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Noch einmal: die Synode

Wenn wir schon bei Vergleichen mit der Titanic (s. Beitrag vom 17 10.) sind: Dem ersten Eisberg, der auf ihrem Weg lauerte, ist das Schiff der Familiensynode glücklich ausgewichen. Das Verdienst des Kapitäns, der zweifelhafte Gestalten als Offiziere eingesetzt, sie mit überholten Kursvorgaben ausgestattet und die Mannschaft mit widersprüchlichen Signalen verwirrt hatte, ist das zu allerletzt. In einem für die neuzeitliche Kirchengeschichte beispiellosen Drama haben die Bischöfe der Weltkirche die Verantwortung an sich gezogen und klar gemacht, daß sie ein Abweichen von dem Kurs, den der göttliche Stifter seiner Lirche vorgegeben hat, nicht unterstützen wollen.

Die Tricks und Finten, durch deren Einsatz die modernistische Minderheit die Bischöfe beim vergangenen Konzil überlisten konnten, sind durchschaut und können damit auch abgewehrt werden. Ob das auch beim nächsten Mal wieder gelingt - die Widerholung des Angriffs ist bereits angesagt -  und welche Folgen diese neu erwachte synodale Kraft für die weitere Entwicklung der Kirche haben wird, ist abzuwarten – denn ohne den sicheren Felsen Petri als Fundament kann die Kirche, wie ihre Geschichte lehrt, bestenfalls akute Notlagen überwinden, aber nicht auf Dauer gedeihen.

Eine möglichst vollständige Aufhellung der Abläufe der vergangenen Woche wird die Historiker noch eine Weile beschäftigen. Wir begnügen uns für heute mit der Wiedergabe einer Reihe von Einsichten und Ansichten aus Blogs und Publikationen, denen die überraschende Wendung in Rom nicht wie dem Mainstream die Sprache verschlagen hat.

Zur Pressearbeit der Synodenregie meinte „Superpellicaeum" bereits nach der Vorlage der von Erzbischof Bruno Forte zusammengestellten „Relatio“ zur ersten Woche:

... die Darstellung der Synode durch die Organe der vatikanischen Öffentlichkeitsarbeit war keine besondere Überraschung.

Eher ungewöhnlich ist da schon die Position, die der Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Card. Müller, in den letzten Tagen einnimmt. Er wehrt sich gegen die einseitige Medienarbeit durch Pater Lombardi, SJ (sic!), fordert Transparenz und widerspricht der von Card. Kasper und Konsorten vertretenen und offensichtlich von Seiner Heiligkeit, Franz I., gewünschten Linie, weil sie im offbar nicht mit der Tradition der Kirche übereinzustimmen scheint.“ 

Damian Thompson vom „Spectator“ resumiert den Ausgang des durch diesen Textentwurf Aufruhrs – und damit der ersten Synodenhälfte – in 6 Punkten zusammen, die wir unsererseits noch einmal zusammengefasst haben:

1. Kardinal Kasper hatte nicht die Kraft, die Synode wie erwartet zu lenken: Er ist eine altehrwürdige Figur, die zwar von manchen sehr geschätzt wird, sich aber hoffnungslos in den sektiererhaften Diskussionen der 60er und 70er Jahre verfangen hat.

2. Der zur Halbzeit veröffentlichte Zwischenbericht war einseitig und überging die Ansichten maßgeblicher Kardinäle in Sachen ehe und Homosexualität. Die Tatsache, daß der Bericht auf einer ebenfalls einseitig den liberalen Wünschen zuneigenden Pressekonferenz präsentiert wurde, machte das nicht besser.

3. Nach dem Fiasko vom Montag starteten einige der mächtigsten Männer der Kirche – darunter der Präfekt der Glaubenskongregation Müller und der Finanzchef Kardinal Pell eine höchst wirkungsvolle Gegenoffensive. Beide Männer sind keine theologischen Dinosaurier. Aber sie sahern voraus, daß es zur Spaltung kommen würde, wenn die deutschen Liberalen ihren Kurs den Bischöfen der Entwicklungsländer aufzwingen wollten, die sich von der Synode Hilfe beim Widerstand gegen die fortschreitende Zerstörung der Familie in ihren Ländern erhoffen.

4. Der Auftritt von Kardinal Kasper mit seinem Interview, in dem er den in seinen Augen zurückgebliebenen Afrikanern faktisch die Mitsprache absprach. Progressive Journalisten versuchten, ihm die Stange zu halten – aber sie hatten nicht damit gerechnet, daß er seine Äußerungen rundweg abstreiten würde. Dann kam der Tonmitschnitt, und Kasper versuchte sich herauszuwinden, das sei ein Privatgespräch gewesen – doch da war seine Glaubwürdigkeit schon in Fetzen.

