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Wahnsinn ist heilbar - manchmal

Im Dom zu Eichstätt, wo man früher mehr auf architektonische Stubenreinheit sah, wurde der Altarraum mit Blech und Beton neugestaltet. Alexander Kissler hat dazu unter der Überschrift Nackter Wahnsinn am Altar das Nötige gesagt. Das Tröstliche bei all diesen Zeitgeistmanifestationen ist ihre geringe Halbwertszeit. Oft schon nach einer Generation muß die Novität von gestern der jeweils allerneuesten Herbstmode weichen - und immer öfter verzichtet man ganz auf den Chique der Saison, und kehrt zu dem zurück, was man vorher hatte.

Als aktuelles Beispiel aus den USA erreicht uns via New Liturgical Movement die Nachricht vom fast vollendeten Rückbau in der New Yorker Kirche vom Heiligsten Namen Jesu. Dort hatte man im Jahre 15 nach der Landung von Raumschiff Enterprise (d. h. 1981) die im Stil der Neugotik vom Ende des 19. Jahrhunderts errichtete und ausgestattete Kirche radikal purgiert und im Altarraum ein ziemlich spaciges Gebilde errichtet, das übrigens die Sieben Sakramente versinnbildlichen sollte. Viele dachten eher an Hockey-Schläger.

„Dieser Altar war so irritierend“ schrieb eine New Yorker Zeitung jetzt,  „daß mehrere Gemeindemitglieder zur nahegelegenen Gemeinde des hl. Erlösers abwanderten. Drei Jahrzehnte nach der Errichtung der Hockeyschläger bekannte jetzt eine kleine alte irische Dame, tägliche Messbesucherin, einem Priester: ,Der Herr vergebe mir, aber ich hoffe, diejenigen, die für diesen Altar verantwortlich sind, sind immer noch im Fegefeuer'.“

Von diesen Hockeyschlägern aus Spanplatte hatten schließlich alle genug, und als mit der Schließung der Kirche Vincent de Paul in Williamsburg ein stilistisch passender Altar, überdies das Werk eines bedeutenden Bildhauers, erhältlich wurde, griffen die Gemeindemitglieder zu. Zunächst freilich griffen sie in die eigene Brieftasche: In einem ersten Durchgang sagten sie Spenden im Umfang von 1,2 Millionen $ zu, inzwischen haben sich die Spendeneingänge verdoppelt. Nach mehrmontiger Arbeit - der neue alte Altar besteht aus 270 Marmorteilen im Gesamtgewicht von 30 Tonnen - ist am kommenden Sonntag die feierliche Einweihung.

Der Altar aus Williamsburg kam übrigens nicht alleine - zwei passende Seitenaltäre erhalten in Holy Name ebenfalls den ihnen zukommenden Platz.

Ein echtes Happy-End also. Und wir können sicher sein, daß kunsthandwerkliche Produkte, wie sie in diesen Jahren in den Altarräumen von Freiburg oder eben Eichstätt neu installiert wurden, in drei oder vier Jahrzehnten ebenso den Weg alles Irdischen gehen werden wie die Hockeyschläger von Holy Name. Und keiner wird sie haben wollen, denn dieser Wahnsinn ist heilbar.

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