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Schlag auf Schlag

Bild: Trierischer VolksfreundDie Aufregung um die Erklärung, mit der Pfarrer Frings seinen Amtsverzicht begründete, ist noch nicht abgeklungen, da macht schon das nächste Zeugnis eines an seiner Kirche verzweifelnden Priesters die Runde. Pfr. Dr. Helmut Gehrmann, Priester des Bistums Trier und derzeit eingesetzt im Bistum Basel, hat zum Jahresende 2015 einen Brief an „seinen“ Bischof Ackermann geschrieben, in dem er seine tiefe Besorgnis anläßlich Verlauf und Empfehlungen der vor dem Abschluss stehenden Diozesanssynode außert. Einen Brief, für den er bisher noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten hat, und mit dem er jetzt über kath.net an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Ein Hauptgegenstand seiner Bedenken ist die Tatsache, daß die Mitglieder der Synode mehrheitlich Laien sind, von denen sich viele „den Sakramenten der Kirche entziehen, in dem sie bewusst auf die Teilnahme an der Eucharistie und vor allem auch auf den Empfang des Bußsakramentes verzichten.“ Und weiter:

Dieser Vorgang hat nicht nur Konsequenzen für die Betroffenen selbst, sondern auch für konkrete Gemeinden oder sogar Bistümer, wenn solchen Personen Einfluss auf kirchliche Entwicklungen gewährt wird. Denn eine sich selbst auferlegte Abstinenz vom sakramentalen Leben der Kirche, bedeutet nicht nur im moralischen Bereich für die Betreffenden eine Zustimmung zu einem Zustand, der immer als sündhaft bewertet worden ist, sondern hat auch Konsequenzen für deren Fähigkeit, geistlich - geistige Vorgänge richtig beurteilen zu können. Das selbst gewählte Verharren in der Kirchenferne hat eine Verdunkelung des Glaubenslichtes zur Folge, wie die Kirche immer geglaubt und gelehrt hat. Das kann auf Dauer zur völligen geistliche Blindheit führen.

Und etwas später weiter:

Wenn man die Bedingungen für die Mitgliedschaft für die Teilnahme an der Synode unter Artikel 2, §2 der Statuten liest, ist leicht erkennbar, dass man bei der Berufung der Synodenteilnehmer auf Vorgaben hinsichtlich der Teilnahme am Leben der Kirche weitgehend verzichtet hat. In vielen Fällen scheint die Synode von Leuten bestückt zu sein, die nur sporadisch an der Eucharistie ihrer Gemeinden teilnehmen, wie mir Pfarrer solcher Synodalen glaubhaft berichtet haben. Zieht man das oben schon gesagte hinzu, müssen dem entsprechend auf Grund dieser selbst gewählten sakramentalen Abstinenz, manche „Empfehlungen“ solcher Fernstehenden zur Erneuerung der Kirche, als Ergebnis ihres Apologiebedürfnisses des eigenen Fehlverhaltens und als Manifestationen der Unfähigkeit, geistliche Vorgänge richtig beurteilen zu können, als geistige Entgleisungen direkt erwartet werden.“

Als ein Beispiel solcher „geistigen Entgleisungen“ benennt Pfarrer Gehrmann eine Empfehlung der Sachkommission „Der Sonntag und die Gestaltung des Sonntagsgottesdienstes“, die befunden hat: „Wir nehmen Abschied von der Vorstellung, dass alle Gläubigen das Bedürfnis haben, am Sonntag die heilige Messe oder sonstige Gottesdienste zu besuchen; das gilt auch für die in der Kirche Engagierten.“ Das strenge Gebot der Kirche zur Einhaltung der Sonntagspflicht spielt da keine Rolle mehr – Maßstab ist nur noch das vom Synodalrat konstatierte „Bedürfnis der Gläubigen“.

Ein weiter Knackpunkt ist die zukünftige Organisation der Pfarreien, von denen es – sollte alles nach den Initiatoren der aktuellen Planungen laufen – künftig übrigens im ganzen Bistum nur noch 60 geben soll. Diese Großpfarreien sollen im Widerspruch zum geltenden Kirchenrecht von einem Dreiergremium geleitet werden, in dem nur ein Priester vertreten ist. Die Analyse Gehrmanns dazu ist ebenso scharf wie zutreffend:

Hier wird deutlich, dass die Synode die Sendung des Priesters nicht im Auge hat, sondern sein Wirken irgendwie nur beschränkt partiell-funktional zu beurteilen in der Lage ist, was aber nicht erstaunt, wenn man eine gewisse selbst auferlegte sakramentale Abstinenz im Auge hat.

