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Tricksen und Täuschen

Bild: Aus dem zitierten Artikel zu Rutishauser auf kath.ch.Neben den üblichen Forderungen nach Frauenpriestertum und Mahlgemeinschaft sofort und den allzu durchsichtig motivierten Anwürfen gegen Kardinal Woelki brachte katholisch.de die vergangene Woche auch wieder mal ein Stück zur Liturgie. Anläßlich des „Tag des Judentums“ reportierte der Beitrag aus einem Vortrag des Alttestamentlers Rutishauser die Forderung, die „jüdischen Elemente in der Liturgie“ mehr zu würdigen. Dazu will Rutishauser die bisher nach der Regel leise gesprochenen „jüdischen Gebete“ zum Beginn der nach der neuen Ordnung so genannten Gabenbereitung laut sprechen lassen und nicht mehr von Gesang oder Orgelbegleitung übertönen lassen, wie das bisher nicht nur üblich, sondern auch als Regelfall so vorgesehen ist. Zur Erinnerung für die, die lange nicht mehr an einer Messe nach dem ritus modernus teilgenommen haben:

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.

Analog formuliert dann auch zum Wein.

Unser Einwand gegen diese Gebete und erst recht gegen ihre besondere Vorhebung ist nicht, daß sie jüdisch wären. Das sind sie nämlich gar nicht. Es gibt kein benennbares jüdisches Vorbild, die Gebete sind eine Erfindungen der Reformkommission von 1968, die sich in der Einleitungsformel und im Stil allerdings an an jüdischen Tischsegen orientiert, wie sie aus der Zeit lange nach dem Leben des Erlösers überliefert sind. Etwa so:

Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du das Brot aus der Erde hervorbringst. Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die Frucht des Weinstocks erschaffen.

Schon mit der in modernistischem Selbstbewußtsein hinzugefügten „Frucht der menschlichen Arbeit“ endet jede Ähnlichkeit. Der eigentliche Grund für die Aufnahme dieser Gebete in die Liturgie enthüllt sich in der deutschen „Übersetzung“ „wir bringen ... vor Dein Angesicht“ für das lateinisch an dieser Stelle noch aufbewahrte „offerimus“: Es ging und geht nicht zuletzt darum, den Gedanken an die „Opferung“ zurückzudrängen.

Hier geht es weiterDie modernen Gebete zur Gabenbereitung sollen also für einen außerliturgischen Zweck in Dienst genommen werden – denn moderne Liturgie dient immer irgendwelchen Zwecken – nämlich die Verbindung des Chrstentums zum Judentum zu unterstreichen. Nun gibt es diese Verbindung ja in der Tat, und sie ist viel tiefer – aber auch viel widersprüchlicher – als den meisten Katholiken nach einem halben Jahrhundert programmatischen Verzichts auf eine Katechese zur Vertiefung des Schriftverständnisses bewußt ist. Die frühe Christengemeinde und damit auch wir Heutigen sind durch zahllose Fäden mit dem jüdischen Glauben von Jesus, Maria und Joseph verbunden. Mit dem ganzen jüdischen Glauben, und nicht nur mit dessen heutiger Form – soweit der Singular hier möglich ist. Diese entspricht der auf die Schule der Pharisäer zurückgehenden Lehre der Rabbinen von Jamneh und Babylon, die nach dem Untergang des Tempels ein sehr eingeschränktes Bild des jüdischen Glaubens gezeichnet und überliefert haben. Dieses Bild ist, das muß immer wieder betont werden, in vielen Einzelheiten von Abwehr und Feindseligkeit gegen die neuaufgekommene Konkurrenz des Christentums gekennzeichnet.

