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Photos des Umschlags aus dem VerlagsverzeichnisDie aktuelle Debatte über die Bereitschaft zur Konzelebration in der Chrisammesse als Voraussetzung für die Tätigkeit von Priestern des überlieferten Ritus in einer Diözese lenkt unsere Aufmerksamkeit auf einen Artikel des Liturgiewissenschaftlers Uwe Michael Lang, der vor 5 Jahren aus Anlaß des 10. Jahrestages von Summorum-Pontificum veröffentlicht wurde. Der Beitrag erschien damals in dem von Markus Graulich herausgegebenen Buch: Zehn Jahre Summorum – Pontificum: Versöhnung mit der Vergangenheit. Langs Text steht auch kostenlos als PDF zum Download im Internet zur Verfügung. Wir können die vollständige Lektüre nur sehr empfehlen und geben hier zur ersten Information einen Überblick über die wesentlichen Argumente samt einigen Anmerkungen zum aktuellen Kontext.

Nach einigen einführenden Überlegungen zum Problem von Bruch und Kontinuität in der Liturgiegeschichte versucht Lang zunächst einen Vergleich der Liturgiereform von 1969 mit früheren Reformen in karolingischer Zeit und nach Trient. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Schon allein aufgrund der völlig anderen Gesellschaftsverhältnisse und des niedrigen Standes der Kommunikationsmittel ist der Rückblick auf die karolingischen Reformen wenig ertragreich, und die nachtridentinische Reform hat sich entsprechend dem Auftrag dieses Konzils auf die Konsolidierung der damals bereits seit fast einem Jahrtausend bestehenden Tradition beschränkt. Einen kritischen Blick wirft Lang dabei auf den Umstand, daß die Form des Missales von Trient (nicht sein Inhalt oder der „Geist“ der Reform insgesamt) es begünstigte, die missa privata als die Grundform der römischen Liturgie erscheinen zu lassen. Dennoch bleibt das Fazit: „An einen „Umbau“ oder „Neubau“ des Messbuches, wovon Joseph Ratzinger und Joseph Gelineau in grundverschiedener Bewertung sprechen, war nicht gedacht.“

Ziel des Motu Proprio von Benedikt XVI war es daher, die durch den 1969 erfolgten „Neubau“ des Messbuches aufgetretenen Probleme zu bewältigen, ohne freilich den Neubau grundlegend in Frage zu stellen. In diesem Zusamenhang äußert Lang auch die Ansicht, eine Zielsetzung von SP sei es gewesen, die „erneuerte Liturgie“ wieder stärker in Geist und Form der Tradition zu verankern – auf die Möglichkeit und Erfolgsaussichten eines solchen Vorhabens wollen wir hier nicht weiter eingehen. Statt dessen folgen wir Lang bei seinem nun einsetzenden historischen Überblick zur Konzelebration im lateinischen Ritus, die durch die Liturgiekonstitution des II. Vatikanums nach vielhundertjähriger Pause wieder in den aktuellen Gebrauch eingeführt worden ist.