Eigene Erfahrung lehrt mich, dass priesterliche Existenz bezüglich der Ehelosigkeit und des Gehorsams nur im Zusammenhang bestimmter Sicherheiten gelebt werden kann. Dazu gehören neben der „stabilitas loci“ die Sicherheit, dass Glaubenswahrheiten nicht zur Disposition gestellt werden, sowie das Bewusstsein, durch die väterliche Fürsorge des Bischofs angenommen zu sein. Durch die sogenannten „Empfehlungen“ der Synode wird all dies in Frage gestellt.

Zu recht stellt der Autor des Briefes dazu die Frage, welche Auswirkungen die angestrebten Veränderungen auf die Gewinnung von Berufungen zum Priestertum haben wird:

Ein Priester muss bei der Ausübung seines Amtes in der Lage sein, seinem an den kirchlichen Normen gebildeten Gewissen folgen zu können. Das ist durch das Eingebundensein in einem Team, in welchem es ständig um eine Konsensbildung und Kompromissfindung gehen wird, gar nicht mehr möglich. Das empfohlene neue System erfordert Priester, die sich allen möglichen oder unmöglichen Forderungen fügen müssen, um überleben zu können. Auf diesem Wege muss eine permissive Charakterstruktur von anzuwerbenden Priesteramtskandidaten geradezu Voraussetzung werden, um in dem neuen kirchlichen System zurechtkommen zu können.

Das gilt, so wäre hier zusätzlich anzumerken, freilich nur unter der Voraussetzung, daß sich überhaupt noch Männer in nennenswerter Zahl dazu bereit finden. Das Bistum Trier steht in dieser Hinsicht mit nur noch sieben Seminaristen aller Jahrgänge – vor 30 Jahren waren es noch 160 Seminaristen – sehr schlecht da und hat konsequenterweise zu Jahresbeginn das gesamte Priesterstudium nach Frankfurt abgegeben.

Bischof Ackermann und seine Umgebung scheint diese Situation eher weniger zu beunruhigen. Anscheinend ist Pfarrer Gehrmann durchaus auf der richtigen Spur, wenn er zur Erklärung dieses Umstandes ausführt:

In den Vorschlägen der Synodalen wird eine Haltung erkennbar, die im Priestermangel keinen bedauerlichen Missstand erkennt, sondern die Chance erkennt, die Option eine entsacerdotalisierte Glaubensorganisation entwickeln zu können. Es wird der Entwurf einer Glaubensgemeinschaft sichtbar, die diakonisch, sozialraum- und projektorientiert und natürlich geschlechtersensibel sein will, aber nicht mehr von Umkehr und Heiligung spricht.

Derartige Befürchtungen kann man keinesfalls als aus der Luft gegriffen abtun, denn in die gleiche Richtung zielende Tendenzen zeigen sich auch an anderer Stelle der deutschen noch-katholischen Kirche. Als ein Beispiel dafür benennt die nicht nur von der Trierer Synode empfohlene, sondern auch anderswo schon vielfach praktizierte Auslagerung der Jugendarbeit aus dem normalen Pfarrleben in sogenannte „Jugendkirchen“ (jukis), die man an ihren komischen Namen wie sam, JONA oder Campanile erkennt und deren leitende Funktionäre meistens schon ein gutes Stück auf dem Weg zur Rente vorangekommen sind. Gehrmann dazu:

Die in diesen Jugendkirchen gehaltenen Gottesdienste zeichnen sich in der Regel durch antisakrale Militanz aus. Traditionelle Verehrungs- und Liturgieformen werden bewusst ignoriert. Eine solche Jugendarbeit wird nicht zur Eingliederung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in das normale Leben der Kirche führen, sondern zu einer Glaubenshaltung, welche sich in Gottesdiensten von Freikirchen besser beheimatet fühlt, als in der Sonntagsmesse der Heimatgemeinde.

Der letzte Satz erscheint unangebracht optimistisch. Wer sich eine Zeitlang dem dort praktizierten und verbreiteten Flachsinn ausgesetzt hat, wird wohl spätestens dann, wenn Beruf und Familie ernsthafte Anforderungen stellen, ganz aus allen kirchlichen Zusammenhängen herausbrechen. Das heißt, sofern es ihm nicht gelungen ist, eine Stelle im Apparat zu ergattern.

Dessen Überleben, mit welchem Inhalt und zu welchem Zweck auch immer, scheint das einzige Ziel zu sein, das die Strategen der Kirche in Deutschland derzeit umtreibt.

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