Kernstück dieser Ablehnung ist die Leugnung Jesus' als des Christus, des Gesalbten, des Messias, der in seinem Opfer die versprochene und so lange erwartete Erlösung bewirkt hat – die von der Mehrheit der Juden nicht angenommen worden ist. Der Eintritt in den zentralen Moment der Liturgie, die dieses Opfer vergegenwärtigt, ist sicher nicht der geeignete Zeitpunkt, um diese leidvolle Verbindung und Beziehung in deklamatorischer Selbstverständlichkeit auszustellen. Dafür bedürfte es systematischer katechetischer Anstrengung, wie sie z.B. der führende us-amerikanische Alttrestamentler Brant Pitre demonstriert. Der hat nicht nur (zusammen mit John Bergsma) eine über 1000 Seiten starke „Catholic Introduction to the Bible – The Old Testament“ als Lehrbuch für die Universitäten erarbeitet, sondern auch (mit vielleicht einem Zehntel des Umfangs) ein höchst faszinierendes Buch für breite Leserschichten: Jesus and the Jewish Roots of the Eucharist.

Aber darin geht es um Theologie und nicht um Kirchenpolitik. Und erst recht nicht ums „Tricksen und Fälschen“, das sich immer mehr als das bevorzugte Mittel der „progressiven Fraktion“ des Deutschen Staatskatholizismus zur Durchsetzung seiner politischen Ziele erweist. Interessant in diesem Zusammenhang übrigens ein Vergleich der von katholisch.de präsentierten Auswertung des Vortrages von Rutishäuser mit dem Referat des gleichen Vortrags auf kath.ch, wo nicht nur plump kirchenpolitisch agitiert wird, sondern zum Ausdruck kommt, daß Rutishäuser sein Thema offenbar einigermaßen differenziert und kenntnisreich abgehandelt hat – was freilich an der modernistischen Grundorientierung nichts ändert.

Die grobschlächtige Trickserei auf katholisch.de hat Methode. Fast gleichzeitig mit dem Artikel zur angeblichen „jüdischen Tradition“ in den Gebeten zur „Gabenbereitung“ referierte das Zentralorgan der deutschen Staatsbischöfe einen flammenden Aufruf des Tübinger Emeritus Hilberath: „Kirche hat Vollmacht, Frauen zu Priesterinnen zu weihen“. (Hier der Ursprungsartikel Hilberaths , hier das ebenfalls versimpelte Referat auf katholisch.de) Zentrales Argument ist dabei die Behauptung, „Jesus und später Paulus hätten auch Frauen berufen, etwa die Apostelin Junia“. Nun ist die „Apostelin“ Junia eine ziemlich neue Erfindung – im deutschkirchlichen Neuen Testament (Römer 16,7) taucht „Junia“ erstmals in der revidierten Einheitsübersetzung von 2016 auf, während die früheren Ausgaben „Junias, der mit mir (Paulus) zusammen im Gefängnis war“ (ebenda) noch männlichen identifizierten.

Auf die Fülle der philologischen und inhaltlichen Fragen (was bedeutet es z.B., wenn Paulus um das Jahr 56 in einer Grußformel von „Aposteln“, Glaubensboten spricht?), die sich mit dieser reichlich freihändigen „Übersetzung“ verbinden, kann hier nicht eingegangen werden, und Geschlechtsumwandlung liegt ja ohnehin im Zuge der Zeit. Festzuhalten aber ist das Phänomen, daß eine überaus strittige und nur in Deutschland und erst seit wenigen Jahren kursierende Übersetzung als „Beleg aus der Schrift“ herhalten muß, daß die Deutschkatholische Lehre richtig sei und der Papst, der in feierlichem Ton „um die Brüder zu stärken und alle Zweifel zu beseitigen“ (Johannes Paul II. in Ordinatio Sacerdotalis) )etwas anderes verkündet hat, sich eben geirrt habe. Aber der hat ja auch noch die alten Übersetzungen gehabt. Und daß Päpste sich im Unterschied zu deutschen Theologen in Sachen des Glaubens öfter mal irren, weiß doch jeder.

Ist diese auch Wahnsinn, so hat es doch Methode. Der Modernismus schreibt sich seine Bibel nach der Mode des Tages und erfindet seine Liturgie wie es ihm gefällt und leiten aus dieser Art von „lebendiger Tradition“ dann weitreichende Forderungen ab, die letztlich zur Umgestaltung der ganzen Kirche dienen sollen. Und die Trickser, Täuscher und Falschmünzer von katholisch.de verbreiten das so geschlagene Falschgeld als die Schätze des Evangeliums.

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