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Kommunion aus dem Tabernakel?

Bild: Von der zitierten Website des AutorsFr. Hunwicke behandelt heute in seinen Liturgical Notes einen Gegenstand, der uns auch schon des öfteren Kopfzerbrechen bereitet hat – den wir aber nie so gut hätten analysieren können, wie der gelehrte Priester des Ordinariats uns das hier vormacht.

Es beginnt ein langes ZitatDie Institutio Generalis zum Missale Romanum (3. Fassung) nennt es in Absatz 85 „sehr wünschenswert“, daß die Gläubigen die Kommunion mit Hostien empfangen, die in der gleichen Messe konsekriert worden sind. Dabei stützt sie sich auf Dokumente von 1967 und 1973. Die gleiche Erwartung hatte bereits Pius XII in Mediator Dei zum Ausdruck gebracht (s. Fußnote). Soweit ich es überblicken kann, wird diese Vorgabe weithin nicht eingehalten, und zwar weder in mehr traditionellen noch in sehr un-traditionell orientierten Gemeinden. Die Gründe dafür sind klar erkennbar praktischer Natur: Indem man die Kommunion aus dem Tabernakel austeilt, entgeht man der Verlegenheit, die Zahl der Kommunionempfänger schätzen zu müssen, und der Priester muß auch nicht vor der Reinigung des Kelches am Altar selbst das aufessen, was die Anglikaner als „Die Reste der Eucharistie“ zu bezeichnen pflegten. Er muß auch nicht das (z.B. für Versehgänge) aufbewahrte heilige Sakrament regelmäßig erneuern, weil sich das – mit Ausnahme der Aussetzungs-Hostie - von alleine ergibt, wenn im regelmäßigen Gebrauch jeden Sonntag das konsumiert wird, was am vorhergehenden Sonntag übrig geblieben ist. Aber wie weit ist dieses „sehr wünschenswert“ eigentlich theologisch begründet?

„Auf diese Weise soll die Kommunion auch durch die Zeichen klarer als Teilhabe an dem Opfer erscheinen, das gerade gefeiert wird“ übersetze ich die von der Institutio Generalis gegebene Erklärung. Dagegen habe ich keinesfalls etwas grundsätzlich einzuwenden. Tatsächlich ziehe ich es selbst vor, den Gläubigen die Kommunion zu reichen, ohne vorher an den Tabernakel gehen zu müssen. Es ist mir immer etwas mühsam erschienen, die Kanontafel beiseite zu legen und mit zusammengelegtem Daumen und Zeigefinger den Tabernakel aufzuschließen. (Ich zelebriere viel in fremden Kirchen, und Schlüssel und Schloss des Tabernakels funktionieren oft nicht so, wie ich das erwarte.) Dennoch bin ich unsicher, ob die offizielle Erklärung tatsächlich viel hergibt.

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Mein Ausgangspunkt dabei ist der Grundsatz, daß das „Opfer, das gerade gefeiert wird“ ja weniger das Opfer ist, das von Hochwürden X und den Gläubigen, die an diesem bestimmten Vormittag zu seiner Kirche gekommen sind , sondern es ist das eine Opfer von Kalvaria – also jenes Opfer, an das wir, die wir stolz auf unser anglikanisches Erbe sind, als die eine Selbsthingabe des Herrn denken, die er einmal als das vollständige Opfer, die perfekte Gabe und ausreichende Genugtuung dargebracht hat, das Opfer Christi, das sakramental auf unserem Altar vergegenwärtigt wird. Jede Messe ist Kalvaria, es gibt keine zwei oder viele Kalvarias.

Ich habe den bohrenden Verdacht, daß das moderne „sehr zu wünschen“ letztlich ein Element des gleichen soziologischen und anti-transzendentalen Mißverständnisses der Eucharistie ist, das von dem Wunsch zur ausschließlichen Zelebration versus populum gefördert wird und sich in dieser ausdrückt. Wie Kardinal Ratzinger uns seinerzeit gewarnt hat, besteht da die Gefahr, daß der auf sich selbst schauende Kreis (der Feiernden) Fülle und Vollendung in seinem eigenen Tun findet und nicht im Herrn, der von außerhalb kommt. Es scheint in der modernen Liturgie eine unbewußte Furcht vor allem zu geben, das nicht von innerhalb dieses Kreises selbst hervorgebracht wird. Es könnte bei Laien sogar einen schrecklichen Aberglauben fördern, daß sie eine Hostie empfangen sollten, an deren Konsekration sie selbst „mitgeholfen“ hätten.

