könnte eines Tages als Markierung des Moments gewertet werden, an dem das verdeckte Schisma in der (nicht nur) deutschen Kirche öffentlich gemacht und quasi offiziell festgestellt worden ist.
*
Inzwischen ist noch mehr zur Veröffentlichung des Dokuments, das kein Dokument sein will, zur Hälfte gegen, zur anderen Hälfte mit Zustimmung des Papstes, bekannt geworden - in einem Beitrag auf katholisch.de, nach dessen Lektüre man seine Gehirnwindungen nur mit Mühe wieder geordnet bekommt. Wir müssen also die Diagnose (mühsam) „verdecktes Schisma“ durch die zweite Diagnose „offene Schizophrenie“ erweitern. Hierzu auch hörenswert Steve Skojec von OnePeterFive. Peter Winnenmöller schließt seinen soeben erschienen Kommentar auf Kath.net mit Frage: „Veräppeln sie uns jetzt oder haben sie uns in den vergangenen Jahrhunderten veräppelt. Es ist den Menschen ein Ärgernis, was gerade geschieht. Und das ist nicht harmlos.“ Dem ist wenig hinzuzufügen.