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Von Inkulturation zu Synkretismus

Bild: Von der zitierten Website, Luis Miguel ModinoAm 15. März dieses Jahres wurde in Belem do Solimoes im brasilianischen Bundesstaat Amazonas der Lehrer Antelmo Pereira Engelo vom Volk der Ticuna von Bischof Aldopho Zon Pereira zum Diakon geweiht. Die Ortschaft Belem de Solimoes bildet einen Siedlungsschwerpunkt der Ticuna im ökonomisch stark zurückgebliebenen Verwaltungsbezirk von Tabatinga, der insgesamt um 65 000Einwohner verschiedener Ethnien hat. Die Gesamtzahl der Ticuna in der Region – also unter Einschluss benachbarten Verwaltungsbezirken – wurde bei der letzten Volkszählung 1998 mit 33 000 ermittelt. Knapp zwei Drittel der Einwohner von Tabatinga sind katholisch, ein Drittel protestantisch und wenige hundert gehören offiziell Naturreligionen an.

Die Website der Katholischen Bischofskonferenz von Brasilien bringt einen ausführlichen Bericht über die Diakonsweihe, auf den wir uns (mit Googles Translate Hilfe) im folgenden stützen. Danach begann die Zeremonie mit einem traditionellen Tanz aus den Initiationsriten der Ticuna zum Übergang ins Erwachsenenalter, der an einem Bach neben der Kirche veranstaltet wurde. Anschließend zogen die Teilnehmer in landesüblicher europäischer Kleidung in die Kirche, viele davon mit in den Stammessymbolen bemalten Gesichtern. Darunter waren auch Personen eindeutig europäischer Abkunft, wie auf den Bildern des genannten Berichtes zu sehen ist.

Vom Gottesdienst wird gesagt, daß dieser in Belem do Solmoes bereits seit längerem „in inkulturierter Form“ gefeiert wird. Bei der Diakonsweihe kam das unter anderem darin zum Ausdruck, daß der künftige Diakon sich auf einer Matte aus Blättern der Buriti-Palme niederlegte, die von den Frauen der Gemeinde geflochten worden war. Außerdem wurde zu diesem Zeitpunkt der Liturgie ein kreisförmiger Bildteppich hochgehalten, der – nach Auskunft des Textes – ebenfalls im Zusammenhang mit den Initiationsriten steht und „die schützenden Kräfte der Natur symbolisiert“. Der Ordinand trug bei diesen Zeremonien eine Art Federkrone – auf anderen Bildern noch deutlicher zu sehen – wie sie ähnlich auch bei der Amazonas-Synode dem Papst und anderen Würdenträgern überreicht und teilweise von diesen auch getragen wurde.

Diese Symbole müssen zum Teil schwerste Bedenken hervorrufen. Das beginnt bei der Herstellung eines Bezuges zwischen Diakonsweihe und Initiationsritus – als ob erst diese Weihe aus dem Ordinanden einen erwachsenen und mündigen Christen machen würde. Ein solcher Bezug wäre allenfalls bei einer Firmung möglich – aber vermutlich kaum sinnvoll. Ähnliche Bedenken gelten der Federkrone. Wir verfügen über keine Informationen über die genaue Bedeutung dieses Kopfschmucks bei den Ticuna – aber alles deutet darauf hin, daß es sich um ein Ehren- oder gar Herrschaftszeichen handelt. Das jedoch stünde in offenkundigem Widerspruch zum Charakter des Diakonats als Dienstamt. Der Diakon ist kein Gemeindeleiter oder kirchlich beglaubigter Ortsvorsteher, sondern Helfer des Bischofs bei der Wahrnehmung seiner karitativen und liturgischen Aufgaben. Ihn mit einem solchen Symbol hervorzuheben, ist bestenfalls Ausdruck der Wiederbelebung einer anderswo erfolgreich zurückgedrängten Form von Klerikalisierung.

Die stärksten Bedenken richten sich jedoch gegen das während der Zeremonie prominent gezeigte Symbol der „schützenden Kräfte der Natur“, verkörpert durch Schlange, Leopard und Papagei und somit unschwer als Naturgeister oder -gottheiten aus vorchristlicher Tradition zu identifizieren. Die Grenze zwischen Inkulturation und Synkretismus wird hier offenbar nicht nur berührt, sondern auch überschritten. Das eröffnet finstere Aussichten für angekündigte Umsetzung der Amazonas-Synode, als einer deren engagiertester Vertreter Bischof Zon Pereira bekannt ist.

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