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Liturgiereform unter Pius XII.

Bild: Wikimedia CommonsDie große Liturgiereform des 20. Jahrhunderts nahm ihren offiziellen Anfang im Jahr 1945. Am 24. März dieses Jahres – also noch vor dem Ende des 2. Weltkriegs in Europa – erließ Papst Pius XII. das Motu Proprio „In Cotidianis Precibus“, das den Gebrauch einer neuen lateinischen Psalmenübersetzung für das Breviergebet erlaubte - nicht vorschrieb. Dazu in einem späteren Beitrag mehr.

Im November 1947 veröffentlichte er die Enzyklika Mediator Dei, in der er einerseits die überlieferte Lehre der Kirche zu Messopfer und Priestertum in vollem Umfang bekräftigte, andererseits aber auch die Notwendigkeit von liturgischen Reformen anerkannte. Dabei versuchte er, sowohl denen, die sich praktisch gegen jede Veränderung an der bestehenden Liturgie wandten, als auch denen, die weitergehende Reformen verlangten, eine gemeinsame Plattform zu bieten. Das erschien damals durchaus möglich, da selbst die am weitesten gehenden Forderungen sich aus heutiger Sicht mehr als bescheiden darstellten.

Am 28. Mai 1948 setzte Papst Pius XII.eine päpstliche Kommission für die Liturgiereform ein, die später allgemein als Commissio Piana bezeichnet wurde. Sie umfasste zunächst nur 8 Mitglieder und war der Ritenkongregation zugeordnet. Deren Präfekt Kardinal Micara übernahm die Kommissionsleitung, Sekretär wurde der damals 36jährige Vincentianerpater und Liturgiedozent Annibale Bugnini. Nach Auskunft seines Biographen Yves Chiron übernahm Bugnini zwar mit seinen Kenntnissen und seinem Fleiß einen bedeutenden Teil der Alltagsarbeit für die Kommission, hatte in dieser Phase aber noch keinen größeren inhaltlichen Einfluß auf die Entwicklungen. Die Einrichtung der Kommission wurde nicht öffentlich bekannt gegeben, und ihre Arbeit erfolgte unter völliger Geheimhaltung – ein Charakteristikum der Reformarbeiten in diesem Pontifikat.

Bis zum Dezember des Jahres 1948 erarbeitete die Kommission mit ihrer Memoria sulla Riforma liturgica ein Grundsatzpapier – heute würde man von einer „Roadmap“ sprechen – das auf fast 400 Seiten die Gegenstände und Prinzipien der für notwendig gehaltenen Reformen festlegte. Das Dokument war nicht zur Veröffentlichung bestimmt und wurde erst 2003 einem größeren Kreis bekannt.

In den 10 Jahren bis zum Tod von Papst Pius XII. im Oktober 1958 konnte die Kommission nur einen Teil ihrer in der Memoria angesprochenen Vorhaben umsetzen. Die wichtigsten darunter waren:

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Die Neugestaltung der Oster-Vigil, die im März 1951 durch das Dekret De solemni vigilia paschali instauranda zunächst probeweise und dann zusammen mit der umfassenden Reform der Karwoche am 16. November 1955 durch Maxima Redemptoris endgültig in Kraft gesetzt wurde. Auszüge aus der eingehenden Kritik dieser Reformen von László Dobszay hat Summorum Pontificum bereits 2009 veröffentlicht.

Im Januar 1953 erschien die apostolische Konstitution Christus Dominus, welche für Ausnahmefälle das Nüchternheitsgebot für den Empfang der Eucharistie auf eine Stunde reduzierte und die Möglichkeiten zur Feier von Messen am Nachmittag und Abend erweiterte. Dabei war an seltene Ausnahmen gedacht – z.B. an Militärangehörige oder Insassen von Gefängnissen, deren Tagesablauf einer von außen auferlegten strengen Disziplin unterworfen war. Nicht nur in diesem Fall erwiesen sich solche begründeten Ausnahmeregelungen als Einfallstore für weitergehende Bestrebungen.

Am 23. März 1955 erließ der Papst das Dekret Cum hac nostra aetate, das zahlreiche Veränderung der Rubriken des Meßbuches und des Breviers, insbesondere eine einschneidende Verringerung der Anzahl von Oktaven und Vigilien mit sich brachte. Bereits mit diesem Reformschritt wurde auch die altehrwürdige, inzwischen wegen mangelnder Praxis des Chorgebets aber kaum noch nachvollziehbare, Rangstufe von Festen als semi-duplex (halb-doppelt) abgeschafft.

Am 3. September 1958 gab die Ritenkongregation die Instruktion De musica sacra et sacra liturgia heraus. Sie bekräftigte zunächst die Stellung des lateinischen Chorals als des offiziellen Kirchengesanges und bestand darauf, daß der Priester alle Gebete der hl. Messe auf Latein zu beten habe. Gleichzeitig gab es auch hier Ausnahmeregelungen wie die Erlaubnis zu nationalsprachlichen Liedern „in besonderen Fällen“ und dem zusätzlichen Vortrag von Texten in der Volkssprache, die sich sehr bald zur neuen Gewohnheit entwickeln sollten.

Mit dem Ende des Pontifikats war der Auftrag der Pianischen Kommission erloschen; die Arbeiten an der Liturgiereform kamen zunächst zum Erliegen.  Es dauerte aber nur wenige Monate, bis die Reformarbeit nach der Ankündigung eines Konzils durch Johannes XXIII. im Januar 1959 mit neuem Auftrag und erweiterter und konkretisierter Zielsetzung wieder aufgenommen wurde.

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