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Reform des Nicht-Reformierbaren?

Levitenamt in St. Afra BerlinIn The New Liturgical Movement ist am 9. Februar ein Beitrag von Fr. Thomas Kocik erschienen, in dem der amerikanische Liturgiewissenschaftler nichts Geringeres fordert als die „Rückabwicklung“ der Liturgiereform Pauls VI. um dann auf der Grundlage der überlieferten Liturgie die in Sacrosanctum Concilium von den Vätern des 2. Vatikanums geforderte Weiterentwicklung der Liturgie auf organische Weise erneut in Angriff zu nehmen. Wir haben den Artikel übersetzt und verweisen lediglich für die Anmerkungen auf die englische Originalfassung.

Es beginnt ein langes ZitatIch habe den Eindruck, daß zum Thema der Reform der Reform – ihren Ursprüngen und Zielen, ihrem Umfang und ihrer Methode, den verschiedenen dazu vorgetragenen Vorschlägen, ihren Befürwortern und Kritikern – eigentlich schon alles gesagt worden ist. Die Bewegung ist schwer zu definieren (ist sie gleichbedeutend mit der ‚neuen Liturgischen Bewegung‛ oder stellt sie nur ein Stadium davon dar?), aber ihre generellen Ziele wurden vor einigen Jahren treffend von diesem Ceylonesischen Würdenträger (gemeint ist Kardinal Ranjith - d.Ü.) zusammengefasst, als er sagte, es sei an der Zeit, daß wir „die fehlerhaften Zielsetzungen und Entscheidungen erkennen und korrigieren, und wieder mutig den liturgischen Traditionen der Vergangenheit zuwenden und sicherstellen, daß die Kirche die wahren Wurzeln ihres spirituellen Reichtums und ihrer Größe wiederentdeckt, selbst wenn das bedeutet, die Lituirgiereform selbst zu reformieren.“

Lange bevor Josef Ratzinger Papst Benedikt XVI. wurde, hat er die Liturgiereform im Gefolge des II. Vatikanums kritisch untersucht und dabei die Züge der Reform dargestellt, die wenig oder gar keine Grundlage in der Liturgiekonstitution des Konzils Sacrosanctum Concilium haben und die den wahren Geist der Liturgie untergraben. Als Papst hatte er die Macht, die Mängel – nämlich die „fehlerhaften Zielsetzungen und Entscheidungen" der Reform im universalen Umfang zu beheben, und zwar nicht nur durch seine Lehre und sein liturgisches Vorbild, sondern auch durch die Gesetzgebung. Er betonte die Schönheit der Liturgie, förderte die liturgischen und musikalischen Reichtümer der Kirche des Westens (natürlich einschließlich des usus antiquior des Römischen Ritus) und pflegte eine augenfälligere Kontinuität mit der Tradition in der Feier der Päpstlichen Liturgien (z. B. die „benediktinische“ Ordnung von Kreuz und Altarleuchtern, die Feier der Messe „ad Dominum“ in der Sixtina und anderen päpstlichen Kapellen, die Spendung der hl. Kommunion für kniede Gläubige auf die Zunge). Sein Nachfolger Papst Franziskus ist ein anderer Mann mit anderer Persönlichkeit und anderem Stil, und seine Prioritäten liegen offensichtlich auf anderen Feldern des kirchlichen Lebens. Ich erwarte keine weiteren offiziellen Fortschritte in der von Papst Benedikt, der zu Recht als „Vater der neuen liturgischen Bewegung“ bezeichnet wurde, vorgezeichneten Richtung.

Aber lassen Sie uns einmal als Gedankenexperiment annehmen, daß eine „Reform der Reform“ substantielle institutionelle Unterstützung erfahren würde. Doch selbst in diesem unwahrscheinlichen Fall würde das Unternehmen kaum gelingen, wenn wir darunter eine Reform der gegenwärtigen Liturgie verstehen, die sich allmählich wieder der über die Jahrhunderte entwickelten Tradition annäherte, die sie in großem Umfang verdrägt hat.

