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Eine Woche "katholisch.de"

Bild: Holger Hollemann/dpa - aus dem im Beitrag zitierten Artikel des KStAIn rasender Geschwindigkeit entfernt sich „katholisch.de“ von allem, was man vor dem großen Bruch für zentrale Elemente katholischer Lehre und katholischer Identität gehalten hätte. In der vergangenen Woche brachte das „Sprachrohr“ der deutsch-katholischen Kirche neben linksgründen Trivialthemen wie einem Aufruf zu verantwortungsbewußtem Konsum oder der Mitteilung, daß die Linksfraktion im Bundestag mit ihrem Vorstoß für ein Weihnachtskindergeld gescheitert sei fast an jedem Tag einen oder mehrere Beiträge, die demonstrieren, wie weit der Weg in die Apostasie schon vorangekommen ist.

Letzten Samstag, den 8. 12., platzierte Redakteur Roland Müller unter der Überschrift „Afrika: Warum die Kirche Homosexuelle diskriminiert“ eine heftige Kritik am afrikanischen Kardinal Polycarp Pengo. Der hatte sich seinerseits gegen Bestrebungen gewandt, wirtschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern davon abhängig zu machen, daß diese westliche Vorstellungen zur sexuellen Libertinage übernehmen sollten. Homophobie, Zynismus und Machtpolitk warf dieser Müller dem Kardinal vor, ohne auch nur einen Nebensatz darauf darauf zu verwenden, daß es in dieser Sache ja nicht nur um Moden des Zeitgeistes, sondern auch um göttliche Satzung geht.

Am Montag den 10. feierte Anna Fries von der KNA unter dem Titel „Warum die Kirche gegen die Menschenrechtserklärung war“ den 70. Jahrestag der Verabschiedung der Erklärung in der UNO. Die in der Überschrift gestellte Frage beantwortet sie unter Berufung auf einen Trierer Theologen dahingehend, „damals“ hätte die Kirche Religions-, Presse- und Meinungsfreiheit als unvereinbar mit dem kirchlichen Wahrheitsanspruch betrachtet. „Dahinter stehe der Gedanke, dass es eine von Gott geoffenbarte Wahrheit gebe, die allein der Kirche anvertraut sei.“ DAS KONZIL habe ein Abrücken von dieser Haltung eingeleitet, doch „bis heute“, so der in vorwurfsvollem Ton daherkommende Schlußsatz, „gelten auf dem kleinen vatikanischem Staatsgebiet ... weder die Religionsfreiheit noch die Rechte-Gleichheit von Mann und Frau.“ Hier geht es weiter

Der 11. bringt eine Trivialität, die freilich tief blicken läßt: Am 11. Januar veranstaltet ein Würzburger Pfarrer „Whisky-Exerzitien für Männer“, um mit Sprit an der (unterstellten) männlichen Spiritualität anzuknüpfen. Von 19 – 22 Uhr im Pfarrzentrum Hammelburg! Exerzitien!

Mittwoch dem 12. verdanken wir einen weiteren Beleg dafür, daß der Unsinn auf der Website durchaus nicht nur von mehr oder weniger unbedarften Journalisten kommt, sondern ganz im Sinne der bischöflichen Auftraggeber und Finanziers veranstaltet wird. In „Bischof Oster: Weltjugendtag hilft gegen Fremdenfeindlichkeit“ werden wir belehrt, und der Bischof selbst läßt uns wissen, die Kirche solle sich dort „zuerst als hörend, nicht als lehrend präsentieren“. Der Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Dirk Bingener, vertieft den Gedanken: „Beim WJT müsse eine Kultur des Aufeinander-Hörens umgesetzt werden. Das gelte auch für die Katechesen, die keine Einbahnstraße sein dürften.“ Und die 22-jährige WJT-Pilgerin Julia Schwarzer erklärt, sie erhoffe sich von dem Ereignis ein „politisches Statement gegen Spaltungen in der Gesellschaft“. Andere im Artikel angesprochene Themen: Armut der indigenen (vulgo: „einbgeborenen“) Bevölkerung, Aids, Opfer des Klimawandels. Nichts, aber auch gar nichts läßt vermuten, daß „Kirche“ etwas mit dem zu tun haben könnte, das nicht von dieser Welt ist.

Donnerstag, der 13.: Die katholische Kirche äußert sich zurückhaltend zum politischen Kompromiss zum Verbot der Werbung für Abtreibung. Der Artikel referiert kurz die Positionen der Parteien und beschäftigt sich eingehend mit der Frage, ob der angestrebte Kompromiß den Koalitionsfrieden wieder herstellen könne. Auch der Leiter des katholischen Büros – das ist so eine Art Botschaft der deutschkatholischen Kirche bei der Bundesregierung, hat etwas zu sagen: „Die gestrige Erklärung der Partner der Großen Koalition ist sicher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Lösung. Wir müssen nun erst einmal die genauen gesetzlichen Änderungsvorschläge abwarten.“ Mehr fällt ihm zu dieser Frage auf Leben und Tod nicht ein.

