Bereichsnavigation Themen:

Die Passion dauert an

'Arma Christi' von einem Totenbildchen. Bild: Wikimedia commonsDie Passion Christi, deren Stationen wir in der kommenden Woche gedenken, hat mit der Abwendung der Stammeltern vom Gebot des Herrn begonnen und sie dauert bis zum heutigen Tag an. Nicht nur in der Welt, wo der Bruderkrieg in Osteuropa und die Christenverfolgungen in Islamischen Ländern oder in China die Menschheit zerreißen, sondern auch innerhalb der Kirche selbst, wo sich immer deutlicher abzeichnet, daß ein großer Teil des Kirchenvolkes und ein vielleicht noch größerer Teil seiner berufenen Hirten vom Glauben abgefallen sind und ihn als Apostaten in seinen Grundlagen bekämpfen. Mehr oder weniger stark ist dieser Prozess in allen einstmals christlichen Ländern zu beobachten, besonders aber in Deutschland, wo man auch bei Kirchens stolz darauf ist, das Mutterland der Reformation zu sein.

Seit der letzten Versammlung des Synodalen Weges hat sich das Tempo, in dem Professorenschaft und Klerus in die Spaltung marschieren, noch einmal deutlich gesteigert. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein oder mehrere Laienorganisationen oder wohlbestallte Bischöfe auf dem mißbräuchlich so benannten Webportal „katholisch.de“ zu Protokoll geben, wie weit sie vom Glauben der Kirche sie sich inzwischen entfernt haben – und in welchen Punkten sie ihn ändern wollen, um weiter auf der Zeitgeistbühne als Statisten mitwirken zu dürfen.

Der förmliche Beschluß der deutschkatholischen Jugend KjG (), den Gott Abrahams und Moses, Schöpfer des Himmels und der Erde und in seinen Drei Personen Träger alles Seins, umzubennenn in Gott+ (gesprochen Gott plus), ist dabei nur der lächerliche Tiefpunkt einer Bewegung, deren Substanzlosigkeit nur von ihrer Selbstüberschätzung übertroffen wird. Daß die hinter solchen Eskapaden stehende Idiotie nicht nur bei Jugendfunktionären grassiert, sondern auch die Bischöfe erfasst hat, ließe sich an vielen Beispielen belegen – zuletzt vielleicht an der Entscheidung des Bistums Freiburg, einer sogenannten Transmann-Frau die Erlaubnis zum Religionslehrer zu geben.

Hier geht es weiter Aber man soll sich durch derlei Kuriositäten nicht täuschen lassen, der Angriff geht weit über die Umbaupläne zur Sexualmoral (hier nur  eins von vielen Beispielen) und die Förderung der Geschlechterverirrung hinaus. Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen, Genderismus und Gleichstellungsfuror sind nur dem Zeitgeist wohlgefällige Versatzstücke für einen Angriff auf die sakramentale Ordnung der Kirche – auf eben die Ordnung, die Christus durch seinen Opfertod am Kreuz ermöglicht und modern ausgedrückt zum Funktionsprinzip seiner Kirche gemacht hat. Nicht nur die natürliche Ordnung der Schöpfung, sondern auch die übernatürliche soll nach dem Willen der Reformatoren nach menschlichen Maßstäben und Grundsätzen umgebaut werden: Non serviam.

Als Hauptinstrument dieses Umbaus wird immer mehr der vielberedete „Priestermangel“ erkennbar, der seit Jahrzehnten nicht nur passiv beobachtet, sondern auch von der Staatstheologie und den ihr verpflichteten Bischöfen aktiv gefördert wird. Mit dem immer abstrusere Formen annehmenden „Kampf gegen den Mißbrauch“ und dem gleichzeitigen Kurs auf die – in der Sache nun einmal unmögliche und auch von einem Konzil nicht zu bewerkstelligende – Frauenordination hat diese Bewirtschaftung des Mangels enorm an Dynamik zugelegt. Schon in wenigen Jahren werden nicht mehr genug Priester für ein Mindestmaß an „sakramentaler Grundversorgung“ zur Verfügung stehen – und die freilich enorm geschrumpften „modernen Gemeinden“ werden das nicht als Mangel empfinden, sondern als Chance zum Beschreiten neuer Wege begrüßen – neuer Wege, die freilich abseits des von Christus gewiesenen „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ liegen.

