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„Los von Rom“- ohne Schisma?

In zwei Beiträgen der vergangenen Tage haben wir uns mit dem immer offener zu Tage tretenden Bestreben der Mehrheit in der Deutschen Bischoskonferenz befasst, zukünftig in zentralen Fragen der Lehre und der kirchlichen Disziplin einen eigenständigen Weg entsprechend den Vorgaben säkularen Zeitgeistes und modernistischer Theologie (gibt es da Unterschiede?) zu beschreiten. Also wieder einmal: Los von Rom.

Los von Rom? Nicht unbedingt. Das Pontifikat von Franziskus hat in modernistischen Kreisen die Hoffnung geweckt, daß „Rom“ künftig darauf verzichten wird, die traditionell gewahrte Einheit von Lehre und Disziplin zu wahren - auch da nicht, wo essentielle Fragen angesprochen sind. Der „Vorsitz in der Liebe“ begnügt sich mit der Rolle des Frühstückspräsidenten - wer möchte dem widersagen? 

Das Lehramt ist seit dem spktakulären „Wer bin ich, zu urteilen“ faktisch suspendiert - sieht man mal von dem einigermaßen größenwahnsinnigen Vorhaben ab, den Katechismus zur Zulässigkeit der Todesstrafe quasi im Alleingang und gegen 2000 Jahre Tradition umzuschreiben. Die deutsche Bischofskonferenz hat aus alledem den Schluß gezogen, daß sie in allem, was deutsche Theologen seit Jahrzehnten anstreben, bisher aber nicht durchsetzen konnten, freie Hand hat - ohne von Rom vor die Frage gestellt zu werden: Wollt ihr das Schisma?

Der moderne Relativismus kann mit dem Gedanken eines Schismas nichts mehr anfangen. Anything goes - solange es sich halbwegs mit den Ansprüchen des Zeitgeistes vereinbaren läßt. Was dem widerspricht, verfällt nicht nach traditioneller Weise dem spirituell und dogmatisch begründeten "Anathema", sondern wird politisch marginalisiert und ausgegrenzt.

Letzten Endes spielt alles, was sich auf die spirituellen und dogmatischen Ebenen bezieht, was „Übernatur“ im weitesten Sinne ist, für den Modernismus an der Macht keine Rolle mehr. Wir erleben nicht die Entstehung einer Neokatholischen Glaubensgemeinschaft, sondern die Herausbildung einer postkatholischen Säkularreligion, die als ideologisches Element einer globalen Einheitskultur fungiert. Traditionsbezüge spielen hier bestenfalls noch als nostalgische Erinnerung und Requisit täuschender Inszenierungen eine Rolle.

Wie weit der darauf gerichtete politische Prozess in der Bischofskonferenz bereits fortgeschritten ist, zeigt sich noch drastischer als in dem von Reinhard Marx vorgetragenen Ergebnis im Programm des „Studientages“, an dem teilzunehmen den Bischöfen auferlegt worden war. Dieses Programm und die dazu gehaltenen Referate sind auf der Website der Bischofskonferenz veröffentlicht. Danach war das Thema der Veranstaltung „Die Frage nach der Zäsur – zu übergreifenden Fragen, die sich gegenwärtig stellen“. Zäsur - das bezeichnet eine dramatische Wende, einen Paradigmenwechsel im wahrsten Sinne des Wortes. Nun, die Bischäfe haben nach einer Zäsur gefragt, und in drei (Julia Knop, Gregor Maria Hoff, Eberhard Schockenhoff) der vier veröffentlichten Vorträge wurden sie nach Wunsch bedient: Tenor: Bisher war alles falsch und verfehlt - richtig geht anders. Ganz anders.

Ein wenig aus der Reihe fällt Philipp Müller, der zwar für die Weihe von Viri Probati eintritt (als Personalreservoire betrachtet er die Gemeinde- und Pastoralreferenten), ansonsten aber außer einem leichten Bedauern, daß damit die Frage der Frauenordination noch nicht zu entscheiden sei, keine überschießenden revolutionären Neigungen erkennen läßt. Dabei ist es vielleicht kein Zufall, daß Müller der einzige aus der Professorenriege ist, der als früherer Regens eines Priesterseminars auch jemals ernsthaften Realitätskontakt hatte. Die anderen sind Bewohner akademischer Elfenbeintürme da, wo die Luft am dünnsten ist.

Der Herr sei ihrer Seele gnädig.

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