Und ich sage das nicht, weil mir angesichts des Papst-Rücktrittes vor einem Jahr die Trauben zu hoch hingen. Wie jede Bewegung, steht oder fällt die „Reform der Reform“ durch die Kraft ihrer eigenen Prinzipien und nicht durch einen Papst oder „Basisaktivitäten". Eine „Reform der Reform“ ist deshalb nicht realisierbar, weil die inhaltliche Diskontinuität zwischen den beiden gegenwärtig gebrauchten Formen des römischen Ritus viel tiefer und weitergehend ist als ich zunächst annahm. In dem Jahrzehnt, das nach der Veröffentlichung meines Buches „The Reform of the Reform? A Liturgical Debate (Ignatius Press, 2003)" vergangen ist, das sich fast ausschließlich mit der Messliturgie beschäftigte, hat eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Studien – besonders zu nennen sind hier die von László Dobszay und Lauren Pristas – meine Augen dafür geöffnet, wie sehr das von Papst Pauls VI. Consilium der lateinischen Kirche aufgezwungenen Pfuschwerk das gesamten liturgische Gebäude in Mitleidenschaft gezogen hat: Das Offizium, die Riten der Sakramentenspendung, der Sakramentalien, der Segnungen und anderen Riten des Rituale Romanum. Was immer man sonst noch zur reformierten Liturgie sagen könnte – zu ihren pastoralen Erträgen, ihrer Legitimität, ihrer theologischen Begründung, ihrer Vorherrschaft usw. - Tatsache ist: Diese Liturgie stellt keine organische Weiterentwicklung der Liturgie dar, die das II. Vatikanum und vier Jahrhunderte zuvor das Konzil von Trient ererbt hat.

Wir haben es mit schwerwiegenden Brüchen in Form und Inhalt zu tun, die nicht einfach dadurch geheilt werden können, daß man der Gregorianik ihren Platz als der eigentlichen Musik des lateinischen Ritus zurückgibt, wieder mehr Latein verwendet und die Qualität der umgangssprachlichen Übersetzungen verbessert, öfter (oder gar ausschließlich) den Canon Romanus verwendet, die Altäre wieder nach Osten orientiert und bestimmte Sondergenehmigungen widerruft. So wichtig es ist, die Zeremonien korrekt, ehrfürchtig und in mehr ins Auge fallender Übereinstimmung mit der Tradition zu feiern, so lassen solche Maßnahmen doch den wesentlichen Inhalt der Riten unangetastet. Jeder künftige Ansatz zu einer Aussöhnung mit der liturgischen Tradition oder zu einer Erneuerung in Kontinuität mit dieser Tradition muß auf die vollständige Überarbeitung des Propriums in Rechnung stellen: die Ersetzung der Offertoriumsgebete durch moderne Texte, die Aufgabe des uralten römischen Zyklus der Sonntagslesungen, die radikale Neugestaltung des Heiligenkalenders, die Abschaffung der altem Pgingstoktav, der Vorfastenzeit und der Sonntage nach Erscheinung bzw. nach Pfingsten, die Auflösung der jahrhundertealten Struktur des Stundengebets und noch viels mehr. Wenn man die ältere und die neuere Form der Liturgie wieder einander annähern will, bedarf das viel größerer Bewegung auf Seiten der neuen Form, einer so großen Bewegung, daß es ehrlicher erscheint, nicht von einer „Reform“ der neuen Liturgie zu sprechen, sondern von einer stufenweise Rücknahme der Reformen bis zu dem Punkt, wo sie sich wieder mit der liturgischen Tradition vereinbaren läßt, die das Konzil empfangen hatte.

Der zweifache Wunsch der Konzilsväter war, Neuerungen zuzulassen, „die wahrhaft und mit Sicherheit zum Wohle der Kirche erforderlich sind“ und „neue Formen zu entwickeln, die in gewisser Weise organisch aus bereits bestehenden Formen hervorgehen“. (SC 23) Er ist erfüllbar, aber nicht, wenn man die von Paul VI. promulgierten Riten als Ausgangspunkt für eine einheitliche, organisch reformierte Form des alten Römischen Ritus nimmt. Das wäre so, als ob man den zersprungenen Humpty Dumpty wieder zusammenfügen wollte (was 'all den Reitern des Königs samt ihren Pferden' nicht gelingen wollte - d.Ü.). Wir brauchen keine „Reform der Reform“, sondern eine vorsichtige Anpassung der Liturgie von Trient in Übereinstimmung mit den Prinzipien in Sacrosanctum Concilium (so wie das unmittelbar nach der Promulgation dieser Konstitution 1963 geschah), bei der wir die Erfahrungen beachten, die in den vergangenen 50 Jahren gemacht wurden. Bis dahin kann man hier und da Verbesserungen bei der ars celebrandi vornehmen. Aber der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft für den überlieferten römischen Ritus – und zur Umsetzung der liturgischen Vision des 2. Vatikanums, das eine maßvolle Anpassung dieses Ritus und nicht seine Zerstörung gefordert hatte – besteht darin, an immer mehr Orten die Außerordentliche Form schön und korrekt zu zelebrieren und dabei große Anstrengungen zu unternehmen, das (recht verstandene) Kernprinzip der „vollen, bewußten und aktiven Teilnahme“ der Gläubigen (SC 14) zu fördern.

