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Papst Benedikt erklärt die Liturgiereform

Wiederbelebt: Das FanonIn seiner Rede vor den Klerikern der Diözese Rom am 14. Februar hat Papst Benedikt eine umfassende Deutung des gesamten 2. Vatikanischen Konzils vorgetragen. In Deutschland wurde die lange und teilweise sehr grundsätzliche Rede - wie so viele Äußerungen des Papstes - kaum zur Kenntnis genommen. Auch auf der vatikanischen Website ist sie bis jetzt nicht in deutscher Sprache zu lesen - wohl aber auf Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Am vergangenen Samstag hat Die Tagespost die Ansprache in einer eigenen Übersetzung auf zwei vollen Zeitungsseiten abgedruckt. Wir übernehmen daraus - mit leichten sprachlichen Anpassungen - den Abschnitt, in dem der scheidende Papst die Position des Konzils zur Reformbedürftigkeit der Liturgie darstellt - neben der Ekklesiologie und dem Umgang mit dem Wort Gottes eines von drei Hauptthemen der Kirchenversammlung.

Die verhältnismäßig kurzen und sicher nicht auf Vollständigkeit bedachten Ausführungen von Papst Benedikt zur Lage der Liturgie vor dem Konzil sind geeignet, wenigstens teilweise eine Antwort auf die oft gestellte Frage zu geben, warum er als Papst zumindest öffentlich nie nach dem „nie abgeschafften“ Missale der überlieferten Liturgie zelebriert hat.

Beginnen wir mit dem ersten Punkt. Nach dem Ersten Weltkrieg war gerade in Mittel- und Westeuropa die liturgische Bewegung gewachsen, eine Wiederentdeckung des Reichtums und der Tiefe der Liturgie, die bislang im Römischen Messbuch des Priesters beinahe verschlossen war, während die Menschen nach eigenen Gebetbüchern beteten, die nach ihrem Herzen gemacht waren, so dass man versuchte, die hohen Inhalte; die hohe Sprache der klassischen Liturgie mit gefühlsmäßigeren Worten zum Ausdruck zu bringen, die dem Herzen des Volkes näher waren. Doch es waren fast zwei parallele Liturgien: der Priester, der mit den Messdienern die Messe nach dem Messbuch feierte, und die Laien, die zur gleichen Zeit in der Messe gemeinsam aus ihren Gebetbüchern beteten und im wesentlich wussten, was am Altar geschah. Doch nun war gerade die Schönheit, die Tiefe, der historische, menschliche, spirituelle Reichtum des Messbuchs wieder entdeckt worden, und es wurde klar, dass nicht nur ein Vertreter des Volkes, ein kleiner Messdiener sagen sollte: „Et cum spiritu tuo" etc., sondern dass es ein wirklicher Dialog zwischen dem Priester und dem Gottesvolk sein sollte, dass die Liturgie des Altares und die Liturgie des Volkes wirklich eine einzige Liturgie würden, eine aktive Teilnahme, damit die Reichtümer zum Volk gelangen sollten; und so wurde die Liturgie wieder entdeckt und erneuert.

Ich finde jetzt in der Rückschau, dass es sehr gut war, mit der Liturgie zu beginnen, so kommt der Primat Gottes, der Primat der Anbetung zum Ausdruck. „Operi Dei nihil praeponatur" - dieses Wort aus :der Regel des heiligen Benedikt (vgl., 43,3) erscheint so als die oberste Regel des Konzils. Jemand hat kritisiert, das Konzil habe über vieles gesprochen, aber nicht über Gott. Es hat über Gott gesprochen! Und es war der erste und wesentliche Akt, über Gott zu sprechen und alle Menschen, das ganze Gottesvolk, der Anbetung Gottes zu öffnen, in der gemeinsamen Feier der Liturgie des Leibes und Blutes Christi. In diesem Sinn war es, über die praktischen Faktoren hinaus, die davon abraten ließen, sofort mit kontroversen Themen zu beginnen, sagen wir, wirklich ein Akt der Vorsehung, dass zu Beginn des Konzils die Liturgie stand, Gott stand, die Anbetung stand. Ich möchte jetzt nicht auf, die Einzelheiten der Diskussion eingehen, aber es lohnt sich immer - über die praktische Ausführung hinaus - zum Konzil selbst zurückzukehren, auf seine Tiefe und seine wesentlichen Ideen.

Es gab, würde ich sagen, verschiedene: vor allem das Ostermysterium als Zentrum des Christseins und folglich des christlichen Lebens, des Jahres, des Kirchenjahres, das in der Osterzeit und am Sonntag zum Ausdruck kommt, der immer der Tag der Auferstehung ist. Immer von Neuem beginnen wir unsere Zeit mit der Auferstehung, Begegnung mit dem Auferstandenen, und von der Begegnung mit dem Auferstandenen aus gehen wir in die Welt. In diesem Sinn ist es schade, dass der Sonntag heute das Wochenende geworden ist, während er eigentlich der erste Tag, der Beginn. ist. Innerlich müssen wir dessen gewahr bleiben, dass es der Anfang ist, der Anfang der Schöpfung, es ist der Anfang der Rekreation in der Kirche, die Begegnung mit dem Schöpfer, und mit dem auferstandenen Christus. Auch dieser zweifache Inhalt des Sonntags ist wichtig: Es ist der erste Tag, also das Fest der Schöpfung, wir stehen auf dem Fundament der Schöpfung, wir glauben an Gott, den Schöpfer; und er ist Begegnung mit dem Auferstandenen, der die Schöpfung erneuert; ein wahres Ziel ist, eine Welt zu schaffen, die Antwort auf die. Liebe Gottes ist.

Dann gab es Grundsätze: die Verständlichkeit - statt in eine unbekannte, nicht gesprochene Sprache eingeschlossen zu sein - und auch die aktive Teilnahme. Leider sind diese Grundsätze auch falsch verstanden worden. Verständlichkeit bedeutet nicht Banalität, denn die großen Texte der Liturgie sind - auch wenn sie Gott sei Dank in der Muttersprache gesprochen werden - nicht einfach zu verstehen; sie bedürfen einer ständigen Ausbildung des Christen, damit er wachsen und immer tiefer in das Geheimnis eindringen und auf diese Weise verstehen kann. Und auch das Wort Gottes - wenn ich an die tägliche Folge der Lesungen des Alten Testaments, der Paulusbriefe, der Evangelien denke: Wer könnte sagen, dass er das sofort versteht; nur weil es in seiner Sprache ist? Nur eine ständige Bildung des Herzens und des Geistes kann wirklich Verständlichkeit und eine Teilnahme schaffen, die mehr als äußerer Aktivismus ist, die ein Eintreten der Person, meines Seins, in die Gemeinschaft der Kirche und so in die Gemeinschaft mit Christus ist.

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