Participatio actuosa
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- 13. April 2015
In den letzten Tagen machen Videos aus der St.Patricksgemeinde in Seattle die Runde im Internet und sorgen auf traditionsorientierten Blogs für Aufsehen: wie hier „Liturgie getanzt“ und mit simpelster Broadway-Melodik (wahlweise: Klezmer) aufgehübscht wird, übertrifft so ziemlich die schlimmsten Albträume, die unsereinen bisher schon in trüben Stunden heimsuchten. Wer schwache Nerven hat, sei daher hier ausdrücklich vor dem Besuch der Sites gewarnt.
Wir haben es uns natürlich trotzdem angetan, und nachdem wir mit dem Kopfschütteln aufhören konnten, mit dem Versuch einer kühleren Bestandsaufnahme begonnen. Hier einige erste Ergebnisse:
- Die Darbietungen sind musikalisch infantil und choreografisch effeminiert. Das maskuline Element ist - auch wenn Männer und andere Behinderte durchaus ihren Auftritt auf der Altarbühne bekommen - nicht vorhanden.
- Der Besucherandrang hält sich - den wenigen Blicken der Kamera ins Publikum zufolge - eher in Grenzen. Wenn alle Akteure auch nur ihre engsten Familienmitglieder zum Mitkommen bewegen könnten, müssten es schon mehr sein. So also: Wir tanzen für uns.
- Die Auswahl der Photos und Filmszenen konzentriert sich völlig auf die artistisch gestalteten Abschnitte. Die - schließlich handelt es sich um Messfeiern - ja vermutlich doch vorhandenen Elemente eben dieser werden ausgelassen oder verschwinden ebenso am Rande wie die Figur des gelegentlich sichtbaren Priesters.
- Inszenierung und Theatralik rufen unwillkürlich die Vermutung auf: So ähnlich muß es zugegangen sein bei den Osterspielen, Pfingst-Tauben-Erscheinungen und Krippenspielen des angeblich doch glücklich überwundenen liturgischen Mittelalters. Wobei freilich ein Unterschied ins Auge fällt: Die frommen Dramen des Mittelalters waren weitgehend außerliturgisch. Hier drängt sich die verspielte Darstellung ins Zentrum der Liturgie und lässt diese völlig aus dem Blickfeld geraten.
Die auf Youtube gebotenen Filme decken einen Zeitraum von fünf Jahren ab. Es ist also anzunehmen, daß der zuständige Erzbischof James Peter Sartain oder sein Ordinariat Kenntnis von den Exzessen haben, aber unwillig oder auch unfähig sind, dagegen einzuschreiten. Für letzteres spricht, daß Bischof Sartain zu seinem Amtsantritt in Seattle ein durchaus solides Bild von seinem Amtsverständnis gezeichnet hat, während andererseits das amerikanische System der Gemeindefinanzierung „von unten“ lokale Tendenzen zur Verselbständigung begünstigt.