Hier geht es weiterFür die frühe Zeit (2., 3. Jh.) geben die Quellen wenig mehr her als die Tatsache, daß bei den festtäglichen Gottesdiensten (andere gab es nicht!) die Kleriker in herausgehobener Weise an der Handlung im Altarraum mitwirkten, d.h. insbesondere auch räumlich von den nicht-geweihten Gemeindemitgliedern getrennt waren. „Die vorhandenen Quellen lassen nicht auf ein gemeinsames Sprechen auch nur von Teilen des eucharistischen Hochgebetes schließen; dies oblag allein dem Bischof oder Priester, der als Zelebrant der gottesdienstlichen Versammlung vorstand.“ Gemeinsames Sprechen des Kanons durch den Papst zusammen mit seinen Kardinalpresbytern wird erstmalig im Ordo Romanus III (8. Jh.) greifbar – für das päpstliche Hochamt zu Weihnachten, Ostern, Pfingssonntag und Peter und Paul. Später wurde die Liste der Feiertage etwas erweiter, im 9. Jahrhundert war auch die Chrisammesse des Gründonnerstages dabei. Da die römische Liturgie auch außerhalb Roms vielfach als maßgebliches Vorbild galt, „kann davon ausgegangen werden, dass die Konzelebration mit dem Bischof zu feierlichen Anlässen auch außerhalb der Papstliturgien Verbreitung fand“. Im 12. Jahrhundert kam sie dann in Rom (und den an Rom orientierten Lokal- und Ordensriten) wieder außer Gebrauch, wurde jedoch in verschiedenen Einzelriten noch länger beibehalten. Von Thomas von Aquin gibt es eine grundsätzliche Verteidigung der Konzelebration in dieser Form, an der offenbar bereist zu seiner Zeit Kritik geübt worden war (Summa III, q. 82, a. 2). Langs Fazit: „Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die sakramentale Konzelebration im heutigen Sinne der westlichen Liturgie zwar nicht unbekannt ist, sich aber beschränkte auf feierliche Pontifikalliturgien zu den wichtigsten Festen des Kirchenjahres.“

Den Anschließenden Überblick Langs zur Konzelebration in den Liturgien des Ostens überspringen wir hier, um uns zugleich der erwähnten „Wiederbelebung“ durch die Liturgiereform zuzuwenden. Diese Wiederbelebeung war kein Überraschungsschlag aus heiterem Himmel, sondern folgte einer im Lauf der „liturgischen Bewegung“ geführten Debatte des Wunsches, einerseits die Einheit des Priestertums unter dem Episcopus zu verdeutlichen und andererseits das Bewußtsein für den gemeinschaftlichen Charakter der Eucharistiefeier zu stärken. Dieser Wunsch war bereits von Papst Pius XII. zu mehreren Gelegenheiten positiv gewürdigt worden. Auf dem Konzil selbst wurde er noch durch die damals populäre – inzwischen wissenschaftlich überholte – Ansicht gestützt, die sakramentale Konzelebration gehe bereits auf frühchristliche Praktiken zurück. Lang gibt hier einen informativen Überblick der Diskussion des Themas um das und auf dem Konzil, deren Ergebnis dann in Abschnitt 57 der Liturgiekonsitution (https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacrosanctum-concilium_ge.html) zusammengefasst wurde. Dieser Text leidet – das sagt nicht Lang, sondern ist unser Kommentar – unter der üblichen Unklarheit und Mehrdeutigkeit vieler Konzilsaussagen. In seinem ersten Abschnitt erweckt der Text den Eindruck, ganz nach dem Vorbild des hohen Mittelalters auf die Erlaubnis (also nicht verpflichtende Einführung!) zur Konzelebration von Klerikern mit ihrem Ordinarius zu feierlichen Anlässen abzuzielen – um dann in weiteren Abschnitten die beliebten Generalklauseln des Musters: „wo es passend und wünschenswert erscheint“ hinzuzufügen.

Bereits im Dekret zur Einführung eines (in SC verlangten) Ritus der Konzelebration (Ecclesia semper vom März 1965) werden hier die Akkzente – und das ist wieder die Kritik von Lang – deutlich verlagert. Hier und noch deutlicher in der Instruktion Eucharisticum Mysterium der Ritenkongregation vom Mai 1967 erscheint die Konzelebration wegen des ihr zugeschriebenen tieferen theologischen Ausdrucks als eine quasi „überlegene“ Form der Messfeier; eine ursprünglich von Papst Paul VI. Vorgeschlagene Begrenzung der Teilnehmerzahl wird aufgehoben. Von der ursprünglichen weitgehenden Bindung der Konzelebration an die Gemeinsame Feier des Ordinarius mit seinem Presbyterium ist kaum noch die Rede. Lang: „Über die Konzelebration bei der feierlichen Bischofsmesse hinaus wird in der Instruktion die Konzelebration von Priestern als Zeichen und Stärkung ihrer „brüderlichen Bande“ betont und die zuständigen Oberen von Priestergemeinschaften angehalten, sie nicht zu „erleichtern“, sondern auch zu „fördern“ (foveant). Auch wenn hier die einschränkende Klausel hinzugefügt wird, „sofern die Bedürfnisse der Gläubigen (die immer mit pastoraler Sorge zu beachten sind) dem nicht entgegenstehen und das Recht des Priesters zur Einzelzelebration gewahrt bleibt“, wird die Konzelebration hier zum Regelfall der Messfeier erhoben.“

