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Mythen der Reform

Die Liturgiereformen des vergangenen Jahrhunderts, die wir in diesem traurigen Jubiläumsjahr in lockerer Folge vorstellen wollen, waren stets begleitet von angeblich wissenschaftlich belegten Leitsätzen. Sie sollten dazu dienen, dem, was sich einzelne oder ganze Gruppen von Reformen in den Kopf gesetzt hatten, den Anstrich von „objektiven Erkenntnissen“ oder gar „wissenschaftlich begründeter Notwendigkeiten“ zu verleihen. Viele dieser Leitsätze haben sich inzwischen als Mythen erwiesen. Neben den eigentlichen Reformschritten, von denen wir die ersten noch unter Pius XII. erfolgten bereits kurz benannt hatten, sollen hier auch solche zu ihrer Begründung verbreiteten Mythen in lockerer Folge zur Sprache kommen. Das Angebot ist reichlich, eine kleine Auswahl, unsortiert, gibt einen ersten Eindruck:

  • Nur das volle Textverständnis ermöglicht die andächtige Mitfeier – daher Volkssprache.
  • Die „Liturgie der Katakomben“ ist die eigentlich Grundform – was nachher kam, sind Wucherungen und Entstellungen
  • Das 2. Hochgebet ist der Kanon des Hippolytus aus dem 3. Jahrhundert.
  • Wer bei der hl. Messe den Rosenkranz betet, verpasst die „richtige“ Teilnahme.
  • Die Urkirche feierte die Eucharistie an einem den Gläubigen zugewandten Altar.
  • „Meßandachten“ versperren den Zugang zum eigentlichen Geschehen der Meßfeier.
  • „Participatio actuosa“ bedeutet „Aktive Teilnahme“.
  • Für Texte aus der hl. Schrift muß man den „hebräischen Urtext“ zu Grunde legen.
  • Die Ministranten sind Stellvertreter der mitfeiernden Gemeinde.

In ihrer Gesamtheit wurden diese von den Reformen immer wieder vorgetragenen Leitsätze seinerzeit fast von niemandem angezweifelt – zumindest nicht bei den Theologen, den Ausbildern in den Priesterseminaren und auch bei den „engagierten Laien“ nicht. Dieser Umstand macht verständlich, daß die Reformen sich so schnell und fast ohne Widerspruch in der Breite durchsetzen konnten. Und die Tatsache, daß diese Leitsätze der Reform größtenteils liturgiegeschichtlich unhaltbar und „pastoralliturgisch“ verfehlt waren macht verständlich, daß die so leicht durchgesetzte Reform sämtliche ihrer proklamierten Ziele verfehlt hat.

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