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Wer ist wie Gott?

Der Bundestag debattierte in der vergangenen Woche über Euthanasie - und die Medien gaben das ihre dazu. In der Bahnhofsbuchhandlung photographierte ich diese Titelseite des Handelsblatts, die den Tenor von Vox Populi in der knappsten denkbaren Weise auf den Punkt brachte. Statt des zugehörigen Textes las ich dann später aus Martin von Cochems Großes Leben Christi (erschienen 1677) den Abschnitt von der Erschaffung und dem Fall der Engel. Das Große Leben Christi ist eines der großen Schatzhäuser der katholischen Tradition. Mit 'Wissenschaft', erst recht nicht mit deren rationalistischer Versimpelung, hat das Werk wenig zu tun. Mit 'Wissen' um so mehr. Hier Auszüge aus dem genannten Kapitel in einer leicht an die gegenwärtige Sprach- und Schreibweise angepassten Form.

Es beginnt ein langes ZitatEs sagen die Theologi, daß alle Engel in dem ersten Augenblick ihrer Erschaffung die natürliche Seligkeit besessen hätten, nämlich alles, was ihrer englischen Natur gemäß wäre und was sie natürlicherweise hätten wünschen können. Zu der übernatürlichen Seligkeit aber , die in der vollkommenen Anschauung Gottes besteht, hatten sie durch den Glauben und die Hoffnung einen trefflichen Anfang. Dennoch waren sie noch nicht selig, sondern mussten zuvor die Seligkeit mit einer Übung der Liebe und der Anerkennung Gottes verdienen. Darum gab ihnen Gott den freien Willen, daß sie freiwillig tun und lassen könnten, was ihnen beliebte. Gott stellte ihnen frei, ob sie ihn als ihren Gott und Herrn anerkennen, ihm dienen und Gehorsdam leisten wollten oder nicht. Würden sie das tun, so würde er ihren freien Willen durch seine Gnade so befestigen, daß sie in Ewigkeit nicht mehr sündigen und die Seligkeit verscherzen könnten. Würden sie das nicht tun, so wollte er sie auf ewig von sich verstoßen.

Wer sollte nicht meinen, die Engel hätten ein so leichtes Gebot, zu dem sie ihre eigene Natur antriebe, von Herzen gerne ins Werk gesetzt? Wer sollte nicht meinen, sie hätten sich sogleich vor Gott niedergeworfen und ihn mit aller Ehrerbietung als ihren Herrn anerkannt haben? Dennoch geschah das Gegenteil, und viele von ihnen taten etwas, was sich kein Mensch hätte vorstellen können. Denn als Luzifer, der Oberste der Engel, vernahm, daß er sich Gott unterwerfen und ihm in Ewigkeit dienen solle, betrachtete er seine Schönheit und seinen hohen Adel und dachte bei sich: Wenn ich als ein so großer Himmelsfürst so hohen Adels und Herkommens einem anderen dienen und untertänig sein wollte, so ginge das gegen meine Ehre und meinen Ruf. Darum will ich mich niemals dazu bereit finden. Diese Gedanken seines Hwerzens hielt Luzifer den anderen En geln vor und wollte sie dazu bringen, sich Gott nicht zu unterwerfen. Und so kam es, daß viele ihm zustimmten - noch mehr aber sich ihm widersetzten. (...)

Luzifer mit seinen Engeln beließ es nicht dabei, daß er sich Gott nicht unterwerfen wollte,  sondern als er sah, daß Gott höher und vortrefflicher war als er, entstand in ihm eine Missgunst gegen Gott und eine Begierde, sich über ihn zu stellen. (...) Als nun der allmächtige Gott sah, daß der böse Luzifer schon den dritten Teil der Engel verführt hatte und vielleicht noch mehr verführen würde, sollte er noch länger im Himmel bleiben, wurde er von gerfechtem Zorn ergriffen und sprach über diese abtrünnigen Engel folgendes Urteil: Da die undankbaren Engel, die ich doch so edel erschaffen und mit soviel Gnaden begabt habe, mir nicht allen keinen Dank erweisen, sondern mir gleich, ja mir überlegen sein wollen, so spreche ich das Urteil, daß ihnen keine Zeit zur Buße gegönnt werde, sondern daß sie aller Gnaden beraubt und ohne alle Barmherzigkeit aus dem Himmel verstoßen und in den Abgrund der Hölle gestürzt werden sollen. (...)

Stell dir nur vor, was für ein schreckliches Schauspiel das wohl war, als Tausende von Engelnaus dem hohen Himmel verstoßen wurden! Wie erbärmlich haben wohl diese elenden Teufel geschrien, geheult und gebrüllt. Wie grausam haben sie Gott und seine Engel gelästert und geschmäht. Christus sagt von diesem Fall: Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen (Luk 10). Als wollte er sagen: Es war so schrecklich anzusehen, als der leidige Teufel vom Himmel fiel, wie wenn ein grausiges Gewitter in der Luft tobt. Ja, als ob der Himmel überall voll Feuer wäre. Man sah und hörte nichts anderes als blitzen, donnern, knallen, sausen, brausen, heulen, klagen und schreien, so daß sich alle Kreatur darüber entsetzte. Da erst erkannten die elenden Geister ihren Irrtum und beklagten ihre Torheit wie unter blutigen Tränen: O wir Eleneden, was haben wir getan. Wie sind wir so mutwilliger Weise in diese Not geraten? Wir wollten Gott gleich sein - jetzt aber sind wir uns selber nicht mehr gleich. Wir haben Gott seine Ehre mißgönnt - jetzt aber werden uns alle Kreaturen unsere Schande von Herzen gönnen."

Drei Randbemerkungen zum Abschluß:

  • Die 'Theologi', von denen Martin hier spricht, waren offensichtlich etwas anderes als die 'Theologen' von heute - deshalb bleibt hier die lateinische Form stehen.
  • "Inkulturation" der in der Schrift ausgesprochenen Offenbarung und des von den Kirchevätern erklärten Glaubens ist möglich. Martin von Cochem zeigt, wie es richtig gemacht wird - dafür wird er heute verdammt.
  • Viele Konzilsväter des 2. Vatikanums scheinen der Ansicht gewesen zu sein, der "Fürst dieser Welt" habe sich in ein braves Haustier verwandelt, das schon seinen Beitrag zu einer besseren Zukunft leisten werde. Der Irrtum wird jeden Tag offensichtlicher.

 

 

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