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Nachlese zum Konsistorium

ScreenshotVor dem letzten Konsistorium brodelten in Rom Gerüchte, der Papst könne die Kardinalsversammlung nutzen, um einen ihm genehmen Nachfolger zu installieren. Nun, da es vorbei ist, sieht es eher so aus, als ob die Chancen für einen Franziskus II. geringer wären als je zuvor. Der hochgradig manipulative Ablauf der konsistorialen Zusammenkünfte hat viele Kardinäle schockiert, und Franziskus hat es tatsächlich fertiggebracht, mit (mindestens) einem Punkt seiner Kurienreform hyperprogressive und traditionstreue Kardinäle zugleich gegen sich aufzubringen.

Dabei geht es um die in Praedicate Evangelium (wieder so ein von Ironie triefender Titel für ein Deform-Dokument) angelegte Aufhebung des Unterschieds zwischen (sakramentaler) Weihevollmacht und (administrativer) Leitungsvollmacht, die alle Amtsvollmachten in der Kirche auf die vom Papst frei zugewiesene Leitungsbefugnis reduziert. Die Progressiven (darunter die Kardinäle Kasper und Ouellet und der Konzilshistoriker Melloni) sind vielleicht nicht im Prinzip dagegen, sehen aber die Gefahr für "DAS KONZIL" und verweisen aber auf die Notwendigkeit einer entsprechende Absicherung im Kirchenrecht. Denn, daran lassen auch sie keinen Zweifel, die Aufhebung dieses Unterschieds widerspricht nicht nur dem geltenden Recht, sondern der auch vom 2. Vatikanum noch einmal ausdrücklich bekräftigten und gegen historische Abirrungen verteidigten Lehre der Kirche.

Und eben das ist der Ansatzpunkt der von Kardinal Müller formulierten und von vielen anderen mitgetragenen Kritik, die er eigentlich beim Konsistorium zu Gehör bringen wollte, jedoch wegen nicht angenommener Wortmeldung nicht vortragen konnte und daher auf dem Umweg über LifeSiteNews an die Öffentlichkeit getragen hat. Einige Kernsätze daraus:

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Es ist kein Fortschritt in der Ekklesiologie, sondern ein schreiender Widerspruch zu ihren Grundprinzipien, wenn alle Jurisdiktion in der Kirche vom Jurisdiktionsprimat des Papstes abgeleitet wird. Auch die großen Worte über Dienstamt, Synodalität und Subsidiarität können nicht übertünchen, welcher Rückschritt zu einer theokratischen Vorstellung vom Papsttum hier vorliegt. (…) Petrus handelt in der Autorität christi als dessen Vertreter. Seine Binde- und Lösegewalt gibt ihm keinen Anteil an der Allmacht Gottes. Die Autorität von Papst und Bischöfen beruht nicht auf eigenem Recht, sondern auf einer besonderen geistlichen Vollmacht, die ihnen zur Heiligung der Seelen durch die Verkündung des Evangeliums und die sakramentale Vermittlung von Gnaden übertragen worden ist…

Daher ist eine total auf den Papst ausgerichtete Kirche immer nur eine Karikatur der katholischen Lehre über die Institution, den Bestand, die Bedeutung und den Grund für den Primat des römischen Pontifex. Der Papst kann die hierarchische und sakramentale Grundordnung der Kirche nicht dadurch verändern, daß er Laien zu Vorstehern einer Diözese oder eines kurialen Amtes ernennt. Ebensowenig kann der Papst Laien auf nicht-sakramentale Weise und durch bloßen Rechtsakt die Jurisdiktionsvollmacht in einer Diözese oder in der römischen Kurie übertragen.“

Das zweite Vatikanum hat (in Lumen Gentium 3,18; 3,22; 3,28) dieser uralte, im Mittelalter und der frühen Neuzeit jedoch teilweise „vergessene“ Lehre mit großem Nachdruck bekräftigt. Es entzog damit auch lehrmäßig dem vorher bereits in der Praxis weitestgehend ausgerotteten Mißbrauch den Boden, Laien zu Bischöfen oder Äbten zu ernennen, um ihnen die damit verbundenen Titel und Einkünfte zu sichern, während „geweihte Dienstleute“ die Ämter versahen.. Wenn Franziskus jetzt gegen diese mühsam errungenen und befestigten Einsichten verstößt, kehrt er zurück zu überaus schädlichen Irrtümern, die sich in einigen Perioden der Kirchengeschichte unter dem Einfluß des feudalstaatlichen Zeitgeistes herausgebildet hatten.

Und was noch schwerer wiegt und wahrscheinlich noch weitreichendere Auswirkungen auf das Ende seines Pontifikats und die Wahl eines Nachfolgers haben wird: Dieser Papst, der alle seine Schritte und Maßnahmen – und seien sie noch so widersprüchlich – mit der Erfüllung „DES KONZILS“ zu rechtfertigen versucht und damit viel Beifall mobilisieren konnte, stellt mit Praedicate Evangelium elementare (und in der Tradition wohlbegründete) Lehren eben dieses Konzils zur sakramentalen und hierarchischen Ordnung der Kirche in Frage. Anders als bei der Liturgiereform, wo es begründete Zweifel gibt, ob die von Sacrosanctum Concilium gewollte Reform durch das vom Consilium Bugninis und Pauls VI. neu entwickelten Missale verwirklicht oder eher verraten worden ist, sind die Lehren von Lumen Gentium III in der Lehrtradition bestens verankert und wohl verständlich dargelegt. Und ausgerechnet an dieser Stelle setzen Franziskus und Hintermänner den Hebel an, um Strukturen zu schaffen, die ihrem an feudalen Vorstellungen anknüpfendem Machtbewußtsein mehr Raum schaffen sollen.

Das ist nicht nur als skrupelloser Angriff auf die Lehre zu verurteilen. Es ist auch strategisch überaus unklug, denn seine Machtanmaßung – das hat Franziskus in den vergangenen Jahren oft genug erkennen lassen – bedroht jeden Bischof, sei er eher progressiv oder eher konservativ, der sein Amt nicht nur als Briefträger der römischen Zentralverwaltung versteht. Bedroht sieht sich damit auch die Mehrzahl der zu Papstwählern erhobenen Ortsbischöfe, die nun einen weiteren Grund haben, darüber nachzudenken, ob eine Fortsetzung des von Franziskus eingeschlagenen Weges in ihrem Sinne sein kann.

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