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„Hau drauf, schlag tot!“

Bild: ArchivInzwischen wird für Beobachter der römischen Szenerie etwas deutlicher sichtbar, wie die Durchsetzung des Missales von Papst Paul VI. als „einziger lex orandi“ des römischen Ritus bewerkstelligt werden soll. Die Promulgationsphase von TC im Jahr 2021 war sehr stark geprägt vom grobianischen Naturell des Papstes und seiner Berater von SanAnselmo, die den Übergang zum Novus Ordo am liebsten bis gestern vollzogen und die – ihrer Erwartung nach nur wenigen – Widerspenstigen dann per Machtwort aus der Herde ausgeschlossen hätten. Soviel nur zu den Themen Barmherzigkeit und Dialog.

Ganz so schnell wie vielleicht gedacht geht es nun aber doch nicht. Bei der Wahl der Mittel scheint man sich jetzt gelegentlich des Rates erfahrener Kurialer zu bedienen, deren lange Erfahrung sie gelehrt hat, daß „Hau drauf, schlag tot!“ nicht wirklich die effektivste Strategie zum Erreichen kirchenpolitischer Ziele darstellt. Am großen Ziel, die überlieferte Liturgie (samt der darin manifestierten Lehre) aus dem Leben der Kirche zu vertreiben, hat sich nichts geändert. Aber swohl die Responsa von Erzbischof Roche und die Maßnahmen von Kardinal Cupich als auch einige römische Mutmaßungen zur anstehenden „Disziplinierung“ der Priesterbruderschaften lassen sich dahingehend verstehen, daß weniger das völlige Verschwinden der alten Liturgie in den Vordergrund gestellt werden soll, zumindest für begrenzte Zeit nicht, sondern eine Art erzwungener Birituallismus. Wer die moderne Liturgie anerkennt und das nicht nur durch ihre verbale Anerkennung als einzige Form der lex orandi der römischen Kirche, sondern auch durch regelmäßige Zelebration nicht nur am Gründonnerstag belegt, darf auch im alten Ritus zelebrieren – sofern und solange der Bischof und die Gottesdienstkongregation das erlauben. Irenischen Gemütern könnte man das sogar als eine Art Kompromiss verkaufen, ein „Angebot, das Sie nicht ablehnen können“.

Hier geht es weiterTatsächlich dürfte eine strikte Ablehnung dieser Zumutung den Priestern von Ex-Ecclesia-Dei nicht leicht fallen, denn ihre Gemeinschaften haben sich als eine der Vorbedingungen zu ihrer Errichtung dahingehend erklärt, die Zelebration nach dem Ritus modernus nicht grundsätzlich und kategorisch abzulehnen. Und viele haben deshalb auch an der Chrisam-Messe des Bischofs, in dessen Diözese sie eingesetzt wurden, teilgenommen. Die diese Teilnahme verweigerten, beriefen sich dabei keineswegs auf eine grundsätzliche Ablehnung, sondern darauf, daß diese Messe in der nachkonziliaren Regel als Konzelebration stattfindet – und nach dem kanonischen Recht ist kein Priester verpflichtet, an einer Konzelebration teilzunehmen.

Nun sind rechtliche Vorgaben im Pontifikat von Franziskus eine wandelbare Größe, aber solange can 902 nicht aufgehoben oder umformuliert ist, haben sich die Feide der Überlieferung ein weiteres Mittel ausgedacht. Kein Priester soll sich künftig der Zelebration im Novus Ordo entziehen können. Die bisher schon erforderliche abstrakte „Anerkennung“ der Reformation Bugninis und Pauls VI. soll nicht mehr genügen – nur wer auch öffentlich im NO zelebriert – und am besten, wer auch nach den neuen Büchern geweiht ist – hat eine Chance, bei der Erteilung der künftig für alles und jedes Altrituelle erforderlichen „Ausnahmegenehmigungen“ berücksichtigt zu werden.

