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Wie soll es weitergehen?

Keine Woche mehr, ohne daß im Zentralorgan der Reformkirche Civilta Cattolica weitere Steine aus der Ruine dessen gebrochen werden, was einst das Gebäude der kirchlichen Lehre war. Und Franziskus immer vorne weg: „¡Hagan lío!“ Diese Woche in der Civilta also ein Lob der kasuistischen Moral, die kein absolutes gut oder böse mehr kennt, sondern nur noch barmherzig zu würdigende Einzelfälle. Alles andere ist starr und überholt und macht Franziskus Angst, und da Angst ja nicht nur bei Kirchens höchstes Erkenntniskriterium ist (solange es die richtige Angst vor den amtlich zugelassenen Angsmachern ist), hebeln wir damit mal jedes bisher für sicher gehaltene Wissen lässig aus den Angeln. Cool!

Oder wir betrachten das Gerede der Abbruchunternehmer als irrelevant, zumindest für die eigene Lebensführung und für das eigene Gewissen. Für alle, die sich zur Erhaltung ihres Seelenfriedens zu diesem Vorgehen entschieden haben, hat Fr. Hunwicke im Anschluß an Gedanken des Sel. Henry Newman über einen möglichen „suspense of the Magisterium“ interessante Überlegungen zum Thema entwickelt: Es kann vorkommen und ist in der Geschichte vorgekommen, daß Päpste aus Unkenntnis oder Charakterschwäche das Lehramt zeitweise nicht ausgeübt haben. Sie haben es nicht verspielt – wer sollte das beurteilen – sie haben es auch nicht verkehrt – wie sollte das möglich sein? – sie reden einfach nur vor sich hin so wie manchmal unsereins auch.

Und wir hören einfach nicht länger hin.

Was leichter gesagt, als getan ist, vor allem wenn man als Bischof – also als Mitglied jener hervorgehobenen Gruppe, die in der Nachfolge der Apostel steht – Verantwortung nicht nur für sich und die Seinen, sondern die ganze Kirche trägt. Das hat Weihbischof Athanasius Schneider von der Erzdiözese Unserer Lieben Frau in Astana dazu bewogen, eine ausführliche Rechtfertigung und Begründung für die Dubia der vier Kardinäle zu veröffentlichen. Sie wird eines Tages zu den großen Zeugnissen dieser Zeit der Wirrungen gezählt werden.

In dieser Erklärung spricht der Bischof vieles noch einmal einen Grad klarer an, als die Kardinäle in ihrem bestimmten Formvorgaben genügenden Schreiben konnten und wollten – und für alle, denen das bisher gefehlt hätte, entwickelt er diese Begründung peinlich genau aus Dokumenten des II. Vatikanischen Konzils. Wer die vier Verfasser der Dubia ins Unrecht setzen will, muß danach schon etwas mehr intellektuellen Aufwand betreiben, als sie bisher zu bietgen im Stande waren. Schimpfen und Toben sind keine Argumente. Und Macht ist als Kriterium zur Ermittlung der Wahrheit genauso ungeeignet wie Angst oder ein wohliges Gefühl.

Fr. Hunwicke und Bischof Schneider halten sich betont fern von allen Überlegungen, die – wie beispielsweise der bereits genannte Artikel von Hilary White im Remnant – als Plaidoyer für einen Versuch zur Absetzung eines Papstes verstanden werden könnten. Geschichte und Tradition bieten dafür außerordentlich magere Anhaltspunkte. Ob sie als Kriterien ausreichen und wie festzustellen wäre, daß sie vorliegen, ist schwerlich zu sagen. Das hat ein schon vor zwei Jahren geschriebener Artikel von Robert J. Siscoe detailliert darstellt: Can the Church Depose an Heretical Pope?

Darauf greift Joseph Shaw von der Latin Mass Society zurück, wenn er sich auf seinem Blog der Frage zuwendet: Was kann jetzt als Nächstes geschehen? Er zieht aus dem von Siscoe ausgebreiteten Material den Schluss, daß es zu keiner formellen Lösung kommen kann, sondern daß die Kirche und die Gläubigen sich bis auf weiteres in einer extrem unklaren und damit enorm belastenden Situation einrichten müssen. Wenn die Spaltung tiefer wird und der Ton sich so verschärft, wie Bischof Papamanolis das vorgelegt habe, könne eine Situation entstehen, in der keiner mehr auf keinen hört und jeder nach seinen Kräften gegen jeden arbeitet – die Kirche würde unregierbar und handlungsunfähig. Und das nicht nur im Innern, sondern auch in den Verhältnissen nach außen: im Gespräch mit anderen Glaubensgemeinschaften, gegenüber Verwaltungen und Regierungen, nicht zuletzt hinsichtlich der Einwerbung von Spenden.

Letzteres ist ein Gesichtspunkt, der im kirchensteuerseligen Deutschland gerne übersehen wird, in der Weltkirche aber nicht übersehen werden kann: Der Aufruhr, der vom Mann an der Spitze ausgeht, stellt letztlich auch die Werke der Barmherzigkeit und damit auch die Fürsorge für die Ärmsten in Frage, vor allem an der Peripherie.

An all dem können wir „Gläubigen in den Bänken“ nicht wirklich etwas ändern. Wir müssen es als Prüfung hinnehmen – wie andere Katastrophen auch. Aber wir müssen uns nicht einreden lassen, es sei „vom Geist gewirkt“, wenn in der Kirche immer mehr von dem in Frage gestellt und verleugnet wird, das ihr zweitausend Jahre lang als richtig galt. Und wir haben alle Mittel und jedes Recht, um an dem festzuhalten, was „immer und von allen“ geglaubt worden ist.

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