Der Empfang der Kommunion mit einer Hostie aus dem Tabernakel, die bei einer früheren Messe konsekriert wurde, erinnert daran, daß jede hl. Messe die Eine Messe ist. Sie ist, wie es der große „getrennte Lehrer der katholischen Wahrheit“ (so Fr. Aidan Nichols), Eric ‚Patrimony‘ Mascall ausgedrückt hat, „das selbe Ding ist – das selbe dem Wesen, das selbe aber auch der Zahl nach – nicht nur eine Reihe verschiedener Dinge der gleichen Art, sondern das eine und mit sich selbst identische Ding, der eine Erlösungsakt, den Christus, der für unsere Sünden gestorben und für unsere Rechtfertigung auferstanden ist, in der Kirche, die sein Leib ist, durch das Sakrament seines Leibes und seines Blutes verewigt.“

Die alte Tradition unserer Römischen und Katholischen Kirche ermutigt uns tatsächlich, über den geschlossenen Kreis derer, die hier und jetzt versammelt sind, hinauszuschauen. Wenn ehedem domnus papa das fermentum, die konsekrierte Hostie aus seiner Messfeier, den Priestern in den weiter draußen liegenden Gemeinden zusandte, damit sie diese als Zeichen der Einheit mit ihm in ihren Messfeiern verwandten, veranlaßte das die getrennt feiernden Gemeinden, über ihre eigenen geschlossenen Kreise hinauszuschauen. Und wenn der Papst selbst zum Altar schritt um seine Messe zu feiern, reichte man ihm ein Behältnis mit einer konsekriertem Partikel von einer früheren Messe zur Anbetung. Nach dem Friedenskuss senkte er diesen Partikel in seinen Kelch. (Von daher gesehen hat Archimandrit Taft nicht die ganze Wahrheit gesprochen, wenn er behauptete, daß „im frühen Christentum im Westen wie im Osten die Kommunion mit Hostien , die bereits bei einer früheren Eucharistiefeier konsekriert worden waren, völlig undenkbar“ gewesen sei.) Jungmann führt dazu mit Recht aus: „Auf diese Weise wurde die kontinuierliche Einheit des eucharistischen Opfers zum Ausdruck gebracht – die selbe hl. Messe gestern und heute.“ Das Mischen von Hostien, die an einem anderen Ort oder zu anderer Zeit konsekriert worden sind, mit unseren eigenen oblata kann ein machtvolles Zeichen für die diachronische und synchronische Identität ‚unserer‘ Messe mit all den Messen sein, die anderswo gefeiert werden oder gefeiert worden sind. Denn all diese ‚anderen‘ Messen sind zusammen mit der ‚unseren‘ wahrhaftig nur die eine Oblatio Domini.

Wir Geistlichen sollten den Empfehlungen des verehrungswürdigen Papstes Pius XII oder der Institutio Generalis bei der Feier der Heiligen Geheimnisse den angemessenen Respekt erweisen. Aber es ist einem Katholiken erlaubt, darauf hinzuweisen, daß hinter der dafür gegebenen Begründung eine überholte und wenig hilfreiche Denkweise steht, die die Laien auf mehr als eine Weise in die Irre führen kann. Wenn Liturgiker der vorkonziliaren Zeit niemals kritische Fragen zur herrschenden Praxis ihrer eigenen Zeit gestellt hätten, wäre es schließlich auch nie zu den Änderungen der 60er Jahre gekommen. Die Erben und Bewunderer derer, die damals die Liturgie vieler Jahrhunderte abschafften, sind kaum in der Position, darauf zu bestehen, daß das, was damals an dessen Stelle gesetzt wurde, über jede Kritik erhaben sei.

Anmerkungen:

(1) Als Pius XII. die Bulle Certiores effecti von Benedict XIV (13 November 1742; Magnum Bullarium Romanum 1752 Luxemburg edition pars decima pp 117-8) zitierte (Abschnitt 126 in der CTS-Übersetzung) unterlief ihm ein Mißverständnis. Papst Benedikt spricht hier von einer Meinungsverschiedenheit "de obligatione, qua sacerdotes Missas celebrantes adstringantur Eucharistiam ministrare intra easdem fidelibus iis, qui ad ipsam accipiendam paratos se exhibent, ac petunt sacrificii, cui adstant, participes fieri". D.h., es geht ihm um das Verlangen der Gläubigen, die hl. Kommunion innerhalb der Messe (und nicht zu einer anderen Gelegenheit aus dem Tabernakel) zu empfangen. Es geht Benedikt nicht um eine denkbare Praxis, im Tabernakel gefüllte Ciborien aufzubewahren, um leichter und öfter die Kommunion an eine größere Zahl von Gläubigen austeilen zu können. Ich zweifle übrigens daran, daß diese Übung zwei Jahrhunderte, bevor Papst Pius X. die häufige Kommunion zur allgemeinen Praxis, schon verbreitet gewesen wäre.
(2) Die CTS-Übersetzung von Mediator Dei eines Msgr G.D.Smith enthält eine seltsame Auslassung von drei Worten, die Pius XII seinerseits von Benedikt XIV. zitiert hatte: „... quamvis de eodem sacrificio participent, praeter eos quibus a Sacerdote celebrante tribuitur in ipsa Missa portio victimae a se oblatae, ii etiam, quibus Sacerdos Eucharistiam reservari solitam ministrat ... “ Vielleicht hat Smith (ohne es recht zu realisieren?) erkannt, daß die Worte in ipsa Missa dem Sinn widersprechen, den Pius XII. irrtümlich dem Satz von Benedikt XIV. beilegt und sie daher in seiner Übersetzung ausgelassen.
(3) Die Worte "de eodem sacrificio participent" in der von mir in der vorhergehenden Fußnote zitierten Passage Benedikts unterstützen tatsächlich meine Argumentation im zweiten und vierten Abschnitt des obigen Artikels. Gleich, ob die empfangene Hostie in der Messe konsekriert wurde, der man selbst beigewohnt hat, oder aus einer früheren Messe aufbewahrt wurde – man empfängt stets „von dem einen Opfer“.

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