Ein kurzer Blick auf die aktuelle Lage der Sakramente, den wir in kommenden Beiträgen vertiefen zu können hoffen, zeigt ein niederschmetterndes Bild.

  • Taufen gehen ja nicht nur nach Zahlen stark zurück. Der Inhalt des Sakramentes ist zunehmend umgedeutet und ausgehöhlt worden – weg von der Befähigung zur Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der Heiligen hin zur Aufnahme in die konkrete „Gemeinde vor Ort“. Die jetzt in mehreren Diözesen institutionalisierte Laientaufe – die per se den Charakter des Sakramentes nicht aufhebt – wird dazu beitragen, den Entspiritualisierungstrend weiter zu stärken und die ohnehin seit der Liturgiereform geschwächten Sakramentalien und Exorzismen herauszudrängen.
  • Die Firmung gleicht sich weniger im Ritus, als in ihrer vom Klerus unwidersprochen hingenommenen Rezeption in den Gemeinden immer mehr einer „Jugendweihe“ an, einem „rite de passage“ zur Markierung eines durchaus säkular verstandenen Ausgangs aus dem Kindesalter.
  • Die Beichte, ob als Sakrament der Buße oder der Versöhnung bezeichnet, wird kaum noch praktiziert, auch kaum noch empfohlen und in der Folge in ihrer Bedeutung auch kaum noch verstanden.
  • Die Eucharistie, die Gegenwart Christi in der materiellen Welt und ihre immerwährende Inkarnation durch den Empfang der Gläubigen, wird durch Umdeutungen und Mißverständnisse nachgerade planmäßig aus ihrer zentralen Stellung in der „Heilsökonomie“ verdrängt und auf psychologische und sozialdynamische Sekundärelemente reduziert.
  • Die Ehe wird von mehreren Seiten bedroht. In erster Linie natürlich dadurch, daß sie aus der Verbindung mit der Schöpfungsordnung und als Institution zur Sicherung der Weitergabe des Lebens (und des Glaubens!) gelöst und „für alle“ geöffnet wird, zum anderen dadurch, daß sie ähnlich wie die Firmung zu einem bloß weltlichen Fest der Markierung eines neuen Lebensabschnittes gemacht wird, dem der Pfarrer oder die „Seeelsorgerin“ gerne durch ihre Anwesenheit an einer beliebten „Location“ zusätzlichen Glanz verleihen. Wie bei der Taufe (und ursächlich dafür) ist die „Nutzung“ dieses Sakramentes stark rückläufig. Die Kirche schafft sich ab.
  • Der Ordo, das Weihesakrament, wird ähnlich wie die Ehe, deren Parallel- und Gegenstück er in vielem bildet, ausgehöhlt, funktional verweltlicht und seine Bezugs zur übernatürlichen Ordnung beraubt. Auch hier wird sichtbar: Diese Kirche schafft sich ab. Brennpunkte sind hier neben dem Kampf um die „Frauenweihe“ die Bestrebungen, priesterlose „Wortgottesfeiern“ als gleichwertige, letztlich sogar überlegene Form des Sonntagsgottesdienstes zu etablieren.
  • Die Krankensalbung oder „Letzte Ölung“ – beide Bezeichnungen haben ihre Berechtigung und beide haben ihre Schwachpunkte – ist ihres Inhaltes beraubt und in der Folge weitgehend außer Gebrauch gebracht worden.

Im Kern läuft all das auf eine „Protestantisierung“ hinaus – und zwar nicht im Sinne Luthers, der die Zahl der Sakramente auf zwei reduzieren wollte – sondern im Sinne des modernen (und nebenbei bemerkt immer mehr an gesellschaftlicher Relevanz verlierenden) Protestantismus, der überhaupt keine Sakramente im überlieferten Sinn mehr kennt. Die auf eine so verstandene Protestantisierung gerichtete Bewegung wurde – nicht erst seit dem Konzil, aber seitdem mit verstärktem Nachdruck – zunächst von der universitären Staatstheologie getrieben, während die Mehrzahl der Bischöfe hinhaltenden Widerstand leistete. Mit den neuen Bischofsgenerationen der nachkonziliaren Geburts- und Weihejahrgänge ist aus diesem hinhaltenden Widerstand mehr oder weniger offene Unterstützung geworden – das Ziel ist eine neue, dem Menschen (vermeintlich) gemäße und jedenfalls von ihm nach seinem Bild und Wollen geformte Kirche.

Die Passion dauert an.

Zusätzliche Informationen