Bereichsnavigation Themen:

Collaboratores veritatis

Bild:https://www.reporternuovo.it/2020/01/14/robert-sarah-ratzinger/Der absurde Kampf darum, ob und warum ja oder warum nicht der Name Benedikt auf dem Umschlag des Buches mit Kardinal Sarah erschienen soll, beschädigt alle Beteiligten – und ist überaus erfolgreich dahingehend, vom in der Sache doch zwischen beiden Autoren unumstrittenen Inhalt abzulenken.

Die kirchenpolitischen Motive für den Amoklauf der Glaubensfeinde (Beispiel) gegen die bevorstehende Veröffentlichung sind leicht zu erkennen. Zwar hat sich Papst Franziskus nie öffentlich für eine allgemeine Aufweichung der Zölibatsregel ausgesprochen, eher dagegen – aber die linken Säkularisierer hatten sich gute Chancen auf eine „Fußnote“ in der kommenden Auswertung zur Amazonas-Synode ausgerechnet, die bei verbaler Beschwörung von Traditionstreue doch eine Hintertür zur allgemeinen Relativierung des Zölibats geöffnet hätte. Diese Chancen sind durch den Widerspruch Benedikts und Sarahs gesunken. Das tut weh.

Mindestens ebenso schmerzlich für die Gegner des Zölibats dürfte Form und Inhalt der Argumentation sein, mit der die beiden Verfasser ihre Position darlegen. Sie beschränken sich nämlich nicht auf eine bloße Berufung auf die Tradition – die schon alleine großes Gewicht haben sollte – sondern untermauern diese Tradition mit einer in jeder Hinsicht tiefgehenden Interpretation der Geschichte und des Wesens des Priestertums überhaupt. Papst Benedikt geht dabei bis auf das Aaronitische Priestertum und die Leviten des Alten Testamentes zurück.

Die Angehörigen des Stammes Levi waren nach der alten Ordnung ganz dem Gottesdienst geweiht. Sie hatten keinen Anteil am Landbesitz, sondern lebten vom und für den Tempel. Zwar nicht zölibatär – ihr Priestertum war erblich – aber zur Vorbereitung auf den Opferdienst im Tempel und während ihres Aufenthaltes dort waren sie zur Enthaltsamkeit verpflichtet. Als Jesus selbst und die frühe Kirche verheiratete Männer zu Priestern weihte, blieb dieses Erfordernis der zeitweisen Enthaltsamkeit selbstverständlich beibehalten – so gilt es noch heute in den Kirchen des Ostens. Im Westen wurde der spirituelle Stellenwert der Enthaltsamkeit und Weltentsagung schon früh tiefer erkannt und ab dem zweiten Jahrhundert eben wegen dieses Stellenwertes als generellen Voraussetzung für den priesterlichen Dienst „in persona Christi“ wahrgenommen und praktiziert.

Mit klaren Worten wendet sich Benedikt jetzt gegen die seit Luther immer wieder vorgebrachte Entstellung dieser Entwicklung:

Heutzutage wird allzu gerne behauptet, daß das alleine auf eine Geringschätzung des Leibes und Verachtung der Sexualität zurückgeht – doch das ist falsch. Ohne einen Verzicht auf materielle Güter kann es kein Priestertum geben. Dem Ruf zur Gefolgschaft Jesu kann man nur folgen unter diesem Zeichen der Freiheit und der Zurückweisung jedes Kompromisses. Ich denke, das Zölibat hat große Bedeutung als Verzicht auf den Anteil am Irdischen und auf einen eigenen Kreis familiären Lebens, und so wird das Zölibat zu einer wesentlichen Voraussetzung dafür, daß unser Verhältnis zu Gott seinen konkreten Ausdruck findet und die Grundlage unserer Existenz bildet.“ (Übersetzt nach OnePeterFive)

Damit schließt Benedikt unmittelbar an an eine Predigt die er zum Gründonnerstag 2008 im Petersdom gehalten hatte:

Hier geht es weiterWas ist das, ein Priester Jesu Christi sein? Das 2. Hochgebet unseres Missales (d. i. der römische Kanon, MC), wohl schon am Ende des 2. Jahrhunderts in Rom entstanden, beschreibt das Wesen des priesterlichen Dienstes mit den Worten, mit denen im Buch Deuteronomium (18, 5. 7) das Wesen des alttestamentlichen Priestertums beschrieben worden war: astare coram te et tibi ministrare. Zwei Aufgaben bestimmen danach das Wesen des priesterlichen Dienstes. Zuerst das „Stehen vor dem Herrn“. Im Buch Deuteronomium ist dies im Zusammenhang mit der vorhergehenden Bestimmung zu lesen, daß die Priester keinen Landanteil im Heiligen Land erhalten – sie leben von Gott und für Gott. Sie gehen nicht den üblichen Arbeiten nach, die für den Unterhalt des täglichen Lebens nötig sind. Ihr Beruf ist „Stehen vor dem Herrn“ – auf ihn hinzuschauen, für ihn da zu sein. Das Wort bedeutet so im letzten ein Leben in der Gegenwart Gottes und damit auch einen stellvertretenden Dienst für die anderen. So wie die anderen das Land bebauen, von dem auch der Priester lebt, so hält er die Welt auf Gott hin offen, soll mit dem Blick auf ihn hin leben. Wenn dieses Wort nun im Hochgebet der Messe unmittelbar nach der Verwandlung der Gaben, nach dem Hereintreten des Herrn in die betende Versammlung steht, so ist damit für uns das Stehen vor dem gegenwärtigen Herrn, Eucharistie als Mitte priesterlichen Lebens gemeint. 

Die Konsequenz daraus zieht Kardinal Sarah jetzt im gemeinsamen Buch und mit voller Zustimmung Benedikts in der Formulierung:

Als Sohn Afrikas kann ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, zuzulassen, daß den neu zum Evangelium gekommenen Völkern die Begegnung mit einem voll gelebten Priestertum vorenthalten wird. Die Völker Amazoniens haben das Recht, Christus den Bräutigam der Kirche in seiner ganzen Fülle zu erfahren. Wie können sie nicht mit „Priestern zweiter Klasse“ abspeisen. Im Gegenteil, je jünger eine Kirche ist, um so mehr bedarf sie der Konfrontation mit der Radikalität des Evangeliums. Die Weihe verheirateter Männer, die zuvor als ständige Diakone amtiert haben, wäre keine Ausnahme, sondern ein Riß, eine Wunde im Gesamt des Priestertums. Hier von „Ausnahme“ zu sprechen wäre ein Mißbrauch der Sprache, eine Lüge.

Damit ist klar gesagt, worum es geht und was auf dem Spiel steht. Ob das die Befürworter von „Ausnahmeregelungen“ abschrecken wird, ist ungewiß. Schließlich haben sie sich in ihrer theologischen Theorie längst vom sakramentalen Priestertum insgesamt verabschiedet und wollen die behaupteten „Früchte“ dieser Entwicklung jetzt auch in der Praxis ernten. Am Amazonas und am Rhein.

Zusätzliche Informationen