Hinsichtlich des Diozesanklerus ist das leicht zu bewerkstelligen, da es dort praktisch keine Priester gibt, die nur im alten Ritus zelebrieren – Bistümer wie Frejus-Toulon, wo zumindest eine Zeitlang Priester auch im und für den alten Ritus geweiht wurden, sind eine ganz große Ausnahme. Und die Priester der Bruderschaften wird man mit den für März erwarteten neuen Vorschriften ebenfalls auf Linie bringen: „Informierte Kreise“ in Rom gehen davon aus, daß man sie dem Diözesanklerus insoweit „angleichen“ wird, daß sie zumindest für ihr öffentliches Apostolat ebenfalls einer „Erster Sonntag im Monat“-Regel unterworfen werden. Ob das auch für den internen Gebrauch gelten soll – und wie eine entsprechende Vorschrift durchzusetzen wäre – ist anscheinend noch nicht entschieden.

Auch für die Gläubigen soll es keine Möglichkeit geben, dem Missale Pauls VI. auszuweichen: Wer seine Sonn- und Feiertagspflichen erfüllen will – und welcher Tradi will das nicht – soll das künftig in weitem Umfang nur noch durch Teilnahme an der „ordentlichen Gemeindefeier“ tun können – auch wenn dort Pfarrer Binichnicht Toll und das eucharistische Tanzteam vom Seniorinnenkreis unter der Leitung einer Katechetin von Maria 2.0 jedem, der bei der hl. Messe noch an Golgatha denkt, Tränen in die Augen treiben. Die Bildung von Gemeinden, auch informellen, die wie ihre Vorfahren und die Heiligen aller vorausgegangenen Generationen Gott ausschließlich nach der Liturgie des Hl. Papstes Gregor dienen wollen, soll um jeden Preis verhindert werden. Wo sie bereits bestehen, sind sie zu zerschlagen oder auszuschließen – der Einheit wegen – die man sich im Hause Sta Martha nur als Uniformität vorstellen kann.

Ein solches Vorgehen, bei dem die gelegentliche Feier der alten Messe mit der Forderung nach regulärer Teilnahme an der neuen Liturgie (und Übernahme ihrer neuen lex credendi) verbunden wäre, hätte den Vorteil, als „Kompromiß“ hingestellt werden zu können: Seht, keiner will Euch eure alte Messe nehmen, und die Zelebration in Richtung liturgischer Osten entspricht nun wirklich nicht mehr dem Denken unserer Zeit... Dieses Vorgehen könnte auch von Priestern als Ausweg empfunden werden, der ihnen mancherlei Gewissenskonflikte ersparen würde – zumindest solange, bis die nächste Runde von Einschränkungen die Schlinge wieder ein wenig enger zuzieht.

Wenn das die Strategie sein sollte – spätestens zum Jahrestag von TC im Juli wissen wir mehr – stellt das die traditionelle Bewegung vor einige schwierige Fragen und Aufgaben. Einige davon sollen hier formuliert sein – selbst wenn wir nicht sicher sind, sie in künftigen Beiträgen beantworten zu können:

Wie wollen die Verteidiger der überlieferten Liturgie künftig ihre Weigerung zur Verwendung der Bücher Pauls VI. begründen – wenn sie doch deren Legitimität und grundsätzliche Eignung zur Feier der hl. Messe nicht bestreiten wollen?

Wie wollen sie es rechtfertigen, daß sie in einer Sache, der der gegenwärtige Papst und seine Umgebung offenbar höchste Priorität beimessen, der Befolgung eindeutig formulierter Willenserklärungen und Anordnungen den Gehorsam verweigern?

Wie wollen sie sich zu der Behauptung verhalten, die von Paul VI. promulgierten Bücher seien die Erfüllung eines Auftrages „DES KONZILS“ und die Ablehnung der Liturgiereform bedeute die Ablehnung des Konzils, seiner von Paul VI. promulgierten Dokumente und sei daher ein schismatischer Akt, der die Einheit der Kirche nicht nur bedrohe, sondern aufkündige?

Mit Ausflüchten wird man hier bestenfalls auf sehr kurze Sicht weiterkommen. Es ist das durchaus zweifelhafte Verdienst - denn der von den Päpsten Johannes Paul II und Benedikt XVI. gewollte und geförderte „liturgische Frieden“ war ein hohes Gut – diese (und ein Dutzende weitere) Frage in aller Schärfe und mit all ihrem Spaltungspotential unausweichlich auf die Tagesordnung gesetzt zu haben.

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