Bereichsnavigation Themen:

Die Deutschkirche im Absturz

Bild: Eigene Grafik nach Zahlen der DBKDiese Zahl übertrifft unsere schlimmsten Erwartungen: Über eine halbe Million Katholiken (522 821) sind im vergangenen Jahr aus der staatskirchlich organisierten Gemeinschaft mit derzeit um die 20 Millionen eingetragenen Mitgliedern ausgetreten – hier die offiziellen Zahlen. Eine weitere Viertelmillion (245 000) ist durch Tod aus der irdischen Zählung herausgefallen. Beides zusammen stellt die bei weitem größte jemals erfaßte Verlustrate dar.

Die Zahl der Zugänge steht dazu in einem erschreckenden Mißverhältnis: 150 000 Personen, größtenteils Kleinkinder, wurden durch die Taufe neu in die Kirche aufgenommen, und mit 3749 „Wiedereintritten“ erreicht deren Zahl noch nicht einmal die Größenordnung von 1 Prozent der in jedem einzelnen Vorjahr Ausgetretenen.

Prognosen für die kommenden Jahre sind schwierig. Bei den Todesfällen ist entsprechend der Altersstruktur – die über 60-jährigen sind nach wie vor die größte Altersgruppe – mit einer Zunahme zu rechnen, hinsichtlich der Austritte hat man kaum Anhaltspunkte, weil es wenig Informationen über die Gründe gibt, die im Einzelfall zum Weggang führen. Da die allgemeine Situation der Kirche in Deutschland sich in diesem und dem kommenden Jahr kaum verändern wird, dürften auch die Austrittsgründe erhalten bleiben. Außerdem neigen insbesondere die mittleren Jahrgänge dazu, bei einer sich verschlechternden Wirtschaftssituation die Kirchensteuer als Streichposten zu betrachten und früher oder später einzusparen. Der jährliche Verlust von über 700 000 Mitgliedern dürfte also für die absehbare Zeit bestehen bleiben.

Versucht man, trotz der wenigen vorliegenden Informationen über die Gründe für die Austrittswelle nachzudenken, fallen mehrere Problemfelder ins Auge. Hier geht es weiterDas eine ist, in der Sprache des Marketings ausgedrückt, die Ausdünnung des Angebots. Wo im Zuge von Strukturreformen die Zahl der Pfarreien in einem Bistum von früher einmal um die tausend auf vielleicht 50 reduziert werden, sind trotz aller schönen Worte in den Pastoralplänen schmerzhafte Einschnitte nicht zu verhindern. Priester, die schon zuvor durch den Verzicht auf ihre Standeskleidung unsichtbar gemacht worden sind, kommen im Alltag der Menschen nicht mehr vor. Und der Ersatz von Pfarrern und Kaplänen durch ständig erweiterte Aufgabenzuweisung an ungeweihte „Seelsorger*innen“ kann gerade die große Zahl der Gläubigen und Kirchensteuerzahler nicht überzeugen, die zwar in einer eher lockeren Beziehung zur Kirche stehen, deren Erwartungshaltung jedoch nach wie vor eher traditionell geprägt ist. „Wozu soll ich denn noch Kirchensteuer zahlen, wenn Opa doch nur von Frau Mayer aus der Grünstraße beerdigt wird?“

An eine Verbesserung der angespannten Angebotslage ist nicht zu denken: Für die 27 deutschen Bistümer wurden im vergangenen Jahr gerade einmal 33 Priester neu geweiht. Und dabei ist die Frage nach der Glaubenstreue und Amtseignung dieser Männer noch nicht einmal von Ferne gestellt. Sie wäre einfach nicht zu beantworten, fast jeder Befund ist denkbar.

Das zweite große Problemfeld ist das von der Deutschkirche in der Öffentlichkeit gebotene Erscheinungsbild – wieder im Jargon der Werbeagenturen gesprochen: Das Markenimage. Es wird seit Jahren bestimmt von der Funktionärsversammlung des Synodalen Weges und dessen Metastasen, wo in einer Sprache, die kein normaler Mensch versteht, über Gegenstände gesprochen wird, die keinen normalen Menschen interessieren. Ist das Theologie – oder kann das weg?