Ich habe den Eindruck, daß zum Thema der Reform der Reform – ihren Ursprüngen und Zielen, ihrem Umfang und ihrer Methode, den verschiedenen dazu vorgetragenen Vorschlägen, ihren Befürwortern und Kritikern – eigentlich schon alles gesagt worden ist. Die Bewegung ist schwer zu definieren (ist sie gleichbedeutend mit der ‚neuen Liturgischen Bewegung‛ oder stellt sie nur ein Stadium davon dar?), aber ihre generellen Ziele wurden vor einigen Jahren treffend von diesem Ceylonesischen Würdenträger (gemeint ist Kardinal Ranjith) zusammengefasst, als er sagte, es sei an der Zeit, daß wir „die fehlerhaften Zielsetzungen und Entscheidungen erkennen und korrigieren, und wieder mutig den liturgischen Traditionen der Vergangenheit zuwenden und sicherstellen, daß die Kirche die wahren Wurzeln ihres spirituellen Reichtums und ihrer Größe wiederentdeckt, selbst wenn das bedeutet, die Lituirgiereform selbst zu reformieren.“

Lange bevor Josef Ratzinger Papst Benedikt XVI. wurde, hat er die Liturgiereform im Gefolge des II. Vatikanums kritisch untersucht und dabei die Züge der Reform dargestellt, die wenig oder gar keine Grundlage in der Liturgiekonstitution des Konzils Sacrosanctum Concilium haben und die den wahren Geist der Liturgie untergraben. Als Papst hatte er die Macht, die Mängel – nämlich die „fehlerhaften Zielsetzungen und Entscheidungen“ der Reform im universalen Umfang zu beheben, und zwar nicht nur durch seine Lehre und sein liturgisches Vorbild, sondern auch durch die Gesetzgebung. Er betonte die Schönheit der Liturgie, förderte die liturgischen und musikalischen Reichtümer der Kirche des Westens (natürlich einschließlich des usus antiquior des Römischen Ritus) und pflegte eine augenfälligere Kontinuität mit der Tradition in der Feier der Päpstlichen Liturgien (z. B. die „benediktinische“ Ordnung von Kreuz und Altarleuchtern, die Feier der Messe „ad Dominum in der Sixtina und anderen päpstlichen Kapellen, die Spendung der hl. Kommunion für kniede Gläubige auf die Zunge). Sein Nachfolger Papst Franziskus ist ein anderer Mann mit anderer Persönlichkeit und anderem Stil, und seine Prioritäten liegen offensichtlich auf anderen Feldern des kirchlichen Lebens. Ich erwarte keine weiteren offiziellen Fortschritte in der von Papst Benedikt, der zu Recht als „Vater der neuen liturgischen Bewegung“ bezeichnet wurde, vorgezeichneten Richtung.

Aber lassen Sie uns einmal als Gedankenexperiment annehmen, daß eine „Reform der Reform“ substantielle institutionelle Unterstützung erfahren würde. Doch selbst in diesem unwahrscheinlichen Fall würde das Unternehmen kaum gelingen, wenn wir darunter eine Reform der gegenwärtigen Liturgie verstehen, die sich allmählich wieder der über die Jahrhunderte entwickelten Tradition annäherte, die sie in großem Umfang verdrägt hat. Und ich sage das nicht, weil mir angesichts des Papst-Rücktrittes vor einem Jahr die Trauben zu hoch hingen. Wie jede Bewegung, steht oder fällt die „Reform der Reform“ durch die Kraft ihrer eigenen Prinzipien und nicht durch einen Papst oder „Basisaktivitäten“. Eine „Reform der Reform“ ist deshalb nicht realisierbar, weil die inhaltliche Diskontinuität zwischen den beiden gegenwärtig gebrauchten Formen des römischen Ritus viel tiefer und weitergehend ist als ich zunächst annahm. In dem Jahrzehnt, das nach der Veröffentlichung meines Buches „The Reform of the Reform? A Liturgical Debate (Ignatius Press, 2003)“ vergangen ist, das sich fast ausschließlich mit der Messliturgie beschäftigte, hat eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Studien – besonders zu nennen sind hier die von László Dobszay und Lauren Pristas – meine Augen dafür geöffnet, wie sehr das von Papst Pauls VI. Consilium der lateinischen Kirche aufgezwungenen Pfuschwerk das gesamten liturgische Gebäude in Mitleidenschaft gezogen hat: Das Offizium, die Riten der Sakramentenspendung, der Sakramentalien, der Segnungen und anderen Riten des Rituale Romanum. Was immer man sonst noch zur reformierten Liturgie sagen könnte – zu ihren pastoralen Erträgen, ihrer Legitimität, ihrer theologischen Begründung, ihrer Vorherrschaft usw. - Tatsache ist: Diese Liturgie stellt keine organische Weiterentwicklung der Liturgie dar, die das II. Vatikanum und vier Jahrhunderte zuvor das Konzil von Trient ererbt hat.

