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Lieber keine Priester, als konservative

Die Erwartung, nach dem überaus unappetitlichen Katalog zur Erkennung und Denunziation von Traditionalisten, den wir hier gestern vorstellten, wieder zum Alltag zurückkehren zu können, hat getrogen. Tatsächlich ist das, was heute nicht auf einer entlegenen amerikanischen, sondern der zentralen Webseite des deutschen säkular-Katholizismus zu lesen war, eher noch eine Stufe ekliger als dieser Verleumdungskatalog.

Aber der Reihe nach.

Im Würzburger Priesterseminar hat es „antisemitische und rassistische Vorfälle" gegeben - die unter anderem darin bestanden, daß ein Seminarist einen Auftritt der Band „Frei.Wild“ besucht hatte. Hier der KNA-Bericht dazu. Es liegt mir fern, diese Vorfälle und ihre Bewertung durch die zuständigen Bischöfe meinerseits zu bewerten; und nicht nur aus Höflichkeit gegenüber der allgegenwärtigen Inquisition erkläre ich gerne, daß Männer, die ein unklares Verhältnis zu den Mordideologien des 20. Jahrhunderts haben, wohl kaum als Priesterkandidaten geeignet sind.

Doch nicht von Würzburg ist hier zu reden, sondern von der überaus perfiden Weise, in der die dort erkannten Vorkomnisse von dem Theologen und Psychotherapeuten Wunibald Müller ausgebeutet werden, um die ganze Kirche, wie wir sie kennen, in den Dunstkreis einer zu überwindenden rechtsradikalen Gedankenwelt einzubeziehen. Also bei weitem nicht „nur“ die Piusbrüder oder andere „Traditionalisten“. Dabei ist dieser Müller - sonst hätte der Bayerische Rundfunk ihn nicht interviewt und KNA seine Ausführungen auch kaum reportiert - nicht irgendwer, sondern als langjähriger Leiter des Referates für Pastoralpsychologie sowie Referent für Priesterfortbildung im Bistum Freiburg und seit 1991 Leiter des Recollectio-Hauses (vulgo: Besserungsanstalt für gefallene Priester) in Münsterschwarzach eine der entscheidenden Figuren in der deutschen Priesterausbildung.

Die Ausführungen von Dr. theol. Wunibald Müller vor dem Bayerischen Rundfunk - hier das Video - werden von KNA zunächst folgendermaßen zusammengefasst:

Auch wenn in den vergangenen Jahren die Tendenz zugenommen habe, dass eher Konservative im Priesterseminar Zuflucht suchten, könnten diese Männer nicht der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden. Die Verantwortlichen müssten sich allerdings die Frage stellen, ob man nicht an einer bestimmten Stelle blind gewesen sei. „Wären es zum Beispiel links orientierte Menschen gewesen, wäre man da nicht schneller bereit gewesen, denen zu sagen, dass sie hier nichts zu suchen haben?“, fragte Müller.

Der Theologe riet dazu, künftig bei der Auswahl von Priesteramtskandidaten genauer hinzuschauen: „Sind sie kommunikationsfähig? Sind sie mit einer geerdeten Spiritualität ausgestattet? Haben sie sich wirklich mit ihrer Sexualität auseinandergesetzt?“

Die Antwort auf diese Fragen kennt der priester-psychologische Chefberater des deutschen Episkopats bereits: Er geht davon aus, daß diese Anforderungen so wie er sie versteht zur Zeit überhaupt nicht erfüllbar sind und fordert auf, zu überlegen: „Was möchte uns Gott damit sagen, dass es offensichtlich im Moment keine Männer gibt, die geeignet sind für das Priesteramt?“ Die Antwort liegt für ihn auf der Hand: „Ist es nicht so, daß es jetzt höchste Zeit wird, daß man auch Männer zulässt, die heiraten dürfen, und daß man danach auch Frauen zulässt. (...) Dann würde auch ein ganz anderes Bild von der Priesterschaft ausgehen.“

So kommt man bruchlos vom „Kampf gegen Rechts“ zu dem gegen den Zölibat und für das Frauenpriestertum. Gekonnt.

Und einen solchen Könner setzen die deutschen Bischöfe seit drei Jahrzehnten an maßgeblicher Stelle in der Priesterausbildung ein, und der Propagandaapparat, der solches verbreitet, ist ihnen jährlich viele Millionen wert.

Liberal bis zur Selbstaufgabe – und darüber hinaus.

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