Soweit also eine ganz normale Woche – nichts Spektakuläres, nur die üblichen Trippelschritte der Selbstsäkularisierung , Alltags-Apostasien. Am Freitag, den 14 kommt es dann aber knüppeldicke. Freiburgs Erzbischof Burger schließt sich den Forderungen der „Katholischen“  Frauengemeinschaft an, die Anfangs der Woche im Zeichen des Kampfes gegen den Mißbrauch verlangt hatten, „verkrustete Machtstrukturen“ aufzubrechen und über die kirchliche Sexualmoral nachzudenken. Zu dem hanebüchenen Kirchenverständnis, das die Frauengemeinschaft nicht nur bei dieser Gelegenheit zur Schau stellt, findet der Bischof kein Wort.

Dann hat an diesem Tag auch Leonardo Boff 80. Geburtstag (https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/vordenker-mit-bewegter-biografie-leonardo-boff-wird-80 ). KNA-Chef Ring-Eifel selbst singt das Loblied auf den Star der Befreiungstheologie, der einst „gemaßregelt“ worden sei, „heute auf der Seite des Papstes“ stehe und „Weggefährte von Hans Küng“ ist. Wir sehen: Es geht voran.

Den Ehrenplatz am Freitag, den 14. beansprucht auf katholisch.de aber ganz klar der Bericht über ein Interview, das der neuernannte Hildesheimer Bischof Wilmer dem Kölner Stadtanzeiger gegeben hat. Wo die anderen in unserem Schnelldurchgang genannten Autor*inn/en (wir wollen ja keinen ausschließen) sich mit Alltagshäresien begnügen, an die wir uns hierzulande schon fast gewöhnt haben, macht der Oberhirte neuen Typs einen entschlossenen Schritt zur vollendeten Apostasie. Der „Mißbrauch von Macht“, so befindet Wilmer „steckt in der DNA der Kirche“ - also in ihrem innersten Wesen, in dem, was ihre Entwicklung bestimmt von Anfang an. Von jenem Anfang an, den die Tradition seit zweitausend Jahren bei dem Strom von Blut und Wasser aus der geöffneten Seite Christi sieht.

Und nun also Mißbrauch von Macht im innersten Erbgut. Deshalb seien radikale Konsequenzen für die Theologie erforderlich, die heute noch kaum zu ermessen seien. Aber es gibt Orientierungspunkte – etwa die Gedanken des zunächst mit Lehrverbot belegten und später aus der Kirche ausgetretenen psychologisch-therapeutischen Sektenpredigers Eugen Drewermann: „Drewermann ist ein von der Kirche verkannter Prophet unserer Zeit.“ Als weiteren Propheten benennt Wilmer dann noch Klaus Mertes S.J. Eine feine Gesellschaft.

Mit beiden teilt er die Forderung nach umfassender Enthierarchisierung und Demokratisierung der Kirche: „Wir (brauchen) eine wirksame Kontrolle der Macht in der Kirche. Wir brauchen Gewaltenteilung, wir brauchen ein System von „Checks and Balances“. So eingenommen ist der kluge Mann von seinem Demokratisierungideal, daß er gar nicht bemerkt, wie er nur einen Abschnitt weiter seine der göttlichen Sendung der Kirche zuwiderlaufende Idee selbst in Frage stellt. Da erinnert er an einen Fall in Hildesheim, in dem der Personalchef der Diözese seine Absicht, einen des Mißbrauchs beschuldigten Priester aus seiner Stellung zu entfernen, nicht durchsetzen konnte: „Aber am Ende haben sich wohl einige Gemeindemitglieder beim Bischof durchgesetzt, die sagten, man könne doch nicht so herzlos mit diesem hochverdienten Priester umgehen.“

Das ist an Ideologen wie Wilmer so irritierend: Hinter ihrem Gerede von Demut und Zuhören, von Menschenfreundlichkeit und Erneuerung steckt letztlich nichts anderes als die Absicht, ihre eigenen Ideen um jeden Preis durchzusetzen – losgelöst nicht nur von Tradition und Lehre der Kirche, sondern auch ungeachtet der zahllosen Beispiele des Scheiterns, die mit anderen Versuchen dieser Art verbunden sind. Und das gilt letztlich für die ganze Entwicklung seit DEM KONZIL, auf dessen Ungeist sie sich berufen. Und wenn das ganze Land entchristlicht ist und nur noch eine Großpfarrei pro Bundesland den die Koordination für den Personaleinsatz der Diakoninnen zur Beerdigung der letzten Kirchensteuerzahler übernimmt, werden sie sich durch solche „Früchte“ nicht von ihrem Kurs abbringen lassen. Denn das haben sie tief in ihrer DNA: Non serviam.

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