5. Am Freitag führte diese Reihe von Missgeschicken dann zu einem Wunder – freilich nicht zu dem, das Papst Franziskus erhofft hatte: „Neocons" in der Tradition Johannes Pauls II. und „Traditionalisten" aus der Schule Benedikt XVI. stellten ihre Differenzen in Sachen Liturgie zurück und erreichten mit vereinten Kräften, daß das Abschlussdokument zur ersten Synodenphase die zweifelhaften Passagen zur Scheidung und zur Homosexualität nicht mehr enthielt und sich auch sonst in Ton und Inhalt völlig von dem am Montag vorgelegten unterscheidet.

6. Deshalb wird es auch beim endgültigen Synodenabschluss im kommenden Jahr nicht zu einem Erdbeben kommen. Kleine Anpassungen und praktische Schritte, die auch zu erreichen gewesen wären, ohne daß der Papst die theologischen Spaltungen in einer ihrem Anspruch nach globalen Kirche so zum Ausdruck gebracht und vertieft hätte.

Fr. Dwight Longenecker schließt daran auf Patheos die Frage an:

Thompson und andere fragen sich jetzt, wie weit der Papst selbst durch dieses Fiasko beschädigt wurde. Was halten die Bischöfe und Kardinäle wirklich von seiner Führung? Wenn man den Berichten von der Synode Glauben schenken darf, gab es unter den versammelten Vätern ehrliche Entrüstung und Zorn über die so wahrgenommene Manipulation der Synode. Machen sie dafür Papst Franziskus selbst verantwortlich – oder eine Kamarilla, die sich hinter ihm zu verstecken versucht? Haben die Synodenväter gegen die Grauen Eminenzen revoltiert – oder gegen den Papst selbst? (...)

Hat der Papst den ihm entgegen gebrachten Vorrat an Goodwill und Vertrauen aufgezehrt? Popolarität bei den Leuten, bei den Säkularisten und den Nicht-Katholiken, ist das eine – aber das hilft ihm wenig, wenn es um Kirchenpolitik und die Linie des Vatikans geht, wenn er die Reformen durchsetzen will, an denen ihm so viel liegt.

Rorate Caeli vertieft diesen Aspekt im Bericht einer ungenannten römischen Quelle:

Die Relatio zur ersten Woche, die Erbischof Bruno Forte (offenbar) schon vor der ersten Woche geschrieben hatte, musste eine starke Wirkung auslösen, und hier in Rom weiß jeder, daß Franziskus sie vor der öffentlichung kannte, las und freigegeben hatte. In diesem extrrem auf die Person zugeschnittenen und egomanischen Pontifikat geschieht nichts in dieser Größenordnung ohne die direkte Kenntnis des Papstes. Was unerwartet war und keinesfalls geschehen sollte war, daß die Mehrheit sich trotz des enormen ausgeübten Druckes wojtylianisch und nicht bergolianisch entschied.

Ich habe in den letzten Tagen mit einer beträchtlichen Zahl von Würdenträgern gesprochen, darunter auch viele Synodentväter. Sie sind alle wütend und sauer auf Franziskus. Der Präsident der Bischofskonferenz eines großen afrikanischen Landes bezeichnete ihn mir gegenüber offen als „eine Kraft der Spaltung". Daas passende Wort zur Beschreibung der Stimmung in Kurie und Synode nach 18 Monaten eines Regiments, das sich auf Angst und Unterdrückung stützt, ein Wort, das ich in der letzten Woche mehrfach gehört habe, ist „esasperazione" - soviel wie „außer sich sein". Die Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts zeigen, daß Herrschaft mit Angst und Manipulation über kurz oder lang Rebellion hervorruft, und genau das ist am Donnerstag ausgebrochen.

Diese Beschreibung ist zweifellos etwas südländisch-dramatisierend. Aber selbst wenn sie nicht die Stimmungslage einer Mehrheit, sondern nur die Befindlichkeit einiger Personen ausdrückt, würde sie auf eine unglaubliche Entwicklung hindeuten: So ist seit Jahrhunderten nicht mehr über einen regierenden Papst gesprochen worden, zumindest nicht vor Augen und Ohren der Öffentlichkeit.

Eine weitere bemerkenswerte Zusammenfassung der Ereignisse der letzten Woche, die wir hier nicht zitieren können, weil sie ihrerseits größtenteils aus Zitaten besteht, bietet Steve Skojec auf seinem neuen Blog onepeterfive. Erhellend auch der Rückblick auf einen Vorbericht zur Synode auf katholisches.info vom Juni. Die Mainstream-Presse hat ein Wochenende gebraucht, um eine Sprachregelung zu finden und in angemessene Worte zu kleiden. Schöne Beispiele bieten die Welt und die Süddeutsche

Wir leben wahrhaft in spannenden Zeiten.

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