Wir haben es mit schwerwiegenden Brüchen in Form und Inhalt zu tun, die nicht einfach dadurch geheilt werden können, daß man der Gregorianik ihren Platz als der eigentlichen Musik des lateinischen Ritus zurückgibt, wieder mehr Latein verwendet und die Qualität der umgangssprachlichen Übersetzungen verbessert, öfter (oder gar ausschließlich) den Canon Romanus verwendet, die Altäre wieder nach Osten orientiert und bestimmte Sondergenehmigungen widerruft. So wichtig es ist, die Zeremonien korrekt, ehrfürchtig und in mehr ins Auge fallender Übereinstimmung mit der Tradition zu feiern, so lassen solche Maßnahmen doch den wesentlichen Inhalt der Riten unangetastet. Jeder künftige Ansatz zu einer Aussöhnung mit der liturgischen Tradition oder zu einer Erneuerung in Kontinuität mit dieser Tradition muß auf die vollständige Überarbeitung des Propriums in Rechnung stellen: die Ersetzung der Offertoriumsgebete durch moderne Texte, die Aufgabe des uralten römischen Zyklus der Sonntagslesungen, die radikale Neugestaltung des Heiligenkalenders, die Abschaffung der altem Pgingstoktav, der Vorfastenzeit und der Sonntage nach Erscheinung bzw. nach Pfingsten, die Auflösung der jahrhundertealten Struktur des Stundengebets und noch viels mehr. Wenn man die ältere und die neuere Form der Liturgie wieder einander annähern will, bedarf das viel größerer Bewegung auf Seiten der neuen Form, einer so großen Bewegung, daß es ehrlicher erscheint, nicht von einer „Reform“ der neuen Liturgie zu sprechen, sondern von einer stufenweise Rücknahme der Reformen bis zu dem Punkt, wo sie sich wieder mit der liturgischen Tradition vereinbaren läßt, die das Konzil empfangen hatte.

Der zweifache Wunsch der Konzilsväter war, Neuerungen zuzulassen, „die wahrhaft und mit Sicherheit zum Wohle der Kirche erforderlich sind“ und „neue Formen zu entwickeln, die in gewisser Weise organisch aus bereits bestehenden Formen hervorgehen“. (SC 23) Er ist erfüllbar, aber nicht, wenn man die von Paul VI. promulgierten Riten als Ausgangspunkt für eine einheitliche, organisch reformierte Form des alten Römischen Ritus nimmt. Das wäre so, als ob man den zersprungenen Humpty Dumpty wieder zusammenfügen wollte (was bekanntlich all den Reitern des Königs samt ihren Pferden nicht gelingen wollte). Wir brauchen keine „Reform der Reform“, sondern eine vorsichtige Anpassung der Liturgie von Trient in Übereinstimmung mit den Prinzipien in Sacrosanctum Concilium (so wie das unmittelbar nach der Promulgation dieser Konstitution 1963 geschah), bei der wir die Erfahrungen beachten, die in den vergangenen 50 Jahren gemacht wurden. Bis dahin kann man hier und da Verbesserungen bei der ars celebrandi vornehmen. Aber der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft für den überlieferten römischen Ritus – und zur Umsetzung der liturgischen Vision des 2. Vatikanums, das eine maßvolle Anpassung dieses Ritus und nicht seine Zerstörung gefordert hatte – besteht darin, an immer mehr Orten die Außerordentliche Form schön und korrekt zu zelebrieren und dabei große Anstrengungen zu unternehmen, das (recht verstandene) Kernprinzip der „vollen, bewußten und aktiven Teilnahme“ der Gläubigen (SC 14) zu fördern.

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