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Juliana von Lüttich und Papst Benedikt

Heiligengestalten wie die hl. Juliana von Lüttich, auf deren Wirken die Einführung des Fronleichnamsfestes zurückgeht, sind der modernen Theologie peinlich. Sie hält es da eher mit Helmut Schmidt, der einmal sagte: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Daß im Schott von 1966 die Heilige als Anregerin des Festes nicht mehr vorkommt, ist daher kaum überraschend - man kann schon froh sein, daß die Redaktion von Beuron nur die im übrigen wohldokumentierte Verfasserschaft des hl. Thomas von Aquin am Messformular in Frage gestellt hat und nicht den Heiligen selbst.

Papst Benedikt, der von solchen Berührungsängsten frei ist, hat der heiligen Juliana im Rahmen seiner Katechesen zu weniger bekannten heiligen Frauen der Kirchengeschichte eine eigene Predigt gewidmet. Sie ist bemerkenswert nicht nur, weil sie das Leben der Heiligen in seinen größeren historischen Zusammenhang einordnet, sondern weil sie zeigt, daß der große Intellektuelle unter den Päpsten der letzten Jahrhunderte nicht nur ganz selbstverständlich den Aquinaten als Verfasser der Messtexte anspricht, sondern auch ein ganz und gar katholisch unverkrampftes Verhältnis zu den Berichten über die Visionen der Juliana und über das eucharistische Wunder von Bolsena aus dem Jahr 1263 zum Ausdruck bringt.

Mit Nachdruck zitiert Papst Benedikt dabei auch das Kompendium des  Katechismus, das klarstellt, daß sich die reale Gegenwart Christi unter den eucharistischen Gestalten auf einzigartige Weise von anderen Weisen der Gottesgegenwart unterscheidet.

Hier finden Sie den vollständigen Text der Katechese Benedikt XVI. vom 17. November 2010.

Noch eine Anmerkung zum Bild der hl. Juliana aus der Sammlung des Barber Instiute of Fine Arts, gemalt von Philippe de Champaigne im 17. Jahrhundert: Auf manchen Abbildungen hat der Mond wie hier einen dunklen Flecken, auf anderen fehlt ihm, wie auch bei Papst Benedikt beschrieben, ein schwarzer Streifen. Diese Unklarheit können wir getrost den Spezialisten für mittelalterliches Latein in Brabant und Hennegau überlassen. Interessanter erscheint der hängend angebrachte Tabernakel, vor dem die Heilige in Anbetung kniend dargestellt ist. Hängende Aufbewahrung des allerheiligsten Sakraments war während des ganzen Mittelalters wenn nicht die Regel, so doch eine häufige Praxis: So bewahrte man gerne Essbares auf, um es vor dem Zugriff von Mäusen und Ratten zu schützen. Bekannt sind die  Pyxis in Form einer Taube, die dafür oft verwandt wurden. Wenn hier anscheinend ein Kelch sichtbar in einem verglasten Gehäuse steht, das überdies noch teilweise mit einem Velum bedeckt ist, haben wir es mit einer Mischform zwischen Pyxis und Tabernakel zu tun, die möglicherweise nur der Phantasie des Malers entsprungen ist.

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