Was den Franziskanern zusetzt
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- 24. Mai 2014
Die skandalöse – im Blick auf den hl. Pater Pio und andere freilich nicht außergewöhnliche – Verfolgung und Zerschlagung der Franziskaner der Immakulata durch die Ordenskongregation hat Fr. Ray Blake zu einer Betrachtung unter der Überschrift: „Bayern und Buenos Aires“ veranlasst. Er schreibt:
Ich war noch nie in Bayern. Aber ich sehe ein Bild vor mir: Geranien, Sommersonne, etwas Kitsch, in der Ferne vielleicht eine Blaskapelle, und gelegentlich ein paar Lederhosen. Doch mein Haupteindruck ist der einer in ruhiger Ordnung geregelter Effizienz, von sozialem Zusammenhalt bei einer tiefen Achtung vor der Geschichte, vielleicht aus dem Bewußtsein heraus, welche grauenhaften Dinge geschehen können, wenn man die Geschichte vergisst.
Ich war auch noch nie in Buenos Aires. Aber ich stelle mir eine dynamisch vorwärts strebende Stadt vor, voll Lärm und Hektik, mit einem Bewußtsein, daß Bewegung alles ist, und selbst wenn der Verkehr im Chaos stecken bleibt, vermittelt doch der Lärm den Eindruck, daß etwas geschieht. Ich denke, in Buenos Aires gibt es enorme Unterschiede zwischen arm und reich. Es gibt wenig Sinn für die Vergangenheit, vielleicht weil die so schlimm war. Diese Gesellschaft brauch starke Männer, weil sie glaubt, daß sonst Unordnung und Gesetzlosigkeit regieren.
Diese beiden Bilder stehen hinter meinem Verständnis des Unterschieds zwischen dem Pontifikaten Ratzingers und Bergoglios.
Er zeigt sich vielleicht am klarsten an der unterschiedlichen Behandlung der Organisation der amerikanischen Ordensfrauen LCWR und der Franziskaner der Immakulata – gegen erste wurde unter Benedikt, gegen die zweiten unter Franziskus eine Untersuchung eingeleitet.
Das Vorgehen gegen die LCWR ist gekennzeichnet von andauerndem Dialog, einer klaren Benennung der Probleme und einer festen, aber geduldigen Enrtschiedenheit seitens des Vatikan, die amerikanischen Ordensfrauen wieder ins Leben der Kirche zurückzuholen. Selbst wenn die Schwestern wild um sich schlagen und jeden Dialog verweigern, fährt der Vatikan ruhig mit seinen Anfragen fort, wobei er zwar den Druck sachte verstärkt, im übrigen die Vereinigung aber weiter tun läßt, was sie tun will und die große Mehheit der amerikanischen Ordensfrauen überhaupt nicht betroffen ist.
In völligem Gegensatz dazu steht die Behandlung der Franziskaner der Immakulata. Der Kommissar des Vatikans hat die völlige Kontrolle über das gesamte Leben jedes Einzelnen vom Novizen bis zum Ordensgründer übernommen. Niemand scheint wirklich zu wissen, um welche Probleme es eigentlich geht, es gibt keine eindeutigen Monita – außer Hinweisen auf „Tendenzen“, worunter man freilich alles und jedes verstehen kann. Auch nach Monaten sieht man von den Problemen nicht mehr, als daß es sich wohl um „Gedankenverbrechen“ handelt. Im Gegensatz zum Niedergang der Kapuziner von Kommissar Volpi oder der LCWR waren die Franziskaner der Immakulata eine junge, eine wachsende, eine gläubige Gemeinschaft. Und nun trifft also der gleiche Terror ihren weiblichen Zweig, die Franziskanerinnen der Immakulata.
Die LCWR sind „Über Jesus hinaus“ fortgeschritten, die FFI scheinen grade ein bißchen zu sehr traditionsorientiert zu sein; die ersteren werden mit dem benediktinischen Samthandschuh angefasst, die zweiten bekommen die eiserne Faust Franziskus‛ zu spüren. Die Behandlung der LCWR erscheint Lösungsorientiert und einladend, demgegenüber erscheint das Verhalten Fr. Volpis gegenüber den FFI destruktiv und gewaltsam.
Während die Popularität von Franziskus in den weltlichen Medien weiter zunimmt, nehme ich eine wachsende Furcht wahr, daß die Hand des Steuermanns des Schiffs Petri einfach zu schwer, zu südamerikanisch, zu sehr entschlossen ist, Veränderung um der Veränderung willen zu betreiben. Das Pontifikat von Franziskus ist bei weitem nicht bescheiden, arm und demütig, es kommt so großmächtig daher wie nur irgendeines in der Vergangenheit.
Da gibt es viel zu viel Ähnlichkeit mit den Wesenszügen der fürstlichen Rennaisance-Päpste, die große Teile des Roms ihrer Vorgänger abrissen, um es nach ihrem eigenen Bild und nach dem, was sie für neu und zeitgemäß hielten, wieder aufzubauen. Aber Franziskus will nicht mit Steinen wieder aufbauen, sein Streben greift viel tiefer, und es wird nicht nur seine Diözese betreffen, sondern das Glaubensverständnis eines jedes Katholiken. Kaum jemand kann sich vorstellen, daß die Rede von Kardinal Kasper vor dem Konsistorium und das, was er anschließend gesagt hat - er war der einzige vom Papst berufene Redner – etwas anderes ausdrückte als das, was der Papst selbst denkt. Und keiner glaubt, daß der Aufruf des von ihm berufenen Vorsitzenden der iralienischen Bischofskonferenz, „ohne Tabus“ über die Ehe, homosexuelle Verbindungen und die Zukunft des Zölibats zu diskutieren etwas anderes war als Ausdruck der Gedanken des Papstes selbst.“
Soweit die Ausführungen von Fr. Blake. In seinem Blog zitiert er dann noch einige Absätze, in denen ein anderer Blogger sozialpsychologische Überlegungen anstellt, warum Papst Franziskus so ist, wie er ist. Wer will, kann das hier nachlesen.
Das Bild oben entnahmen wir dem Photoband von Hans-Günter Kaufmann: Was die Welt schön macht. Er hat Kardinal Ratzinger 2004 auf seinem letzten Besuch in Bayern vor der Wahl zum Papst begleitet.