Wie kann ein Klerus umkippen?
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- 01. März 2019
Kommentar von F.N. Otterbeck, Kevelaer
Faulgase sind giftig und machen den See zu einem toten Gewässer, in dem zum Schluss nichts mehr leben kann. Dann sagt man der See „ist umgekippt“. Kann auch der katholische Klerus umkippen, in welchem Ausmaß, etwa in Deutschland? Und inwieweit dient die „alte Messe“ seit 2007 als Gegengift gegen liturgische Faulgase?
Der Weltjugendtag in Köln, der manche „Ratzingerianer“ hoffen ließ, wird 2019 schon 14 Jahre zurückliegen. Das ist ein Zeitraum, der bereits der gesamten Ära Adenauer in der Nachkriegszeit entspricht (1949-1963). Mit etlichen jungen Leuten kam ich damals in Köln ins Gespräch. Aber keiner, der sich 2005 ff. neu zum Priesterberuf inspiriert fühlte, ist zum Priester geweiht worden; alle sind „abgesprungen“ oder aussortiert worden.
Auch die „alte Messe“ blüht nicht in dem Maße auf, wie es ihre Verehrer kommen sahen, auch nicht in Berlin. Auch dort sind die Weihezahlen gering, ob nun im „novus ordo“ oder im „usus antiquior“. Der Absturz der sakramentalen Praxis - und diese zeichnete die katholische Religion aus - hat sich in unseren Breiten seit 2013 rasant beschleunigt. Etwas boshaft könnte man vom „Franziskus-Effekt“ sprechen.
Sein aliturgischer Synodalismus hat bislang nur Events zur Aufführung gebracht, die im Ergebnis alle enttäuschten, Freunde wie Kritiker. Seine Politik ist im Streit und umstritten, vor allem aber scheint er als „summus pontifex“ auszufallen, als der „Hohepriester“ Jesu Christi.
Die Redaktionen sämtlicher liberalen Medien, einschließlich derer, die man früher „Bistumspresse“ nannte, inklusive der diversen Herder-Erzeugnisse, nehmen Kirche zur Zeit überwiegend „als“ Missbrauch war. Die Klimmzüge, mit denen DBK + Co. aus dem Elend heraus wollen, muten bisweilen grotesk bis lächerlich an. Denn nirgends in der Debatte scheinen Größe und Elend „des Menschen“ auf, das Drama um Sünde und Erlösung. Nur in der Konfrontation mit dem Wort und Sakrament Christi aber würde die Tragweite der Erlösung wie die Tiefe des Abgrunds der Schuld einigermaßen auslotbar erscheinen.
Die gegenwärtige Krise wird vermutlich mit gar keiner Taktik und gar keiner Strategie „ausgebügelt“ werden. Unter das ehrliche Entsetzen der Christen mischt sich die Schadenfreude der Andersdenkenden. Nur diese sind im Recht, sagt das Wort von Rosa Luxemburg, wenn man es parteiisch versteht. Und so versteht „die Welt“ die Kirche: Sie soll endlich Schluss machen mit ihren Mysterien und sich bekehren zum Andersdenken.
Hier zieht Summorum pontificum von 2007 tatsächlich eine zivilisatorische Brandmauer ein, wie ich schon zum 10. Jahrestag der benediktinischen Gesetzgebung schrieb. Gar nicht etwa, weil mich selber die „vorkonziliare“ Messe je fasziniert hätte, sondern wegen der darin eingeschlossenen Wohltat für die taumelnde Welt: Unter uns ist ein Phänomen „noch da“, das sich nicht ändert, sondern: bleibt. Und nicht „umkippt“.
Was hat das Umkippen des Klerus mit der homosexuellen „Gemeinde“ zu tun? Existiert so etwas wie eine „Homo-Häresie“? Dazu kann ich keine Angaben aus eigener Erfahrung machen, viel zu weit weg von jedweder „Szene“. Aber mir leuchtet der Gedanke durchaus ein, dass praktizierte Homosexualität die priesterliche Existenz entwertet, pastoral unfruchtbar macht und liturgisch zumindest „selbst-referenziell“, vielleicht sogar widerchristlich; und zwar schon weit diesseits der strafrechtlich relevanten Handlungen.
Selbstverständlich wird „die Tradition“ nicht automatisch, magisch einen Beitrag zur Linderung der Glaubenskrise leisten können, wohl aber inmitten einer Bewegung katholischer Erneuerung, für die schnelle Erfolge hier und heute nur noch nicht in Sicht kommen. Perspektivisch hat Europa allerdings keine Alternative dazu.