Fest der unschuldigen Kinder
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- 28. Dezember 2015
Jeder Blick auf eine beliebige Nachrichtenseite im Internet offenbart, daß die „aufgeklärten Gesellschaften“ der Gegenwart von schwersten Neurosen, wenn nicht gar von fortschreitendem Irrsinn befallen sind. Keine Untersuchung erhellt, welchen Anteil der gesellschaftlich sanktionierte millionenfache Kindermord an den kollektiven Wahnerscheinungen hat. Tatsächlich gilt ja bereits die Diagnose und Untersuchung des „postabortiven Syndroms" auf individueller Ebene als „frauenfeindlicher Angriff“ auf die Grundlagen der westlichen „Werteordnung“ und wird daher als Thema für die Wissenschaft missbilligt oder rundweg ausgeschlossen. Wie stark das von der Kultur des Todes errichtete Tabu auch in kirchliche Bereiche hineinwirkt, ahnt man, wenn auf katholisch.de das heutige Fest der Unschuldigen Kinder nur unter „Vergessene Feste in der Weihnachtszeit“ vorkommt.
Das Thema ist peinlich - bis hinein ins ökumenische Heiligenlexikon, in dem der ansonsten unbekannte Wiener Amateurhistoriker Helmut Bouzek dem Herodes „Motiv, Willen und Macht“ zu einer derartigen Gewalttat abspricht und den biblischen Bericht des Matthäusevangeliums als reine Legende abtut.
Der im 4. Jahrhundert lebende spätantike christliche Dichter Aurelius Prudentius Clemens hat in seinem großen Gedicht zum Weihnachtsfestkreis Quicumque Christum quæritis auch den Kindermord von Bethlehem in erschütternde Verse gebracht - seine Fähigkeit zur Empathie war offensichtlich größer als die einer Gegenwart, die den Baalskult der eigenen Gesellschaft ebenso verdrängt wie – vielleicht auch deshalb – den Massenmord der Boko Haram an Schulkindern in Afrika.
Voll Furcht vernahm es der Tyrann,
daß der König der Könige gekommen sei,
der das Geschlecht Israel regieren
und das Königtum Davids besitzen soll.Außer sich von dieser Nachricht rief er aus:
Ein Nachfolger erhebt sich, uns zu vertreiben,
Wachen, eilt und zückt das Schwert
und tränkt die Wiegen im Blut.Tötet alles, was an Kinder männlich ist,
forscht, was die Ammen in ihrem Schoß halten,
und an der mütterlichen Brust
röte das Blut der Bübchen euer Schwert.Verdächtig des Hochverrats erscheint mir
zu Bethlehem jede Wöchnerin,
und daß mir keine heimlich
mit ihrem Jungen unbeschadet davonkommt!Da durchbohrten die Schlächter
tobend mit blanken Schwertern
die gerade erst geborenen Leiber
und schnitten das junge Leben ab.Kaum fanden die Mörder
an den kleinen Körper den Ort,
wo sie zustoßen sollten,
da doch der Dolch gröber als die Kehle ist.Was für ein barbarischer Anblick:
ein Schädel, zerschmettert an Felsen,
verspritzt das milchweiße Hirn,
und speit die Augen aus wunden Höhlen.Oder dort, ein zitterndes Kind,
geschleudert in einen tiefen Strudel,
dem in der zarten Kehle,
Wasser und Atem sich röchelnd vermischen.Seid gegrüßt ihr Märtyrerblüten,
ihr, die euch an der Schwelle zum Leben
der Verfolger Christi niederstreckte
wie der Wirbelsturm die knospenden Rosen.Ihr zarte Herde der ersten,
die für Christus zu Opfern wurden -
vor seinem allerhöchsten Thron spielt ihr nun
in kindlicher Einfalt mit Palme und Kronen.
Den ganzen Text in Latein und Deutsch bietet das Hymnarium. Die authentische Position der Kirche und ihre bedingungslose Absage an die „Kultur des Todes" hat Papst Johannes Paul II. in seiner großen Enzyklika Evangelium Vitæ zum Ausdruck gebracht.