Griff zur Pistole - Nachtrag
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- 23. Juli 2015
Der abendliche Blick in die Berichterstattung und Kommentierung der „Qualitätsmedien“ in Sachen Bischof Tebartz van Elst bestätigt und übertrifft die hier heute früh geäußerten Darstellungen. Es zeigt sich ungehermmter Vernichtungswille gegenüber einem Mann, der feingesponnene Gewebe der Macht gleichzeitig offengelegt und verwirrt hat und sich darüberhinaus anscheinend auch noch dem Zugriff der Meute entziehen konnte. So richtet sich die Wut, verbunden mit Drohungen, auch gegen Rom. DEN Kopf wollen sie haben, vorher gibt es keine Ruhe.
Es ist unmöglich vorauszusagen, wie Rom - und das ist in diesem Fall wohl auch der Papst selbst - darauf reagieren wird. Er steht nicht in dem Ruf, Druck nachzugeben oder auch nur Ratschläge bereitwillig entgegenzunehmen. Ob er den vakanten Bischofsstuhl bald wiederbesetzt, ob er den Administrator zur Dauereinrichtung werden läßt, ob er das vor nicht einmal zweihundert Jahren recht künstlich geschaffene Gebilde wieder auflöst - wer weiß das schon.
Anders als durch eine Auflösung werden sich die verfestigten Machtstrukturen zwischen Frankfurt und Wiesbaden jedenfalls kaum verflüssigen lassen. Daß jeder Schritt in dieser Richtung das Reichskonkordat von 1933 ins Wanken bringen könnte, wird den Mann aus Buenos Aires wenig stören. Derlei hält er für entbehrlich, und außerdem, um ein Lieblingstheologem deutscher Bischöfe zu bemühen: Entspricht dieses Konkordat denn noch der Lebenswirklich der Menschen in der heutigen Bundesrepublik?
Die Geschäftsführenden Gesellschafter der deutschkatholischen Genossenschaftsvereinigung sind wohl auch hier viele Jahre hinter der aktuellen Entwicklung zurück: Die postmoderne und postnationale Bevölkerung des Landstrichs zwischen Rhein und Oder und ihre Regenten haben nur noch geringen Bedarf an Kirche. Das Controlling des Unternehmens hat längst ermittelt, daß man diese Kosten einsparen oder mit höherem return on invest an die eine oder andere Klientel vergeben kann. Dieses Modell, dessen „offenbar kostbaren Rudimente von Fäulnis () mit rattenhafter Wut verteidigt (werden) “ - so heinrich Böll 1974 in einem ähnlichen Zusammenhang - ist nicht zukunftsfähig.