Das einzige, was von alledem bei Otto Normalkirchgänger und seiner Frau ankommt, ist, daß die Kirche offenbar ein in ihrem Wesen begründetes (im Jargon: systemisches) Mißbrauchsproblem hat, daß sie anscheinend mehrheitlich aus Triebtätern homo- oder pädophiler Prägung besteht, und daß die wenigen Saubermänner und -frauen in der Organisation alle Kraft aufwenden und alle Ideen darauf konzentrieren müssen, um die anscheinend unaufhaltsam aus allen Ritzen hervorquellenden Lustmolche in Schach zu halten. Wenn das keine gelungene Sympathiewerbung ist.

Ganz ähnlich verhält es sich übrigens mit den unablässigen Verleumdungskampagnen, die eine parasitäre Funktionärs-klicke und ihre publizistischen Spießgesellen gegen jeden Kirchenmann in Gang setzen, der es wagt, von der Parteilinie abzuweichen – am brutalsten exekutiert im Drama um den Kölner Kardinal Woelki. In der Gesellschaft allgemein, aber auch in der größeren Kirchen-Öffentlichkeit, die eigentlich nicht mehr von ihrer Kirche erwartet als einen aufmunternden guten Zuspruch oder auch – wenn maßvoll dosiert – eine gelegentliche Kopfwäsche, bleibt davon nicht mehr hängen als „Die haben doch alle Dreck am Stecken“.

Man könnte noch weitere Beispiele für den Drang zum regelmäßigen Schuss in den Ofen ausbreiten. Etwa das Kasperltheater mit Kirchentagen, deren Programme, Personal und Reden sich in keinem Punkt von der Gründungsversammlung einer neuen Deutschen Einheitspartei unterscheiden. Oder das echte Trauerspiel anläßlich „Corona“ mit einer fast vollständigen Verweigerung kirchlicher und sakramentaler Stärkung für Kranke und Sterbende und einem weitgehenden Verzicht auf seelsorgerliche Begleitung der Verängstigten. Man könnte auch einmal darüber nachsinnen, woher es denn kommt und was es aussagt, wenn viele Bischöfe Gesichtszüge präsentieren wie ein zu früh aus der Form geschüttelter Pudding – während die Elite der Funktionärinnen daher kommt, als kämen sie gerade von der Kosmetik bei den Panzergrenadieren.

Spätestens ab 50 sei der Mensch selbst- oder zumindest mitverantwortlich für sein Gesicht, heißt es. Aber lassen wir das.

Auch in diesem verkommenen Laden, als den sich die Deutschkatholische Kirche dem Land und der Weltkirche präsentiert, gibt es nach wie vor Inseln des Glaubens und der guten Werke mit Bischöfen, Priestern und ja auch Pfarr-Referentinnen, die sich aufreiben in der Sorge für die ihnen anvertrauten Seelen – und mit Gemeindemitgliedern, die diese Sorge dankbar annehmen und das ihre dazu tun, damit ein Kern der Gemeinschaft dem Glauben ihrer Väter und Mütter treu bleibt. Ihre Bemühungen entgegen dem Zeitgeist von Gesamtgesellschaft und Synodalisten können gar nicht hoch genug gewürdigt werden. Allzu groß können diese Inseln freilich nicht sein, wie nach der Zahl der Priesterberufungen zu vermuten steht. Aber es gibt sie, und sie sind eine große Hoffnung dafür, daß die ganz normale katholische Kirche in Deutschland auch dann nicht restlos untergehen wird, wenn die Austrittszahlen in den kommenden Jahren weiter dramatisch zunehmen und Bischöfe und Ordinariatsräte längst den wohlverdienten Ruhestrand genießen. 

Zusätzliche Informationen