Nachfolgende Rechtsakte haben diese Tendenz noch verstärkt – besonders für geistliche Gemeinschaften erscheint die Konzelebration inzwischen als theologisch begründete und administrativ durchgesetzte Verpflichtung. Lang: „Anders als für die feierliche Bischofsmesse wird für die tägliche Konvents- oder Kommunitätsmesse die Konzelebration aller teilnehmenden Priester mit Nachdruck empfohlen. Dies ist umso erstaunlicher, als für die regelmäßige Konzelebration von Presbytern ohne Vorsitz des Bischofs kaum Zeugnisse in der kirchlichen Tradition von Ost und West vorhanden sind.“ Das, so Lang im Anschluss an Georg May, stehe jedoch eindeutig im Gegensatz zur Rechtslage, nach der die Konzelebration lediglich unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, keinesfalls jedoch verpflichtend sei.

Abschließend kommt Lang zu einem wenig erfreulichen Gesamtbild. Er konstatiert für die Konzelebration eine Entwicklung, wie wir sie aus allzuvielen Bereichen von Theologie und Liturgie kennen: Ein relativ zurückhaltender Konzilsbeschluss wird bereits durch die folgende Gesetzgebung enorm ausgeweitet, um dann in der praxis noch einmal übertroffen und verabsolutiert zu werden. Dabei wird letzten Endes nicht nur die zeichenhafte Wirkung der Zelebration auf die mitfeiernde Gemeinde beeinträchtigt, sondern auch die persönliche Spiritualität der Priester bedroht: „Gerade die Einzelzelebration fördert und stärkt die priesterliche Spiritualität, da in ihr die spezifische Christusförmigkeit aufgrund des Weihecharakters in Wort und Gestus unmittelbar erfahren wird, während das liturgische Handeln der konzelebrierende Priester in der Eucharistiefeier sich zum großen Teil auf die Antworten des Volkes beschränkt.“

Soweit unser Referat der Ausführungen von Michael Uwe Lang, dem wir nur noch die Vermutung hinzufügen wollen, daß diese Minderung des priesterlichen Selbstverständliches durchaus zu den in den letzten Jahren massiv verstärkten Angriffen auf das Wesen des Priestertums überhaupt passt: Die „moderne Kirche“, so wie sie sich im deutschen synodalen Weg selbst versteht, kann die oben beschriebene priesterliche Spiritualit nicht brauchen, ja, sie empfindet sie sogar als Hindernis, das zu überwinden ist. Für die Angehörigen der traditionsorientierten Priestergemeinschaften ergeben sich daraus u.E. zwei Schlussfolgerungen: An einer gelegentlichen Konzelebration zur Chrisammesse mit dem Ortsbischof, in dessen Auftrag und Gemeinschaft man den eigenen priesterlichen Dienst vollzieht, ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn auch zu überlegen ist, ob nicht die (nicht-konzelebrierende) Mitfeier „in choro“ mit Empfang der Kommunion aus der Hand des Bischofs das angestrebte Gemeinschaftsbekenntnis nicht ebenso gut und sogar noch „traditionsgemäßer“ zum Ausdruck bringen kann. Die Konzelebration als Regelfall, auch ohne den Ordinarius, und als quasi verpflichtend für alle greifbaren Priester, ist prinzipiell abzulehnen. Sie ist theologisch Ausdruck der kollektivistischen Denkweise in der zweiten Phase der liturgischen Bewegung und führt, wie inzwischen empirisch plausibel zu machen, mit zu der Krise priesterlicher Spiritualität und Selbstverständnisses, die derzeit den sakramentalen Charakter der Kirche in vielen Bereichen bedroht.

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