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Umfragen und andere Zahlen

Im Oktober beginnt in Rom die Familiensynode, von der viele sich eine grundlegende Neubestimmung des kirchlichen Kurses in zahlreichen aktuellen Fragen erwarten. Mit Umfragen versuchen die Neokatholiken der deutschen Nationalkirche, Stimmung für ihre Programm zu machen – die Ergebnisse sind weder neu noch überraschend: Bei allen öffentlichen Reizthemen von der Bewertung der Unauflöslichkeit der Ehe, der Empfängnisverhütung, der gelebten Homosexualität, des Zölibats, der Frauenordination bis zu Zweck und Inhalt des Gottesdienstes betrachtet eine große Mehrheit von Katholiken Lehre und Glaubenspraxis der Kirche als überholt. Allenfalls als „Ideal“ will man sie noch gelten lassen, freilich ohne Verpflichtung, sich diesem Ideal in der Eigenen Lebenspraxis anzunähern. Zu dogmatischen Fragen werden sicherheitshalber erst gar keine Umfragen angestellt – sonst würde sich auch herausstellen, daß selbst unter den regelmäßigen Kirchgängern – als solche betrachtet man Personen, die etwa einmal im Monat den Sonntagsgottesdienst teilnehmen - die wichtigsten Inhalte der Glaubenslehre entweder gar nicht kennen oder nicht anerkennen. Der Glaube an einen Persönlichen Gott, an das ewige Leben nach dem Tode, an die reale und „substanzielle“ Gegenwart Christi im Altarsakrament, an die Erbsünde und an die Sakramente von Taufe und Buße zur Vergebung der Sünden werden offensichtlich nur noch von Minderheiten geteilt. Von sehr kleinen Minderheiten.

Der „Schuldige“ für diesen Glaubensabfall ist schnell ausgemacht: Die „allgemeine Säkularisierungstendenz“ der letzten Jahrzehnte – also eigentlich niemand.

Demgegenüber ist zweierlei festzuhalten:

Die katholische Kirche in Deutschland hat (ebenso wie andere Glaubensgemeinschaften) das unschätzbare Privileg, die ihrer Konfession angehörenden Kinder und Jugendlichen während der ganzen Grundschulzeit in jeder Woche zwei Stunden lang begleiten zu können. Allerdings hat sie schon früh darauf verzichtet, diese Stunden zur „Glaubensvermittlung“ zu nutzen. In trottelhaftiger Ergebenheit und manchmal auch vorauseilendem Gehorsam gegenüber der Schulbürokratie und den jeweiligen erziehungswissenschaftlichen Moden hat sie den Religionsunterricht zu inhaltsleeren Quasselstunden verkommen lassen. Sie hat es begünstigt, daß der „Theologe“ Halbfas, dem wegen unerträglicher Abweichungen von der Glaubenslehre auf Druck Roms die Lehrbefugnis für die Priesterausbildung entzogen worden war, jahrzehntelang maßgebliche Positionen für die Ausbildung der Religionslehrer bekleidete. Wenn junge Leute heute praktisch über keinerlei Wissen in der Gleubenslehre verfügen, ist das nicht Ergebnis einer unerklärlichen Umweltkatastrophe, sondern Ergebnis einer absehbar fehlgeleiteten und als solche gewollten Entwicklung.

Der zweite Grund für den Verlust zur Mitteilung des Glaubens ist in der gottesdienstlichen Praxis zu sehen, die seit den 60er Jahren fast alle Gemeinden erfasst hat. Und da, wo sie sich nicht widerstandlos einführen ließ, seitens der Bischöfe mit brachialer Gewalt durchgesetzt wurde. Von der Architektur von Kirchenneubauten (das gab es noch bis in die 80er Jahre), von den entsakralisierenden Umbauten und Verschandelungen bestehender Kirchengebäude bis zur „Gestaltung" der Gottesdienste unter dem Diktat der Liturgiereform und des Opportunismus gegenüber der Säkularisierung überall das gleiche Bild: Radikale Reduktion der transzendentalen Dimension, Einschmelzung alles Widerständigen, geradezu wollüstige Unterwerfung unter die Forderungen und Zumutungen einer Alltagskultur, die im Anschluss an Papst Johannes Paul II. immer deutlicher als „Kultur des Todes“ erkennbar wird.

Als Wirtschaftsunternehmen und Sozialverband steht die Katholische Kirche Deutschlands glänzend da. Als Teil der katholischen Glaubensgemeinschaft ist sie bankrott, daran lassen die eingangs zitierten Umfragenergebnisse keinen Zweifel, und als Glied am Leibe Christi steht sie kurz vor dem Absterben. Die hektische Aktivität des Managements ist unschwer als der Versuch erkennbar, den für so viele Teilhaber so einträglichen Apparat durch Übergang zu neuen Geschäftsmodellen zukunftsfähig zu machen. Dazu gehört es auch, in der Vorbereitung der kommenden Bischofssynode diese sehr spezifische und sehr deutsche Interessenlage so weit zu ideologisieren, d.h. als den Ausdruck eines allgemeinen und für alle bestimmenden Interesses erscheinen zu lassen, daß eine Mehrheit sich dem anschließt.

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