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Eine Rede in Florenz

Anläßlich der 5. Nationalen Kirchlichen Zusammenkunft in Florenz hielt Papst Franziskus heute eine Rede, die wohl schon bald - noch liegt der komplette Text nicht einmal in Italienisch vor - als Zusammenfassung seines Denkens für die angesagte grundlegende zweite Reformation gelesen werden wird.

Die Website der deutschen Bischöfe betont insbesondere das Plädoyer des Papstes für eine Kirche, die sich „der Lebenwirklichkeit öffne“:

Ohne zu wissen, was die Menschen denken, isoliert sich der Jünger und fängt an, sie nach seinen eigenen Vorstellungen und Überzeugungen zu richten", sagte er am Dienstag bei einer Messe im Franchi-Stadion von Florenz.

Die Kirche Jesu müsse stets in „gesundem Kontakt“ bleiben mit der Realität, wie sie die Menschen erlebten, „mit ihren Tränen und Freuden“, so Franziskus. Anders werde es ihr nicht gelingen, die Herzen der Menschen zu erreichen. Diener der Kirche dürften daher nicht der Versuchung verfallen, sich in ihren Ansichten vom Kirchenvolk abzukoppeln, als ginge es sie nichts an und sei ihnen nicht wichtig.

Die Kirche lebt wie Jesus in der Mitte der Menschen und für die Menschen", fügte Franziskus vor Zehntausenden Menschen hinzu. "Deshalb hat die Kirche in ihrer ganzen Geschichte in sich die Frage getragen: Wer ist Jesus für die Männer und Frauen von heute?“

Besonders hebt die Redaktion auch den folgenden Satz hervor:

Es bringt keinen Nutzen, angesichts der Übel oder Probleme der Kirche die Lösungen im Konservatismus oder Fundamentalismus zu suchen, in der Restauration von Verhalten und Formen, die nicht einmal mehr kulturelle Bedeutung haben.“

Während seines Vortrags erheiterte der heilige Vater sein Publikum mit einem kleinen Joke: Nein, er werde ihnen keine lange Liste mit all den Versuchungen aufzählen, vor denen sie auf der Hut sein müsste, „so wie die 15 Punkte, die ich der römischen Kurie vorgehalten habe.“ Man erinnert sich - das war die Rede, in der er seinen Angestellten und Untergebenen unter anderem eine Neigung zu „Spirituellem Alzheimer“ vorgeworfen hatte. Doch auch diesmal sparte er nicht mit den sattsam bekannten Vorwürfen von Gnostizismus bis Pelagianismus. Der ganze Katalog ist inzwischen unter dem Titel The Pope Francis Little Book of Insults zusammengestellt worden - es umfasst 120 Stichwörter.

Soweit die Rede heute bereits kommentiert wird - hier eine erste ausführlichere Zusammenfassung - , dürfte sie die negative Wirkung der Weihnachtsrede von 2014 mit besagten 15 Punkten noch in den Schatten stellen. Fr. Hunwicke ist irritiert über den antiintellektuellen Unterton, den er darin wahrgenommen hat; Mathew Karmel fragt sich auf OnePeterFive wegen Franziskus' anscheinen bei Luther entlehnten Verständnis von Pelagianismus': „Ist der Papst Protestant?“

Der britische katholische Publizist Damian Thompson hat bereits am 7. November  im konservativen Spectator einen überaus scharfen Beitrag veröffentlicht: Pope vs church - the anatomy of a Catholic civil war. Sollte er mit seiner Einschätzung am Ende recht behalten?

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